Liebe, List und Leidenschaft. Sigrid-Maria Größing

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Liebe, List und Leidenschaft - Sigrid-Maria Größing

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heißen müsste. Denn während eines Tanzes verlor die Tanzpartnerin des Königs ein Strumpfband. Edward nahm der peinlichen Situation die Spitze, indem er seinen Mantel ausbreitete, das Strumpfband aufhob und es sich an einen seiner Strümpfe heftete, mit den Worten: »Honi soit qui mal y pense – ein Schelm, der dabei schlecht denkt.«

      Edward wurde, obwohl er bis ins Alter eine »gewisse jungenhafte Launenhaftigkeit« gehabt haben soll, nach dem Tod seiner geliebten Gemahlin, die ihm dreizehn Kinder geboren hatte, altersstarr und senil. Wenn ihm auch die eine oder andere Konkubine nachgesagt wurde, so ist anzunehmen, dass er nach Philippas Tod nur noch eine Mätresse, Alice Perrers, hatte. Edwards enge Beziehung zu seiner großen Familie erstaunte selbst die Zeitgenossen, die immer wieder betonten, dass es zwischen Vater und Söhnen nie zu Auseinandersetzungen um die Macht gekommen war. Daher war nicht nur der Tod des »Schwarzen Prinzen«, seines begabten ältesten Sohnes Edward of Woodstock, im Jahre 1376 ein schwerer Schlag für ihn, sondern auch, dass er mehrere seiner Kinder zu Grabe hatte tragen müssen. Edward selbst starb am 21. Juni 1377 im Sheen Palace, entweder an den Folgen eines Schlaganfalles oder durch einen Schwerthieb. Darüber gehen die Meinungen der Chronisten auseinander.

      Die List des Erzherzogs Rudolf IV.

      Sehr vieles, was sich im Laufe der Geschichte im Erzhaus zutrug, hatte seine Wurzeln in tatsächlichen oder erfundenen Privilegien – nicht immer zum Vorteil der habsburgischen Länder. Dass es bis in die heutige Zeit dem Status nach Erzherzöge gibt, ist RUDOLF DEM STIFTER zu verdanken.

      Diesem genialen Mann hatte das Schicksal keine lange Lebenszeit vergönnt. Er starb 1365 mit knapp 26 Jahren an einer dubiosen Krankheit in Mailand. Solange er als Herzog von Österreich an der Macht war, war Rudolf von dem Bestreben beseelt, seinem mächtigen und einflussreichen Schwiegervater, dem römisch-deutschen Kaiser Karl IV., nachzueifern. Dabei störte es ihn unendlich, dass der Kaiser in der »Goldenen Bulle«, dem im Jahre 1356 erlassenen Reichsgesetz, in dem die Königswahl und der Einflussbereich der Kurfürsten geregelt wurden, die Habsburger übergangen hatte. Rudolf war klar, dass es Karl IV. dadurch gelungen war, die Kurfürsten enger an sich zu binden, während er die zwei Machtblöcke der Wittelsbacher und der Habsburger unberücksichtigt ließ.

      Um selbst ins Licht der Politik zu rücken, sann der junge Herzog auf eine List. Er kannte die Geschichte seines Landes gut und wusste, dass seinerzeit Friedrich Barbarossa dem Babenberger Heinrich Jasomirgott im Privilegium minus nicht nur die Markgrafschaft Österreich als Herzogtum übertragen hatte, sondern ihm auch große Rechte eingeräumt hatte, die durchaus nicht üblich waren. Friedrich Barbarossa hatte durch seine Entscheidung einen bedeutenden innenpolitischen Zankapfel aus der Welt geschafft, denn sein Neffe Heinrich von Sachsen erhob genauso wie der Babenberger Anspruch auf das Herzogtum Bayern. Die Streitigkeiten dauerten bis in den Herbst des Jahres 1156, als der Kaiser die Großen des Reiches nach Regensburg lud, um eine Regelung zu finden, die alle Beteiligten akzeptieren konnten. Der Chronist Otto von Freising berichtete über die Vereinbarungen: »Als dann der Kaiser seinem Oheim (Heinrich Jasomirgott) – dieser hielt sich nämlich etwa zwei deutsche Meilen entfernt unter Zelten auf – ins Feldlager entgegenzog und alle Vornehmen und Großen herbeieilten, wurde der Ratschluß, den man schon lange insgeheim gefaßt und verborgen hatte, öffentlich kundgetan.« Friedrich Barbarossa erklärte die Markgrafschaft Österreich zum Herzogtum und übergab es nicht nur Heinrich Jasomirgott, sondern auch seiner Gemahlin Theodora. Dafür mussten sie zugunsten Heinrichs von Sachsen auf Bayern verzichten. Gleichzeitig wurde per Gesetz bestimmt, dass fortan in Österreich auch die weibliche Erbfolge gelten sollte. Dies war für das frisch ernannte Herzogspaar von besonderer Wichtigkeit, da es zu dieser Zeit nur eine kleine Tochter namens Agnes hatte. Die Erbfolgeregelung wurde außerdem dahingehend erweitert, dass dem Herzog und seiner Gemahlin freigestellt war, wem die Länder im Falle ihres kinderlosen Ablebens vererbt werden sollten.

