Liebe, List und Leidenschaft. Sigrid-Maria Größing
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Unmittelbar nach der Hochzeit konnte sich Friedrich nicht entschließen, die Ehe zu vollziehen, da er fürchtete, in Italien einen welschen Bastard zu zeugen. Es bedurfte einer List von Eleonores Onkel, der König von Neapel war, dass Friedrich schließlich doch das Bett seiner Frau bestieg.
Die Ankunft in der düsteren Burg in Wiener Neustadt musste für Eleonore ein Schock sein. Man hatte ihr nur eine einzige portugiesische Dienerin gelassen, und da sie kaum Deutsch beherrschte, konnte sie mit keinem Menschen sprechen. Dazu kamen die ungewohnten derben Speisen, die ihr Gemahl servieren ließ, keine Leckereien und Süßigkeiten, wie Eleonore sie in ihrer portugiesischen Heimat genossen hatte. Als die Kinder auf der Welt waren, bestand Friedrich darauf, dass man auch Maximilian, dem späteren Kaiser, und seiner Schwester Kunigunde diese schwere Kost verabreichte. Bei Eleonore führte dies zu ständigen Magenschmerzen, die von ihrem Gemahl kaum ernst genommen wurden.
Mit der Zeit hätte Friedrich erkennen müssen, welchen Schatz er an seiner Seite hatte, denn Eleonore war es, die die diplomatischen Gespräche mit ausländischen Gesandten führte und glänzende Bankette gab, die ihr Gemahl absichtlich mied. Sie war diejenige, die in bewundernswerter Weise die schwierige Situation meisterte, als die Kaiserfamilie im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzung mit dem ungarischen König Matthias Corvinus in der Wiener Hofburg gefangen war und kaum mehr das Nötigste zum Leben hatte. Eleonore versuchte ihrem Sohn Maximilian klarzumachen, dass sich die politische Lage bald ändern würde, um den Sohn davon abzuhalten, in der Zukunft für die erlittene Unbill Rache an seinen Untertanen zu nehmen.
Obwohl man der Kaiserin den erforderlichen Respekt entgegenbrachte, geschah es doch ab und zu, dass man sich ihr gegenüber im Ton vergriff. So wurde ihr Tross bei Heiligenkreuz überfallen, wo die Kaiserin gebetet hatte. Man hatte die Kutschen nicht nur nach Gold und Silber durchsucht, sondern hatte auch persönliche Besitztümer der Kaiserin geraubt, unter anderem ihre herrlich bestickten seidenen Hemden, die sie aus Portugal mitgebracht hatte und die für sie eine unersetzliche Kostbarkeit darstellten. Als dies ihrem Gemahl zu Ohren kam, wollte er die Sache nicht weiter verfolgen. Eleonore bestand aber darauf, die Leute, die sich gegen ihre Majestät erhoben hatten, zu bestrafen.
Eleonore wurde nicht alt. Mit nur 31 Jahren starb sie bald nach der Geburt ihres sechsten Kindes, tief betrauert von Maximilian und Kunigunde, deren Geschwister bereits im Kleinkindalter gestorben waren.
Ein unbeliebter Papst
ADRIAN VON UTRECHT konnte nur der Kandidat des Heiligen Geistes gewesen sein. Denn niemand wollte den Niederländer auf dem Stuhle Petri.
Als die Wahl der Kardinäle ausgerechnet auf Adrian von Utrecht gefallen war, fragte man sich in Rom, warum in den nächsten Jahren ein Ausländer auf dem Stuhle Petri Platz nehmen sollte. Was der einfache Mann auf der Straße nicht wissen konnte, war die Tatsache, dass die Papstwahl längst zu einem internationalen Politikum geworden war, bei dem die Franzosen genauso mitmischten wie der deutsche Kaiser. Adrian von Utrecht hatte, bevor er sich auf das schlüpfrige Parkett in Rom wagte, in den Niederlanden und in Spanien eine erfolgreiche Karriere hinter sich, sodass ihm zu seinen vielfältigen geistlichen und politischen Ämtern als Krönung nur die Tiara fehlte, die ihm nach dem Tod des Mediceer-Papstes Leo X. von den Kurienkardinälen überraschenderweise zugesprochen wurde.
Adrian, Sohn eines Schiffszimmermanns aus Utrecht, geboren am 2. März 1459, war von Kindesbeinen an ein frommer Mensch. Sein Vater ermöglichte ihm, in Löwen Philosophie zu studieren, um schließlich in diesem Fach den Magister zu erwerben. Aber damit begnügte sich der junge Mann keineswegs, mehr und mehr war er von der Theologie fasziniert, wobei sein Hauptinteresse in jener Zeit eher der Scholastik eines Thomas von Aquin als den Ideen des Humanismus galt.
