Die Rückkehr des Sherlock Holmes. Arthur Conan Doyle

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Rückkehr des Sherlock Holmes - Arthur Conan Doyle страница 8

Автор:
Серия:
Издательство:
Die Rückkehr des Sherlock Holmes - Arthur Conan Doyle

Скачать книгу

Jahre später aufklärte, als ich nämlich herausfand, daß Verner entfernt mit Holmes verwandt war und in Wirklichkeit niemand anders als mein Freund dieses Geld zur Verfügung gestellt hatte.

      Die Monate unseres Zusammenlebens waren übrigens gar nicht so ereignislos, wie er behauptet, denn beim Durchsehen meiner Aufzeichnungen stelle ich fest, daß in diesen Zeitraum zum einen der Fall mit den Papieren des ehemaligen Präsidenten Murillo, zum anderen die schockierende Affäre mit dem holländischen Dampfschiff Friesland fällt, welche uns beinahe das Leben gekostet hätte. Sein unterkühltes und stolzes Wesen war jedoch allem, was mit öffentlichem Beifall verbunden, durchaus abhold, und er verpflichtete mich in striktester Weise, nie mehr ein Wort über ihn, seine Methoden oder seine Erfolge verlauten zu lassen – ein Verbot, das, wie ich bereits erklärt habe, erst jetzt aufgehoben wurde.

      Nach seinem neckischen Lamento lehnte Sherlock Holmes sich in seinen Sessel zurück und entfaltete gerade müßig die Morgenzeitung, als ein ungeheures Läuten der Glocke unsere Aufmerksamkeit auf sich zog; unmittelbar darauf folgte ein hohles Klopfgeräusch, als ob jemand mit der Faust gegen die Außentür schlüge. Sowie sie sich geöffnet hatte, kam stürmisches Rennen im Hausflur, hastige Schritte polterten die Treppe hoch, und einen Augenblick später stürzte ein wild dreinblickender, ungestümer junger Mann bleich, zerzaust und zitternd in unser Zimmer. Er sah uns beide nacheinander fragend an, und unsere fragenden Blicke machten ihm bewußt, daß er uns für seinen wenig feierlichen Eintritt eine Rechtfertigung schuldete.

      »Es tut mir leid, Mr. Holmes«, schrie er. »Sie dürfen mir keinen Vorwurf machen. Ich bin dem Wahnsinn nahe. Mr. Holmes, ich bin der unglückliche John Hector McFarlane.«

      Er verkündete dies, als erkläre dieser Name allein seinen Besuch und sein Gebaren, doch bemerkte ich an der teilnahmslosen Miene meines Gefährten, daß ihm dieser ebenso wenig sagte wie mir.

      »Bedienen Sie sich, Mr. McFarlane«, sagte er, indem er ihm sein Zigarettenetui zuschob. »Ich bin davon überzeugt, mein Freund Dr. Watson hier würde Ihnen bei diesen Symptomen ein Beruhigungsmittel verordnen. Das Wetter war in den letzten Tagen ja überaus warm. Nun, wenn Sie sich jetzt ein wenig gelassener fühlen, würde ich mich freuen, wenn Sie sich auf diesen Stuhl setzten und uns ganz langsam und ruhig erzählten, wer Sie sind und was Sie wünschen. Sie sprachen Ihren Namen so aus, als ob ich ihn kennen müßte, aber ich versichere Ihnen, daß ich – abgesehen von den augenscheinlichen Tatsachen, daß Sie Junggeselle, Rechtsanwalt, Freimaurer und Asthmatiker sind – nicht die geringste Kenntnis von Ihnen habe.«

      Vertraut, wie ich mit den Methoden meines Freundes war, fiel es mir nicht schwer, seinen Schlüssen zu folgen und die Ungepflegtheit des Äußeren, das Bündel juristischer Texte, das Amulett an der Uhr und das Keuchen, worauf sie beruhten, wahrzunehmen. Unser Klient freilich blickte verblüfft genug drein.

      »Ja, all dies bin ich, Mr. Holmes, und darüber hinaus bin ich derzeit der unglücklichste Mann in ganz London. Lassen Sie mich um Himmels willen nicht im Stich, Mr. Holmes! Wenn man mich verhaften kommt, ehe ich meine Geschichte zu Ende erzählt habe, veranlassen Sie die Leute, mir Zeit zu geben, damit ich Ihnen die ganze Wahrheit sagen kann. Ich könnte frohen Herzens ins Gefängnis gehen, wenn ich nur wüßte, daß Sie draußen für. mich wirken.«

      »Sie verhaften!« sagte Holmes. »In der Tat höchst erfr ... höchst interessant. Was glauben Sie, unter welcher Anklage Sie verhaftet werden sollen?«

      »Unter dem Verdacht, Mr. Jonas Oldacre aus Lower Norwood ermordet zu haben.«

      Auf dem ausdrucksvollen Gesicht meines Gefährten zeigte sich ein Mitgefühl, das, fürchte ich, nicht frei von Befriedigung war.

      »Na sowas!« sagte er; »eben erst beim Frühstück sagte ich zu meinem Freund Dr. Watson, aufsehenerregende Fälle seien aus unseren Zeitungen verschwunden.«

      Unser Besucher streckte eine bebende Hand aus und ergriff den Daily Telegraph, der noch immer auf Holmes' Knie gelegen hatte.

