Das kommt nicht wieder. Georg Markus

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Das kommt nicht wieder - Georg Markus

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rieselt der »Schnee« von gestern auch heute noch.

KAISERLICH & KÖNIGLICHES

      Beruf: Mätresse

       Pompadour und Dubarry

      Zur ersten Begegnung kam es in einem Wald in der Nähe von Versailles. Sie, Jeanne-Antoinette Poisson, war eine schlichte, aber wunderschöne Frau aus dem Volke. Er war der König von Frankreich. Als Madame Pompadour sollte sie dann zwanzig Jahre an der Seite Ludwigs XV. verbringen und zur berühmtesten Mätresse aller Zeiten werden. Als Liebesdienerin, Gesellschaftsdame und politische Beraterin. Immer noch regen die Mätressen zu blühenden Phantasien an, und doch waren sie oft viel mehr als nur die Gespielinnen der Monarchen.

      Eine Handleserin hatte der erst neunjährigen Jeanne im Jahre 1730 vorhergesagt, sie würde dereinst »mächtiger sein als die Königin«. Die Tochter eines kleinen Finanzbeamten setzte ihren ganzen Ehrgeiz daran, diese Prophezeiung wahrzumachen. Daß die spätere Pompadour es tatsächlich schaffte, war das Ergebnis jahrelanger Arbeit und strategischer Planung.

      Dabei waren die Voraussetzungen gar nicht günstig. Ihr Vater, in dunkle Geschäfte verwickelt, floh ins Ausland, um seiner Verhaftung zu entgehen. Nun wurde ihre Mutter, eine ebenso attraktive wie lebenslustige und alles andere als prüde Frau, von zahlreichen Liebhabern derart großzügig unterstützt, daß sie in der Lage war, ihren beiden Kindern eine erstklassige Erziehung zukommen zu lassen. Jeanne kam zu den Ursulinen von Poissy, wo sie eine umfassende Ausbildung genoß. Sie konnte sich, als sie die Klosterschule verließ, in ihrem Auftreten und Benehmen durchaus mit den jungen Aristokratinnen ihrer Zeit messen, war aber darüber hinaus auch klug, bildschön und überaus charmant. Und Monsieur de Tournehem, ein Verehrer ihrer Mutter, sollte ihr den Zugang zur vornehmen Gesellschaft von Paris eröffnen.

      Zwar war sie bald Mittelpunkt in den Salons, doch infolge ihrer bürgerlichen Herkunft, der kriminellen Vergangenheit ihres Vaters und der bekannten Leichtlebigkeit ihrer Mutter fand sich kein Aristokrat, der Jeanne-Antoinette Poisson zum Traualtar geführt hätte. Dafür lernte sie durch Monsieur de Tournehem immerhin den wohlhabenden Bürger Charles-Guillaume Le Normant d’Etioles kennen, der die zwanzigjährige Schönheit vom Fleck weg heiratete. Monsieur liebte Jeanne über alles, doch für sie war die Ehe nur in einer Hinsicht von Bedeutung: Das Anwesen ihres Gemahls lag in unmittelbarer Nachbarschaft von Schloß Versailles. Dem Wohnsitz Seiner Majestät, des Königs von Frankreich. Wie’s der Zufall wollte, ging die junge Frau regelmäßig just in dem kleinen Wäldchen spazieren, in dem Ludwig XV. fast täglich zur Jagd ausritt.

      Es dauerte auch nicht lange, bis sie dem Bourbonen-König begegnen und ihm den Kopf verdrehen sollte. Der Monarch freilich mußte vorsichtig sein. Weniger wegen seiner Gattin Maria Leszczynska – der Tochter des ehemaligen Königs von Polen –, die sich längst mit der Existenz zahlloser Nebenfrauen abgefunden hatte. Viel gefährlicher war Ludwigs eifersüchtige Favoritin, die Herzogin von Châteauroux. Sie war eine der Töchter des Marquis de Nesle, die der König ebenso beglückte – wie ihre beiden älteren Schwestern! Erst als die Herzogin an den Folgen einer Lungenentzündung jung starb, war der Weg frei für die Pompadour.

      Vierundzwanzig Jahre alt, verließ Jeanne-Antoinette Poisson 1745 ihren völlig überraschten Ehemann, in dessen Obhut nun die gemeinsame Tochter Alexandrine verblieb, und zog in Versailles ein.