Schon bald konnte man erkennen, dass der junge Mann das Talent hatte, mehr als nur ein gewöhnlicher Pfarrer am Beginenhof in Löwen zu sein. Man ernannte ihn zum Professor an der Universität Löwen und schließlich zum Rektor. Es konnte nicht ausbleiben, dass der hochgebildete Kirchenmann auch dem Kaiser auffiel. Da Maximilian I. für seinen ältesten Enkel Karl, der später sein Nachfolger werden sollte, geeignete Lehrer suchte, kam er auf die Idee, mit Adrian Kontakt aufzunehmen. Er hatte keine schlechte Wahl getroffen, denn Karl wurde nicht nur in den klassischen Sprachen ausgezeichnet von dem gelehrten Mann unterrichtet, Adrian riet dem späteren Kaiser auch, nie sein wahres Gesicht zu zeigen und niemals impulsiv, ohne zu überlegen, zu handeln. Daneben legte er seinem Zögling religiöse Toleranz ans Herz, die sich in der späteren Handlungsweise Karls V. deutlich zeigte, als er beispielsweise Martin Luther am Reichstag zu Worms freies Geleit zusicherte.
Es konnte nicht ausbleiben, dass Adrian im Schlepptau des zukünftigen Kaisers eine große Karriere machte. Er zog mit Karl nach Spanien, als dieser den spanischen Thron bestieg, und wurde dort zum Bischof von Tortosa ernannt, nachdem er die Weihe empfangen hatte. Die Niederländer waren in Spanien nicht sonderlich beliebt, auch Adrian zeigte man unverhohlen, dass er vor allem in seiner Position als Großinquisitor beinahe verhasst war. Als er obendrein noch von Karl zu seinem Stellvertreter ernannt wurde, war das Maß voll, nicht zuletzt, da Adrian politisch äußerst ungeschickt agierte. Es kam zu einem gewaltigen Aufstand, gegen den er sich nur mit Mühe behaupten konnte.
Die Ernennung zum Kardinal durch Papst Leo X. war ein gut ausgeklügelter politischer Plan des Mediceers, denn die Unterstützung durch den deutschen Kaiser war dem Papst einiges wert. Außerdem wollte Leo X. damit den römischen Kurienkardinälen ein Zeichen geben, dass man einen Mann zu seinem Nachfolger wählen sollte, der nicht nur gottesfürchtig, sondern auch politisch bestens verankert war. Für Adrian selbst war seine Wahl zum Papst am 9. Januar 1522 eine Überraschung, denn entgegen aller internen Kirchengesetze wurde er zum Oberhaupt der Kirche ernannt, obwohl er bei dem Konklave nicht anwesend und als Nichtitaliener eigentlich chancenlos war. Aber sein Gegenkandidat Kardinal Schiner hatte sich durch seine antifranzösischen Äußerungen selbst ins Abseits gestellt, sodass man einen Mann küren wollte, der einerseits ein Freund des Kaisers, andererseits aber auch kein erklärter Feind der Franzosen war.
Die römischen Kardinäle hatten mit Adrian von Utrecht keine allzu glückliche Wahl getroffen, vor allem das Volk von Rom war geradezu entsetzt. Ein Fremder auf dem Stuhle Petri! Dazu kam, dass der neue Papst Hadrian VI. für sein sparsames, sittsames Leben bekannt war. Man machte sich auf alles gefasst. Eines wusste man sicher: Die goldenen Zeiten der üppigen Feste waren vorbei, die Tugend sollte endlich einen Platz in Rom bekommen.
Schon vor seiner Ankunft wurde alles erdenklich Negative über Hadrian berichtet. So machte das Gerücht die Runde, der neue Papst hätte in einem Brief gebeten, man möge ihm eine passende Wohnung suchen, damit er seine Aufgaben als oberster Hirte der Christenheit erfüllen könnte. Hatte er noch nie vom Vatikan gehört? Er war suspekt geworden, wollte der neue Heilige Vater womöglich eine Reform der Kirche durchführen, wie sie Martin Luther vehement in Deutschland forderte? Es machten bereits Berichte in Rom die Runde, wonach Hadrian am Reichstag zu Nürnberg durch seinen Legaten kundtun ließ, dass die römische Kirche die Schuld an der Kirchenspaltung trage. Sowohl für die Kardinäle als auch für das Volk von Rom eine empörende Aussage! Es dauerte nicht lange, bis man Hadrian als deutschen Barbaren bezeichnete und Spottgedichte über ihn verbreitete, wobei man vor allem dem Konklave die Schuld gab, dass es den »schönen Vatikan dem deutschen Zorn in die Hände gelegt hat«.
Unmittelbar nach seiner Krönung in Rom am 31. August 1522 begann Hadrian, die päpstliche Hofhaltung umzukrempeln, was auf absolutes Unverständnis seiner Umgebung stieß. Er tat kund, dass der Verkauf der Pfründen und des Ablasses abgeschafft werden sollte, ein guter Vorsatz, der sich aber in der kurzen Zeit, die ihm als Papst beschieden war, nicht verwirklichen ließ.
Hadrian VI. sah sich, von seiner Umgebung argwöhnisch betrachtet, gewaltigen Problemen gegenüber, die dem redlichen Mann schlaflose Nächte bereiteten. Es war nicht