      Das Privilegium minus war für die zukünftige Entwicklung der österreichischen Länder von großer Bedeutung, denn in Folge beriefen sich Herrscher immer wieder auf seine Bestimmungen. So musste der Herzog von Österreich nicht zu den Hoftagen erscheinen – es sei denn, sie fanden in Bayern statt. Außerdem war er nicht an die Heeresfolge gebunden, nur wenn an den eigenen Grenzen Krieg geführt wurde, hatte der Herzog militärische Unterstützung zu leisten.

      Dieses Privileg war Rudolf IV. nach reiflicher Überlegung nicht mehr genug. Immerhin lebte er in einer Zeit, in der sich drei große Dynastien gegenüberstanden, die jede die Macht für sich beanspruchte: die Luxemburger in Böhmen, die Wittelsbacher in Bayern und die Habsburger in den österreichischen und westlichen Reichsgebieten. Die Luxemburger stellten den Kaiser und die Habsburger trachteten danach, ihnen ebenbürtig zu werden. Als echtes Kind seiner Zeit wusste Rudolf, wie man aus diesem Dilemma Abhilfe schaffen konnte: Er zog einige geniale Fälscher heran, denen es möglich war, alte Schriften originalgetreu nachzumachen, sodass sich der Herzog auf fünf Schriftstücke berufen konnte, die den Habsburgern bedeutende Vorteile gegenüber ihren Konkurrenten einräumten: auf Originale Heinrichs IV., Friedrich Barbarossas, Friedrichs II., von dessen Sohn Heinrich VII. und von Rudolf von Habsburg. Die Urkunde Heinrichs IV. enthielt sogar Privilegien von Julius Caesar und Kaiser Nero. Besonders bemerkenswert war die Erweiterung des Privilegium minus: Hier wurden weitere Rechte eingefügt, sodass aus dem »minus« ein »maius«, ein größeres Privileg wurde.

      Es waren Meister ihres Faches, die die Urkunden fälschten. Und hätte Rudolf Maß und Ziel gekannt, wären die Falsifikate wahrscheinlich nicht so schnell aufgefallen. Aber neben dem Titel eines Erzherzogs, der dem Herzog zustehen sollte, wurde auch die Gerichtsbarkeit dahingehend abgeändert, dass eine Appellation an den Kaiser nicht mehr erforderlich sein sollte. Die Reichsheerpflicht für den Kaiser wurde auf eine symbolische Rolle beschränkt, Österreich musste nur zwölf Mann auf die Dauer eines Monats stellen. Statt des Herzogshutes stand Rudolf die Zackenkrone zu, eine diskrete Anspielung auf die Reichskrone. Von großer Bedeutung war zudem der Passus, der die österreichischen Länder in Hinkunft unteilbar und nach wie vor in weiblicher Linie vererbbar machte. Dass der Erzherzog auch noch den Titel eines Reichserzjägermeisters tragen sollte, war im Vergleich dazu von geringer Bedeutung.

      Dass das Privilegium maius am Prager Hof für etliche Aufregung sorgte, war vorauszusehen. Aber dass der Dichter und Gelehrte Petrarca, der am Hof Karls IV. eine Sonderstellung einnahm, einige der Fälschungen sofort erkennen würde, war für Rudolf und seine Leute nicht vorherzusehen. Petrarca ging mit den Fälschern und ihrem Anstifter hart ins Gericht, indem er den Verfasser als einen Narren, Verrückten und törichten Lügenschmied bezeichnete und eigens vermerkte, dass der »Ochse« und »Esel« keine Ahnung von der Geschichte haben könne. Denn es wurden in dem sogenannten Privilegium Titel genannt, die es bisher im Reich noch nie gegeben hatte.

      Rudolf IV. erreichte mit seiner Fälschung dennoch einiges: Die Zackenkrone durfte er behalten, ebenso den Titel »Erzherzog«. Tatsächlich blieb bis ins 19. Jahrhundert unklar, ob die Urkunde, die sich auf das echte Privilegium minus bezog, eine Fälschung war. Für Kaiser Friedrich III., einen Habsburger, war es 1442 keine Frage, dieses Privilegium maius offiziell anzuerkennen, elf Jahre später auch mit dem Einverständnis der Kurfürsten. Mit der Zeit allerdings verloren die Vorrechte, die durch dieses Privileg geschaffen wurden, an Bedeutung. Lediglich die weibliche Erbfolge schien für die Zukunft des Hauses wichtig zu sein, obwohl Kaiser Karl VI. sich veranlasst sah, diese in der Pragmatischen Sanktion noch einmal europaweit kundzutun. In den habsburgischen Ländern funktionierte dieses Gesetz, wenngleich man in Europa anders über diese Angelegenheit dachte. Maria Theresia wurde zwar in ihren Stammländern ohne Wenn und Aber als Herrscherin akzeptiert, die Kaiserkrone zu empfangen hätte ihr jedoch Schwierigkeiten bereitet.

      Erst im Februar 1839 wurden neue gesetzliche Regelungen im Erzhaus eingeführt. Kaiser Ferdinand I. erließ das »Kaiserlich-Österreichische Familien-Statut«, das in 61 Paragrafen die persönlichen und rechtlichen Beziehungen der Angehörigen des Kaiserhauses Punkt für Punkt regelte. Ferdinand schrieb dies fest, »damit selbes in Unserem durchlauchtigsten Kaiserhause zur bleibenden Richtschnur dienen möge« – zum Leidwesen so mancher!

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