Wenn sie mich finden. Terri Blackstock

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Wenn sie mich finden - Terri Blackstock

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Weiter vorn ist ein Motel, das Mühe hätte, auch nur einen Stern zu bekommen. Aber das lässt mich hoffen, dass man dort Bargeld akzeptiert und nicht nach meinen Papieren fragt.

      Das Büro hinter dem schmutzigen Glasfenster hängt voller Qualm. Ein Mann mit gepiercter Oberlippe begrüßt mich.

      „Ich brauche ein Zimmer“, sage ich. „Ich zahle bar.“

      Sein Haar hängt fettig über den schläfrigen Augen. Er stellt keine Fragen, nimmt mein Geld und reicht mir einen Zimmerschlüssel.

      „Ist die Bettwäsche sauber?“, frage ich.

      Seine Augen flackern. „Heute Morgen gewechselt“, knurrt er, offensichtlich gekränkt durch meine Nachfrage.

      Ich würde am liebsten fragen, wie viele Stundengäste das Zimmer seitdem benutzt haben, aber ich seufze nur und mache mich auf zu der Nummer, die er mir genannt hat. Wenigstens ist es am Ende des Ganges, ich habe also nur auf einer Seite Nachbarn. Und vielleicht ist das Nebenzimmer ja leer. Mein Auto steht am anderen Ende des Parkplatzes und dort lasse ich es auch.

      Das Zimmer riecht nach Zigaretten und etlichen anderen üblen Sachen, die ich nicht benennen kann. Ich trete ein und schlage die dünne Tagesdecke zurück. Die Laken sind zerknittert, aber sie sehen sauber aus. In voller Montur schlüpfe ich ins Bett und versuche, nicht an Wanzen, Flöhe oder Mäuse zu denken … oder an ein Polizeieinsatzkommando mit vorgehaltenen Waffen.

      Ich entdecke die klebrige Fernbedienung und schalte den Fernseher ein. Es gibt nur die öffentlichen Programme. Ich suche mir einen Nachrichtensender und verfolge etwa eine Stunde lang die Meldungen. Ich will wissen, ob mein Fall schon bekannt ist. Aber ich sehe nichts. Vielleicht kommt ja nur im Regionalprogramm von Shady Grove eine Meldung.

      Ich stelle mir vor, was morgen wohl über mich in den Medien gebracht wird. Wird die Aufmerksamkeit auch dem vermissten Mädchen gelten, das nun wieder bei seiner Familie ist?

      „Flüchtige Kriminelle rettet entführtes Mädchen“ – das wäre die Sensationsschlagzeile, die Brent gewählt hätte, damit die großen Agenturen nach dem Artikel greifen. Diese Geschichte würde niemand ignorieren.

      Ich frage mich, ob die Polizei in Shreveport es Dylan anlasten wird, dass ich ihnen entkommen bin. Er hatte den Auftrag, mich zu finden. Warum hat er mich einfach davonkommen lassen?

      Es gibt nur eine Erklärung: Gott muss seine Hand im Spiel gehabt haben.

      In den letzten Tagen habe ich mich mehr als einmal an ihn gewandt. Ich kenne ihn kaum. Aber ich glaube, er kennt mich. Als mir die Augen zufallen, flüstere ich noch ein „Danke“, bevor der Schlaf mich einholt.

      2

      Dylan

      Ich gestehe freimütig: Casey Cox ist der mutigste Mensch, der mir je begegnet ist – und ich kenne junge Männer, die haben sich über Granaten geworfen, um ihre Kameraden zu schützen. Aber über Gordon Keegan oder Sy Rollins kann ich das nicht sagen – die beiden Kriminalermittler, die Casey auf den Fersen sind. Für sie ist sie eine tickende Zeitbombe, die entschärft werden muss, bevor sie die krummen Touren der beiden auffliegen lässt und es mit dem bequemen Leben vorbei ist.

      Detective Keegan sitzt auf dem Beifahrersitz neben mir. Ich bringe ihn zurück zu seinem Flugzeug – das er wahrscheinlich mit Blutgeld gekauft hat – und kann die Spannung im Wagen mit Händen greifen.

      „Ich kann nicht glauben, dass Sie sie einfach haben laufen lassen“, bemerkt er.

