Die Abtei von Northanger. Jane Austen
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»O ja, entsetzlich! Was kann es nur sein? Aber verrate mir nichts! Ich möchte es unter keinen Umständen vorher wissen. Es muß ein Skelett sein, ich weiß, es ist Laurentias Skelett. Wenn ich nicht mit dir verabredet gewesen wäre, hätte ich das Buch nicht aus der Hand gelegt.«
»Wie nett von dir! Und wenn du >Udolpho< beendet hast, lesen wir den Italiener gemeinsam. Und ich habe dir noch weitere zehn oder zwölf lesenswerte Bücher aufgeschrieben.« »Wirklich? Wie freu ich mich! Wie heißen sie denn?« »Ich lese dir die Titel gleich vor. Hier in meinem Notizbuch stehen sie: >Schloß Wolfenbach<, >Clermont<, >Geheimnisvolle Warnung<, >Der Geisterbeschwörer vom Schwarzwald<, >Mitternachtsglocken<, >Die Waise vom Rhein<, und zuletzt die >Mysterien des Grauens<. Das wird einige Zeit vorhalten.«
»Ich glaube auch. Aber sind sie wirklich alle gruselig? Bist du sicher, daß sie alle recht gruselig sind?«
»Ja, bestimmt. Denn Miß Andrews, eine besondere Freundin von mir und ein ganz reizendes Mädchen, eines der süßesten Wesen auf Erden, hat sie alle gelesen. Ach, hättest du doch Miß Andrews kennengelernt! Auch du wärest von ihr entzückt. Sie strickt sich den entzückendsten Umhang, den du dir vorstellen kannst. Ich finde sie schön wie einen Engel. Und es ärgert mich immer wieder, daß die Männer sie nicht bewundern.«
»Du tadelst sie, weil sie deine Freundin nicht bewundern?« »Ja, das tue ich. Für meine engsten Freundinnen wage ich alles. Für liebevolle Menschen tue ich nichts halb. Das liegt mir nicht. Meine Zuneigung ist immer besonders stark. Bei einer unserer Gesellschaften im vergangenen Winter sagte ich Kapitän Hunt, selbst wenn er mich den ganzen Abend um einen Tanz quälen würde, sei es vergebens, wenn er nicht eingestände, daß Miß Andrews so hübsch wie ein Engel sei. Die Männer halten uns einer wirklichen Freundschaft für unfähig, weißt du; und ich will ihnen das Gegenteil beweisen. Würde ich einmal jemand abfällig von dir sprechen hören, so würde ich für dich in die Bresche springen. Aber dazu wird es nie kommen, denn du bist ganz nach dem Wunsch der Männer.«
»O Liebes«, rief Catherine errötend, »wie kannst du nur so etwas sagen!« »Ich kenne dich sehr gut! Du bist so lebhaft, und gerade das fehlt Miß Andrews; denn, ich muß schon zugeben, sie hat etwas furchtbar Farbloses. Oh! ich muß dir noch etwas erzählen. Als wir uns gestern getrennt hatten, sah ich einen jungen Mann dir ernsthaft nachblicken. Er hat sich sicher in dich verliebt.« Errötend wehrte Catherine wieder ab. Isabella lachte. »Es ist wirklich wahr, auf meine Ehre! Aber ich sehe schon, du bist gleichgültig gegen jede Bewunderung, solange sie nicht von dem einen Herrn kommt, dessen Namen ich nicht nennen will. Nein, ich tadele dich nicht«, sagte sie ernsthafter. »Ich verstehe deine Gefühle vollkommen. Wo wirklich das Herz spricht, bedeutet, wie ich weiß, die Bewunderung aller anderen wenig. Alles wird dagegen so bedeutungslos, so unwesentlich. Ich habe vollstes Verständnis für deine Gefühle.« »Aber du solltest mir nicht noch einreden, daß ich so viel an Mr. Tilney denke, denn vielleicht sehe ich ihn nie wieder.«
»Ihn nicht wiedersehen? Liebstes Herz, sprich nicht davon. Wie unglücklich wärst du dann.« »Nein, das wäre ich nicht! Ich behaupte nicht, daß er mir nicht sehr gut gefallen hat. Aber solange es noch ein Buch wie >Udolpho< gibt, kann mich niemand unglücklich machen. Oh, dieser entsetzliche schwarze Schleier! Isabella, es steckt doch bestimmt Laurentias Skelett dahinter!« Eigenartig, daß du nie >Udolpho< gelesen hast; aber ich nehme an, deine Mutter ist gegen Romane.«.
