Liebe, List und Leidenschaft. Sigrid-Maria Größing

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Liebe, List und Leidenschaft - Sigrid-Maria Größing

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in den italienischen Stadtstaaten anzuprangern. Sein besonderes Augenmerk galt dem Leben und Treiben im Vatikan, wo Papst Innozenz VIII. als Vertreter Gottes auf Erden ein höchst irdisches Leben führte. Auch die Begeisterung für Kunst und Kultur in Florenz war ihm ein Dorn im Auge, streng verurteilte er die Freizügigkeit der Darstellungen des nackten menschlichen Körpers, die er als pornografisch bezeichnete.

      Bald waren sein Name und die flammenden Reden, die er hielt, in ganz Oberitalien bekannt. Neugieriges Volk strömte herbei, um seinen Anklagen und Vorwürfen, die er gegen die Unmoral der Herrschenden vorbrachte, mit einem Gefühl des Schauderns, aber auch der Bewunderung und der Zustimmung zu lauschen. Dabei überhörte so mancher die Gefährlichkeit von Savonarolas Worten, denn der Mönch forderte nicht nur die Rückkehr zum einfachen Leben, sondern die Vernichtung der Urübel, die er in der Kunst und der Förderung der Künstler erblickte.

      Besonders heftig wetterte der asketische Mönch gegen die Familie Medici, die in Florenz herrschte und durch ihre großzügige Unterstützung Künstlern Brot und Wohnung gab. Da der Eiferer kein Hehl aus seiner Abneigung gegen die Medici machte, kam ihm Lorenzo der Prächtige, wie er glaubte, diplomatisch, zuvor: Durch seine Intervention wurde Savonarola zum Prior des Klosters San Marco ernannt, wo er allerdings mit noch größerer Wut gegen die Medici predigte. Lorenzo ließ ihn zunächst gewähren, er war zu dieser Zeit schon ein kranker Mann und konnte die Gefahr, die von dem Eiferer ausging, nicht mehr abschätzen.

      Savonarola wurde in Florenz über Nacht populär, als er das genaue Sterbedatum von Papst Innozenz VIII. vorhersagte. Vor allem die Florentiner Jugend, die »fanciulli«, lief ihm in Scharen zu. Gleichzeitig wusste man, dass Savonarola mit dem französischen König konspirierte. Als die französischen Truppen unter Karl VIII., der Ansprüche auf den neapolitanischen Thron gestellt hatte, vor Florenz standen, mussten die Medici kapitulieren. Der Mob zwang den Nachfolger Lorenzos, Piero, die Stadt zu verlassen, wobei es zu üblen Ausschreitungen kam. Man dachte nicht mehr daran, was die Medici für Florenz geleistet hatten, dass sie die Stadt zu einer Kunstmetropole gemacht hatten, die ersten europäischen Rang einnahm.

      Solange sich Karl VIII. in Italien aufhielt, strahlte der Stern des Hasspredigers Savonarola hell. Aber für den französischen König war das italienische Abenteuer nur kurz vom Glück begünstigt. Obwohl er das begehrte Neapel einnehmen konnte, waren seine Stunden in Italien gezählt. Auch Savonarola überspannte schließlich den Bogen der Hetze gegen die Kunst und die Künstler bei Weitem. Er hatte seine Anhänger dazu angestiftet, »im Namen Christi« durch Florenz zu ziehen und die Paläste und Häuser auf Dinge zu kontrollieren, die im Geruch der Unmoral standen. Dazu gehörten nicht nur die Gemälde der großen Renaissance-Meister, auch luxuriöse Möbel und kostbare Kleidungsstücke fielen unter diese »Zensur«, pelzgeschmückte Umhänge und Baretts, Schuhe mit hohen Absätzen, Puder, Cremes und teure Parfüms wurden als Teufelswerkzeug eingestuft. Die Säuberungsaktion nahm immer üblere Formen an, denn auch die Schriften der Dichter der Antike, die als heidnisch bezeichnet wurden, standen auf Savonarolas Index. Der Mob, der durch die Straßen zog, riss wertvolle Wandvertäfelungen heraus, stürzte Skulpturen von ihren Sockeln und warf alles auf einen Haufen, auf dem sich bereits Musikinstrumente, Spielkarten und Spiegel stapelten. Es war eine Epidemie, die Florenz erfasst hatte, Menschen, die bisher für die Kunst gelebt hatten, ließen sich von Savonarolas Hasstiraden hypnotisieren und glaubten schließlich auch, den Anfechtungen des Teufels widerstehen zu müssen. Doch viele, die sich von ihrer wertvollen Habe trennten, fürchteten Repressalien oder hatten ganz einfach Angst um ihr Leben.

      Die erste große Kunstverbrennung fand am 7. Februar 1497 statt, die zweite zehn Tage später. Man hatte in Florenz auf der Piazza della Signoria riesige Scheiterhaufen errichtet, auf denen unschätzbare Kunstwerke unter dem Jubel der Bevölkerung ein Raub der Flammen wurden.