      Ich presse meinen Kiefer so fest zusammen, dass es schmerzt. „Ich war abgelenkt. Das Mädchen, das Cox retten wollte, schrie und dann war da dieser Kerl, der versuchte, sie und das Baby umzubringen. Die klassische Triage: Ich habe mich um die Situation gekümmert, die mir am brenzligsten erschien.“

      „Aber Sie wussten, dass es Casey war.“ Seine Lippen sind schmal, zusammengepresst, die Worte kommen knapp. „Hier ging’s nicht um ein Entweder-oder. Sie hätten das Mädchen und ihr Baby rausholen und Casey trotzdem festnehmen können.“

      „Mitten im Gefecht laufen die Dinge selten so, wie sie sollten.“

      Keegan wirft mir einen mörderischen Blick zu. „Kommen Sie mir nicht mit solchem Geschwafel. Ich war bei Desert Storm dabei, und zwar an der Front. Ich hab mich nicht hinter einem Dienstgradabzeichen versteckt.“

      Er weiß nicht, dass ich Kriminalermittler in der Armee war. Ich antworte nicht.

      „Damals haben wir unsere Jungs nicht so verhätschelt und sie mit weinerlichen Ausreden nach Hause gehen lassen. Wenn man damals von der Armee zurückkam, musste man anpacken und es selbst zu etwas bringen.“

      Tatsächlich? Bei Desert Storm gab es keine posttraumatischen Belastungsstörungen? Oder in Vietnam? Korea? In den Weltkriegen? Das hat alles erst mit dem Krieg gegen den Terror begonnen? Keegan ist ein noch größerer Idiot, als ich dachte. Mit welchem Vorwand er wohl seine Erpressereien und Morde rechtfertigt? Wird er darauf auch vor Gericht zurückgreifen, wenn ich ihn endlich für all seine Vergehen zur Rechenschaft ziehe?

      „Ich finde sie“, sage ich. „Keine Sorge. Ich hab sie ja auch hier aufgespürt, oder? Ich weiß allmählich, wie sie handelt, wie sie denkt. Jede Minute, die ich mit Ihnen verbringe, ist eine Minute, in der ich nicht hinter ihr her sein kann.“

      Wir erreichen den kleinen Flugplatz und ich parke vor der Abfertigungshalle. Keegan schüttelt den Kopf. „Fahren Sie auf die Rollbahn. Ich zeig Ihnen, zu welcher Maschine.“ Ich steuere am Gebäude vorbei aufs Flugfeld und er greift nach seiner Reisetasche auf dem Rücksitz.

      „Gehört der Flieger Ihnen?“, frage ich, während mein Blick über die vielleicht zwanzig Maschinen gleitet.

      Er zögert eine halbe Sekunde, was ein Eingeständnis ist. Danach folgt in der Regel eine Lüge. „Einem Freund. Er leiht sie mir ab und zu.“

      Ich kenne eine Menge Piloten. Wer eine eigene Maschine hat, verleiht sie in der Regel nicht wie einen Rasenmäher. Die Versicherung kostet ein Vermögen und gilt nicht für Gastpiloten und jeder zusätzliche Flug erhöht den Wartungsaufwand erheblich. Aber das behalte ich für mich.

      „Schon mal daran gedacht, fliegen zu lernen, Dylan?“

      „Im College hab ich Flugstunden genommen“, sage ich. „Ich hab die Lizenz, aber ich bin schon Jahre nicht mehr geflogen.“

      Keegan sieht enttäuscht aus. Ich würde ihm gern sagen, er soll’s nicht so schwernehmen, aber ich halte den Mund und er dirigiert mich zu seiner Cessna 182.

      Als er sein Gepäck in die einmotorige Maschine wuchtet, notiere ich mir die Registriernummer. Er kommt noch mal zum Auto und beugt sich durchs Fenster. „Und was machen Sie als Nächstes?“

      „Ich nehme die Spur auf. Seh mich nach ihr um.“

      „Unsinn“, sagt er. „Fahren Sie nach Hause. Ich weiß noch nicht, ob wir Sie in dem Fall weiter brauchen. Wir haben ja jetzt die Aufmerksamkeit jeder einzelnen Polizeistation in fünf Bundesstaaten. Und die Medien werden diese Geschichte landesweit bringen. Wo sie auch hinkommt, man wird sie identifizieren. Wir brauchen Sie nicht mehr.“

      Ich spare mir die Erwiderung, dass Casey nicht dumm ist, dass sie eine neue Tarnung finden wird. Vermutlich

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