      Man kann nicht sagen, daß sie vom Hofstaat mit offenen Armen aufgenommen worden wäre. Auch wenn der König sie bald zur Marquise de Pompadour und später sogar zur Herzogin erhob, galt das nichts an einem Hof, der den Adel erst akzeptierte, wenn er auf einen vierhundertjährigen Stammbaum zurückblicken konnte. Der Regent freilich war der intelligenten und – wie gemunkelt wurde – im Liebesspiel einzigartig begabten Mätresse verfallen und hielt über alle Anfeindungen hinweg zu ihr. Er schenkte ihr Paläste und verstieß Minister und Nebenfrauen, die es wagten, die Herkunft oder die sprichwörtliche Verschwendungssucht der Pompadour anzuprangern. Des Königs neue Favoritin richtete ein Appartement ein, in dem auch er sich wohl fühlen, Freunde zum Souper empfangen, sich relativ ungezwungen benehmen konnte und nicht so sehr auf die Etikette achten mußte wie in den übrigen Trakten von Versailles. Hier verkehrten Voltaire und andere große Denker der Zeit, mit denen die Pompadour vortrefflich zu parlieren verstand. Auf diese Weise gelangten die Gedanken der Aufklärung und damit auch die Ideen, die später zur Französischen Revolution führen sollten, an das Ohr des absolutistisch regierenden Königs. Die Geliebte schaffte es sogar, mit Ludwigs Gemahlin in eine Verbindung zu treten, die auf gegenseitigem Respekt aufgebaut war. »Wenn schon Mätresse«, soll die Königin einmal in Richtung Pompadour gesagt haben, »dann lieber diese als alle anderen.«

      Als sie im achten Jahr ihrer Liaison ernstlich erkrankte und ihrem liebestollen Galan nicht mehr zu bieten imstande war, was er verlangte, erkannte die Mätresse, daß sie nur dann bei ihm bleiben konnte, wenn sie neue Frauen an seiner Seite akzeptieren würde. Sie ließ das Lustschloß Eremitage errichten, in dem König Ludwig ganz junge Mädchen, oft noch halbe Kinder, als Gespielinnen zur Verfügung standen. Waren sie schwanger oder nicht mehr erwünscht, brachte die Pompadour »die Sache« in Ordnung, verheiratete die armen Geschöpfe und sorgte dann wieder für »Nachschub« in der Mädchen-Menagerie.

      Je geringer ihre sexuelle Anziehung für den König, desto größer wurde ihre politische Macht. Sie hatte Einfluß auf die Bestellung der Kabinettsmitglieder, nahm an den Sitzungen des Ministerrats teil, beriet den Regenten in seinen Staatsgeschäften. Nicht immer zum Nutzen der Nation. Nach intensiven Geheimverhandlungen, die sie mit dem österreichischen Botschafter auf einem ihrer Landsitze außerhalb von Paris geführt hatte, konnte sie Ludwig überreden, ein Bündnis mit Österreich zu schließen, das seit dem Erbfolgekrieg Frankreichs Erzfeind gewesen war. Die Allianz mit Maria Theresia trug Ludwig freilich den Siebenjährigen Krieg und damit eine Katastrophe ein: Frankreich verlor Kanada sowie seine Besitzungen in Indien und Afrika.

      Hintergrund des diplomatischen Ehrgeizes der Pompadour war wohl ihr abgrundtiefer Haß gegen Preußens König Friedrich II., der sie einmal als Hure bezeichnet hatte. Die Mätresse pflegte im Zuge ihrer außenpolitischen Mission Kontakte auf allerhöchster Ebene, korrespondierte mit Österreichs Staatskanzler Kaunitz und mit Maria Theresia, die ihr für ihre Bemühungen ein wertvolles Schreibpult schenkte. Für den bis dahin vielgeliebten König bedeutete der verlorene Krieg aber auch das Ende seiner Popularität im französischen Volk.

      Zu Weihnachten 1763 fanden sich der gerade achtjährige Wolfgang Amadeus Mozart mit Schwester Nannerl und Vater Leopold in Versailles ein, wo sich König und Königin sowie Madame Pompadour vom Orgelspiel des Wunderknaben ergriffen zeigten. Erstaunt berichtete Nannerl später über die Begegnung: »Als sich Wolfgang im Zuge der Begrüßung auch zur Pompadour hinüberneigte, um sie zu küssen, wehrte sie ihn ab.« Der geniale Knirps war’s gewöhnt, mit Küssen überhäuft zu werden, selbst Kaiserin Maria Theresia hatte das getan. Über die Zurückweisung der Pompadour einigermaßen verwundert, zeigte Mozart auf die Mätresse und fragte seinen Vater: »Wer ist die da, die mich nicht küssen will?«

      Es ist keineswegs anzunehmen, daß die Pompadour den kleinen Mozart brüskieren wollte, eher scheint es, daß sie das Kind vor der Gefahr einer Ansteckung schützen wollte: als die Mozarts in Versailles weilten, litt sie bereits an offener Tuberkulose.

      Sie starb im darauffolgenden April im Alter von 42 Jahren. Ihre Handleserin hatte recht behalten: die kleine Jeanne-Antoinette Poisson war tatsächlich mächtiger geworden als die Königin von Frankreich.

      Der König suchte nun eine Nachfolgerin. Sie sollte nicht nur – wie zuletzt die Pompadour – warmherzige, liebevolle Beraterin sein, sondern vor allem wieder Geliebte. Obwohl sich viele adelige Damen als Mätressen anboten, entschied Ludwig sich einmal mehr für ein Mädchen aus dem Volke. Es hieß Jeanne Bécu – und ging als Madame Dubarry in die

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