      Aber nicht alle Kleriker dachten wie Savonarola. In Florenz kam es zu Gegenpredigten, die zunächst freilich im Winde verhallten, allmählich aber an Gewicht gewannen. Vor allem die Franziskaner stellten sich gegen das wütende Vorgehen Savonarolas, der im Frühjahr 1497 von Papst Alexander VI. exkommuniziert worden war. Der Papst hatte ihn als »Häretiker, Schismatiker und Verächter des Heiligen Stuhles« bezeichnet und ihn aus der Kirche ausgeschlossen. Savonarola hatte dadurch seine kirchliche Legitimation verloren. Da sich die allgemeine Stimmung in Florenz inzwischen drastisch geändert hatte – die Vernunft hatte die Oberhand gewonnen –, zögerte man vonseiten des Magistrats nicht, der Aufforderung des Papstes nachzukommen, Savonarola unschädlich zu machen. Man ordnete seine Gefangennahme an. Das wankelmütige Volk zerrte den einst Hochverehrten unter Todesdrohungen aus dem Kloster, woraufhin man ihn in den Kerker warf. Unter der Folter gestand er sämtliche Verbrechen, deren er bezichtigt wurde und auf die die Todesstrafe stand.

      Die Hinrichtung Savonarolas wurde zum Volksspektakel. Bevor er zusammen mit zwei Mitbrüdern zur Piazza della Signoria geschleppt wurde, widerrief er seine Geständnisse, wovon allerdings das Gericht keine Notiz nahm. Genau dort, wo Savonarola einst die »Verbrennung der Eitelkeiten« angeordnet hatte, wurde er gehängt und anschließend verbrannt. Als einige seiner Knochen übrig blieben, begannen seine Anhängerinnen um die Reliquien zu kämpfen. Daraufhin sperrte man die Piazza ab und streute am nächsten Tag das, was von dem fanatischen Mönch übrig geblieben war, in den Arno.

      Was damals niemand für möglich gehalten hätte, ereignete sich Jahrhunderte später: Die Kirche begann über das Leben und Wirken des Fanatikers nachzudenken und kam zu dem Schluss, dass Girolamo Savonarola in den Kreis der Seligen aufzunehmen sei. Papst Johannes Paul II. setzte sich im Jahre 1998 für die Seligsprechung Savonarolas ein, der sich in den Augen des Papstes lediglich ein Leben lang streng an die Moralvorstellungen der Kirche gehalten hatte.

      Die begehrteste Braut Europas

      ANNE DE BRETAGNE entsprach keineswegs dem Bild eines attraktiven jungen Mädchens. Ihr Charme lag nicht in ihren körperlichen Reizen oder ihrem wachen Geist, Anziehungskraft übte allein das Land, das sie als Mitgift bekam, auf ihre Freier aus.

      Die Erbin der Bretagne war erst elf Jahre alt, als ihre Eltern das Zeitliche segneten, aber schon ein Jahr später, 1489, wurde sie – obwohl halb noch ein Kind – zur Herzogin der Bretagne gekrönt. Damit wurde sie zu einer viel umworbenen Frau, obwohl sie schon im Kindesalter dem zukünftigen König von England, Edward V., versprochen worden war. Aber wie es das Schicksal so wollte, kam diese Ehe nicht zustande, da der Tod die Pläne der Väter der beiden jungen Leute zunichtemachte. Nach dem plötzlichen Ableben Edwards IV. verschwand sein Sohn gleichen Namens im Tower, wohin ihn sein Onkel, der spätere König Richard III., hatte werfen lassen. Niemals wieder wurde etwas von dem unglücklichen Prinzen vernommen.

      Nach vielen Turbulenzen um das Herzogtum Bretagne, in dem die französischen Könige ein gewichtiges Wort mitredeten, gelang es dem römisch-deutschen König und späteren Kaiser Maximilian, Anne zu überzeugen, dass er der richtige Mann an ihrer Seite wäre. Der Altersunterschied von 16 Jahren spielte für Maximilian keine Rolle, auch dass Anne leicht hinkte und über alle Maßen klein war, störte ihn wenig. Denn er war sich sicher, dass er der kleinen Anne gegenüber keine große Leidenschaft entwickeln würde, zu schmerzlich trauerte er noch immer um seine erste Gemahlin, die seine große Liebe gewesen war, Maria von Burgund. Es war die Bretagne, die den König reizte und die ihm nach der Trauung per procurationem, die in der Kathedrale von Rennes stattfand, sicher war. Er selbst war freilich nicht erschienen, Wolfgang Freiherr von Polheim nahm die Stelle des Bräutigams ein. Im Anschluss an die Hochzeitszeremonien bestieg Polheim als Stellvertreter Maximilians in voller Eisenrüstung das Hochzeitsbett, nur ein Knie war entblößt, mit dem er die Braut berühren sollte. Damit war die Sache für Maximilian erledigt und er ließ sich Zeit, mit seiner ihm nun angetrauten Gemahlin die Ehe tatsächlich zu vollziehen.

      Was Maximilian nicht ahnen konnte, war, dass ihm die Monate, die er ins Land ziehen ließ, zum Verhängnis werden sollten. Plötzlich hatte auch der französische König Karl VIII. Interesse an der jungen Bretonin, obwohl er selbst schon als Kind mit Maximilians Tochter Margarete verheiratet

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