      »Wenn Sie hingesehen hätten, Sir, hätten Sie mit einem Blick erkannt, aus welchem Anlaß ich heute morgen zu Ihnen komme. Es kommt mir vor, als müßten mein Name und mein Unglück in aller Munde sein.« Er schlug die Zeitung um und wies auf die Mittelseite. »Da steht's. Und mit Ihrer Erlaubnis werde ich es Ihnen vorlesen. Hören Sie, Mr. Holmes: die Schlagzeilen lauten: RÄTSELHAFTER FALL IN LOWER NORWOOD. BEKANNTER BAUMEISTER VERSCHWUNDEN. VERDACHT AUF MORD UND BRANDSTIFTUNG. HINWEIS AUF DEN TÄTER. Dieser Hinweis wird bereits verfolgt, Mr. Holmes, und ich weiß, er führt unweigerlich zu mir. Seit der London Bridge Station folgt man mir, und ich bin sicher, man wartet nur noch auf den Haftbefehl. Es wird meiner Mutter das Herz brechen – es wird ihr das Herz brechen!« Er rang in ahnungsvoller Qual die Hände und schwankte auf seinem Stuhl vor und zurück.

      Interessiert betrachtete ich diesen Mann, der eines Gewaltverbrechens beschuldigt wurde. Er hatte flachsfarbenes Haar, sah gut aus, aber auf eine schlappe, unleidliche Art: dazu seine erschrockenen blauen Augen und ein glattrasiertes Gesicht mit einem schwachen, sensiblen Mund. Er mochte etwa siebenundzwanzig Jahre alt sein; seinem Anzug und Gebaren nach war er ein Gentleman. Aus der Tasche seines hellen Sommermantels ragte das Bündel indossierter Papiere, das seinen Beruf verriet.

      »Wir müssen die Zeit nutzen, die uns noch bleibt«, sagte Holmes. »Watson, wären Sie so freundlich, die Zeitung zu nehmen und mir den fraglichen Artikel vorzulesen?«

      Unter den lärmenden Schlagzeilen, die unser Klient bereits zitiert hatte, las ich folgende vielsagende Geschichte:

      Tief in der Nacht, oder früh am heutigen Morgen, ereignete sich in Lower Norwood ein Vorfall, der, so wird befürchtet, auf ein ernstes Verbrechen hindeutet. Mr. Jonas Oldacre ist ein bekannter Einwohner dieser Vorstadt; viele Jahre lang betrieb er dort sein Geschäft als Baumeister. Mr. Oldacre ist Junggeselle, 52 Jahre alt und lebt in Deep Dene House am Sydenham- Ende der Straße dieses Namens. Er stand im Rufe eines Mannes von exzentrischen Gewohnheiten und war von verschlossenem und zurückhaltendem Wesen. Von seinem Geschäft, in dem er es zu beträchtlichem Reichtum gebracht haben soll, hat er sich seit Jahren praktisch zurückgezogen. Hinter seinem Haus befindet sich jedoch noch ein kleines Holzlager, und vorige Nacht wurde gegen zwölf Uhr Alarm gegeben, daß einer der Stapel in Flammen stehe. Die Feuerwehr war bald zur Stelle, doch brannte das trockene Holz derart zügellos, daß der Feuersbrunst erst Einhalt zu gebieten war, als der Stapel vollständig niedergebrannt war. Bis dahin hatte das Geschehen den Anschein eines gewöhnlichen Unglücksfalles, doch neue Hinweise scheinen auf ein ernstes Verbrechen hinzudeuten. Man äußerte sich erstaunt über die Abwesenheit des Hausherrn von der Brandstelle, und die folgende Nachforschung ergab, daß er aus dem Haus verschwunden war. Eine Untersuchung seines Zimmers erbrachte, daß er nicht in seinem Bett geschlafen hatte, daß sein Safe offenstand, daß eine Menge wichtiger Papiere im Zimmer verstreut herumlagen, und schließlich fanden sich Anzeichen eines mörderischen Kampfes: In dem Zimmer wurden geringe Blutspuren und ein Spazierstock aus Eichenholz entdeckt, der am Griff ebenfalls Blutflecken aufwies. Es ist bekannt, daß Mr. Jonas Oldacre in dieser Nacht einen späten Besucher in seinem Schlafzimmer empfangen hatte, und der aufgefundene Stock wurde als Eigentum dieser Person identifiziert; es handelt sich um einen jungen Londoner Anwalt namens John Hector McFarlane, Juniorpartner von Graham & McFarlane, Gresham Buildings 426, E.C. Die Polizei glaubt im Besitz von Beweisen zu sein, die ein sehr überzeugendes Motiv für das Verbrechen liefern; insgesamt ist eine sensationelle Entwicklung dieser Angelegenheit nicht auszuschließen.

      LETZTE MELDUNG – Bei Drucklegung geht das Gerücht ein, Mr. John Hector McFarlane sei tatsächlich unter dem Verdacht, Mr. Jonas Oldacre ermordet zu haben, verhaftet worden. Sicher ist zumindest, daß ein Haftbefehl erlassen wurde. Die Ermittlungen in Norwood haben weitere bedenkliche Tatsachen ergeben. Außer den Anzeichen für einen Kampf im Zimmer des unglücklichen Baumeisters wurde jetzt bekannt, daß die Flügelfenster seines Schlafzimmers (das im Erdgeschoß liegt) offen

Скачать книгу