Einführung in die systemische Supervision. Andrea Ebbecke-Nohlen

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Einführung in die systemische Supervision - Andrea Ebbecke-Nohlen страница 3

Einführung in die systemische Supervision - Andrea Ebbecke-Nohlen Carl-Auer Compact

Скачать книгу

ist. Darüber hinaus trägt sie dazu bei, die Theorie weiterzuentwickeln, und hilft damit gewissermaßen, dem kantschen Einwand zu entgehen, dass die Theorie möglicherweise richtig sei, aber für die Praxis nicht tauge.

      In dieser Einführung wird davon ausgegangen, dass Supervision als allgemeines Theorie- und Berufsfeld bereits einigermaßen bekannt ist, auch wenn sie sich erst in den letzten Jahrzehnten in der Begleitung von Kommunikations- und Veränderungsprozessen im modernen Berufsleben und in institutionellen Kontexten als Beratungswissenschaft und Beratungspraxis hat etablieren können. Dennoch wird der allgemeinen Entwicklung von Supervision einführend ein eigenes Kapitel gewidmet, ehe der systemischen Supervision alle Aufmerksamkeit gilt. Das Buch richtet sich folglich an Personen, die etwas über diesen spezifischen Supervisionsansatz erfahren wollen. Die Literatur dazu ist bislang rar. Um nicht missverstanden zu werden: Es gibt viele Publikationen, in denen wir etwas über Systemtheorie und ihre Weiterentwicklung, über systemisches Denken in unterschiedlichen Fachwissenschaften und Berufsfeldern sowie über einzelne systemische Ansätze erfahren können. Woran es eher mangelt, sind Einführungen, die in der Art eines breiten Überblicks über systemische Supervision als noch relativ junge Profession informieren, ihre theoretischen Grundlagen aufzeigen und ihre vielfältigen praktischen Anwendungsformen darstellen.

      Gerade was den Gedanken der Vielfalt anbetrifft, vermag allein die stetig wachsende Nachfrage nach systemischer Supervision einen Eindruck davon zu vermitteln, wie breit die neue Profession inzwischen aufgestellt ist. Systemische Supervision wird u. a. im klinischen Bereich gesucht (Psychiatrie, Psychosomatik, Suchtbereich etc.), im psychosozialen (Beratungsstellen, Jugendhilfe, JVA etc.) und im pädagogischen Bereich (Schulen, Hochschulen, Erwachsenenbildung etc.), im forensischen (Justizvollzugsanstalten, Polizei etc.) und im kirchlichen Bereich (Pastoraltheologie etc.) sowie verstärkt auch im betrieblichen Kontext gewinnorientierter Unternehmen (Leitungssupervision, Coaching, Organisationssupervision, Unternehmensberatung und Personalentwicklung), schließlich in Politik, Justiz und Verwaltung.

      Insbesondere auf Seiten von Institutionen, die nicht primär systemisch ausgerichtet sind, mehren sich die Nachfragen nach systemischer Supervision, da die Nützlichkeit des systemischen Ansatzes vor allem im schulenübergreifenden und multiprofessionellen Arbeitskontext in wachsendem Maße erkannt wird. Im Weiterbildungsbereich spielt systemische Supervision ebenfalls eine immer bedeutendere Rolle, was an der fortschreitenden Ausdifferenzierung mehrjähriger systemischer Supervisionscurricula in den zahlreichen systemischen Weiterbildungsinstituten zu erkennen ist.

      Kennzeichnend für die systemische Supervision ist, dass sie sich entsprechend den jeweiligen Aufträgen an die spezifischen Erfordernisse der Beratungs- und Begleitpraxis anpasst, was eine entsprechend große Vielfalt der Supervisionsausrichtungen zur Folge hat. Hinzu kommt die beachtliche Variationsbreite in den Settings. Supervidiert werden Einzelne, Gruppen, Teams (Leitung und MitarbeiterInnen) sowie Organisationen. Weiterhin wird inhaltlich und formal zwischen Fall- und Teamsupervision, Intervision, Selbstsupervision und Supervision von Organisationen unterschieden. Schließlich kann Supervision auch in Form von Life-Supervision oder Konsultation erfolgen. Der Eindruck täuscht nicht: Systemische Supervision ist ausgesprochen vielfältig. Die vorliegende Einführung macht es sich zur Aufgabe, diese Vielfalt im Einzelnen darzustellen und einen umfassenden Überblick zu geben.