»Nein, gar nicht. Sie liest sehr oft >Sir Charles Grandison<; aber neue Bücher sind bei uns nicht zu haben.«
»>Sir Charles Grandison<! Das ist ein außerordentlich gruseliges Buch, nicht wahr? Ich entsinne mich, Miß Andrews kam nicht einmal durch den ersten Band.«
»Es ist ganz anders als >Udolpho<, aber ich finde es trotzdem sehr unterhaltend.« »Meinst du wirklich? Das überrascht mich. Ich glaubte, man könnte es gar nicht lesen. Aber, liebste Catherine, hast du schon einen Kopfputz für den heutigen Abend gewählt? Ich will den gleichen tragen wie du. Manchmal fällt das den Männern auf, weißt du?«
»Aber das hat doch gar nichts zu bedeuten«, erwiderte Catherine ganz unschuldig. »Bedeuten? Du lieber Himmel! Oh, ich habe mir vorgenommen, daß mir ihre Ansicht nie etwas bedeuten soll. Sie sind oft schrecklich unverschämt, wenn man sie nicht mit Geist behandelt und sie sich vom Leibe hält.«
»Wirklich? Ach, das habe ich nie bemerkt. Mir gegenüber benehmen sie sich immer recht gut.«
»Ach! Sie tun so. Sie sind aber die eingebildetsten Kreaturen auf Erden und halten sich für so schrecklich wichtig. Übrigens, ich wollte dich schon so oft fragen und habe es immer wieder vergessen: Welcher Typ gefällt dir am besten? Magst du lieber dunkle oder blonde Männer?«
»Ich weiß nicht recht. Darüber habe ich nie nachgedacht. Ich glaube so zwischen beidem: braun - nicht hell und nicht zu dunkel.«
»Das ist großartig, Catherine. Genau so ist er . Ich habe deine Beschreibung von Mr. Tilney nicht vergessen. Nun, ich habe einen anderen Geschmack. Ich ziehe helle Augen vor. Und die Hautfarbe, weißt du, da gefallt mir eine blasse am besten. Du darfst mich nie im Stich lassen, wenn du jemals einem Mann in deiner Bekanntschaft begegnest, auf den diese Beschreibung paßt.«
»Dich im Stich lassen! Was meinst du damit?« »Nun mach mir aber keinen Kummer! Ich habe wohl schon zuviel gesagt? Wir wollen von etwas anderem sprechen.«
Catherine gehorchte einigermaßen verwundert und wollte, nach einigen Minuten des Schweigens, eben zu dem übergehen, was sie im Augenblick am meisten fesselte - zu Laurentias Skelett, als ihre Freundin sie mit den Worten daran hinderte: »Um des Himmels willen, laß uns aus dieser Ecke fortgehen. Weißt du, die zwei entsetzlichen jungen Männer dort starren mich seit einer geschlagenen Stunde an. Ich befürchte, meine ganze Haltung zu verlieren. Komm, wir wollen sehen, wer neu angekommen ist. Sie werden uns kaum folgen.«
Sie schlenderten also zu dem Gästebuch. Während Isabella die Namen überflog, fiel es Catherine zu, die weiteren Bewegungen der beiden aufregenden jungen Leute zu beobachten. »Sie kommen doch nicht hierher, nicht wahr? Sie sind hoffentlich nicht so unverschämt, uns zu folgen. Bitte, sage mir, wenn sie kommen. Ich will nicht aufblicken.«
Nach einigen Augenblicken versicherte ihr Catherine mit natürlicher Freude, sie brauche sich nun nicht länger zu beunruhigen, die Herren hätten soeben die Brunnenhalle verlassen. »Und in welcher Richtung entfernten sie sich?« fragte Isabella und wandte sich hastig um. »Der eine sah hübsch aus.« »Sie gingen zum Friedhof hinüber.«
»Na, ich bin wenigstens schrecklich froh, daß ich sie losgeworden bin! Was hältst du davon, wenn du mich nun zu den Edgar Villen begleitetest und dir meinen neuen Hut ansähest? Das wolltest du doch so gern.«
Catherine willigte ein; aber sie fügte hinzu: »Vielleicht holen wir dann die beiden jungen Herren ein.«
»Ach, das macht nichts. Wir gehen schnell an ihnen vorbei. Ich brenne doch darauf, dir meinen neuen Hut zu zeigen.« »Wenn wir aber noch ein paar Minuten warten, laufen wir keine Gefahr mehr, sie überhaupt wiederzusehen.«
»So viel Rücksicht will ich gar nicht auf sie nehmen. Ich beabsichtige nicht, solche Männer mit Achtung zu behandeln. Das hieße sie verwöhnen.«
Gegen solche Gründe hatte Catherine nichts einzuwenden. Um Miß Thorpes Unabhängigkeit zu beweisen und das andere Geschlecht zu demütigen, machten sie sich sogleich auf den Weg und schritten schnellen Schrittes davon, um den beiden jungen Leuten zu folgen.
Siebentes