       1. Was ist Supervision?

      Auch wenn sich systemische Supervision in erster Linie dem systemischen Denken und Handeln verpflichtet fühlt, ist sie zunächst einmal Supervision. Insofern stellt sich im Folgenden die Frage, was überhaupt unter Supervision verstanden wird, welches ihre Ziele und Funktionen, ihre Ausrichtungen und Formen sind. Außerdem ist von Interesse, was Supervision von anderen Beratungsformen abgrenzt.

       1.1Definitionen und Ziele von Supervision

      Der Begriff der Supervision tauchte zunächst in den USA im industriellen Kontext auf, wo er die Bedeutung von Inspektion im Produktionsbereich hatte. Der Arbeitsauftrag des/der SupervisorIn bestand darin, die Herstellung einwandfreier Produkte zu garantieren (Brandau 1991). Im Bereich helfender Berufe wurde der Begriff der Supervision dann in der Sozialarbeit übernommen. Der Supervisionstätigkeit wurde hierbei eine Doppelfunktion von Kontrolle und Hilfestellung zugeschrieben: Kontrolle im Sinne der Wohlfahrtsverbände, die Sozialarbeit bezahlten und für diese Finanzierung eine an ihre Richtlinien angepasste Arbeit verlangten, Hilfestellung im Sinne der SozialarbeiterInnen, die durch die verbindliche Integration von Supervision in die Sozialarbeiterausbildung eine Möglichkeit sahen, sich zusätzliches praktisches und theoretisches Wissen anzueignen. In der Regel übte ein institutionsinterner Vorgesetzter die Supervision aus. Dies hatte strukturell eine Kontextvermischung zur Folge, in diesem Falle von Bewertung der beruflichen Qualifikation und Hilfsangebot.

      Im psychotherapeutischen Feld kam Supervision zu Beginn vor allem im Ausbildungskontext der Psychoanalyse in Form von Kontrollanalyse ins Spiel. Auch dies bewirkte eine Kontextvermischung, nun allerdings in Bezug auf Ausbildung und Therapie. Da die Institutionen, in denen die SupervisandInnen sowohl im sozialarbeiterischen als auch im psychoanalytischen Feld arbeiteten, zunächst außerhalb des Rampenlichts blieben und in ihren Strukturen nicht hinterfragt wurden, hatte die Supervisionstätigkeit in der Zeit der kritischen 70er Jahre zudem den Ruf, Anpassungsarbeit zu leisten.

      Alle diese Bedeutungsvarianten von Supervision – Inspektion, Garantie, Kontrolle, Wissensvermittlung, Hilfestellung, Anpassungsleistung – und ihre verschiedenen Kombinationen sind nicht nur von historischer Bedeutung, sondern auch heute noch als potenzielle Ziele und Funktionen von Supervision gegeben. Gleichzeitig lässt sich allerdings vor allem in der theoretischen Debatte supervisorischer Ziele ein Wandel beobachten, indem z. B. übergeordnete Ziele, wie Verbesserung von Reflexions- und Kommunikationsfähigkeiten, in den Mittelpunkt gerückt werden. In Tabelle 1 werden solche übergeordneten allgemeinen Ziele von Supervision zusammengefasst.

      Der Wandel in der Diskussion supervisorischer Ziele kann als parallel zur Professionalisierung der Disziplin angesehen werden, die sich im Zusammenhang mit der Vergrößerung des Supervisionsmarktes ergab und mit diesem in Wechselwirkung steht. Kurt Buchinger (1998) führt die wachsende Nachfrage nach Supervision auf veränderte Arbeits- und Produktionsprozesse zurück, u. a. auf die generelle Erweiterung von Handlungs- und Entscheidungsspielräumen der MitarbeiterInnen, vor allem in Institutionen mit deutlich abgeflachten hierarchischen Strukturen. In Wechselwirkung mit der Professionalisierung fand eine Konzentration auf Anforderungen statt, die Organisationen an die Supervision stellen und die systemisch orientierte Fragen und Konzepte in den Vordergrund schoben. Während historisch betrachtet ein sehr unterschiedliches Verständnis von Supervision in einigen wenigen Arbeitsfeldern und den damit verbundenen Berufsgruppen vorherrschte, haben sich für die Profession Supervision, so wie sie sich heute versteht, die Ziel- und Funktionserwartungen teilweise angenähert, obwohl sich die Anwendungsbereiche ausdifferenziert haben.

      •Veränderungen des eigenen Verhaltens

      •Verbesserung

Скачать книгу