Einführung in die systemische Supervision. Andrea Ebbecke-Nohlen
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Tab. 2: An Psychotherapieschulen orientierte Ausrichtungen der Supervision
In der Supervision, die sich statt am schulenspezifischen Menschenbild vor allem an den eher funktionalen Erwartungen der AuftraggeberInnen orientiert, sind die Ziele häufig an den Erfordernissen der praktischen Arbeitsfelder ausgerichtet und bestehen z. B. in der Arbeitserleichterung, der Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten, der Hilfe in der Entscheidungsfindung, der Verbesserung der Arbeitsfähigkeit (Effektivität, Effizienz, Qualität), der Steigerung des persönlichen Wohlbefindens (Freude in und an der Arbeit) sowie der Förderung einer sachdienlichen Arbeitsatmosphäre (Konfliktfähigkeit).
Im Verständnis von Supervision als Profession werden Supervisionsziele zwischen SupervisorIn und SupervisandIn im Rahmen der Auftragsklärung sorgfältig ausgehandelt. Dies geschieht, damit gewährleistet ist, dass sie sowohl mit den funktionalen Erwartungen der SupervisandIn als auch mit dem professionellen Selbstverständnis der SupervisorIn vereinbar sind. In Supervisionsausrichtungen, die in erster Linie an Psychotherapieschulen orientiert sind, wird die Auftragsklärung unter Umständen übergangen, weil die Ziele schon durch das jeweilige Menschenbild und seine Weiterungen vorgegeben scheinen. Zielvereinbarungen im Rahmen expliziter Auftragsklärung gelten jedoch als Zeichen gewachsener Professionalität der Disziplin.
Ziele sind in der Supervision allerdings in der Regel nicht statisch, sondern dynamisch, sie ändern sich oft im Verlauf eines Supervisionsprozesses; so tauchen häufig relativ kurzfristig unerwartete Probleme auf, welche neue Unklarheiten ans Licht bringen und neue Lösungen erfordern. Im Zuge der Professionalisierung der Disziplin hat auch die Frage an Bedeutung gewonnen, woran die Zielerreichung von Supervision bzw. das erfolgreiche Voranschreiten im Supervisionsprozess festzumachen bzw. zu messen ist. Supervisionsausrichtungen unterscheiden sich infolgedessen auch darin, inwieweit sie Erfolgsmessungen zugänglich sind bzw. diese methodisch im Supervisionsprozess selbst verankert haben (Rappe-Giesecke 2003).
1.3Formen und Settings von Supervision
Ein weiterer Aspekt der Ausdifferenzierung von Supervision liegt in der gewachsenen Formenvielfalt, wobei zu betonen ist, dass jede Supervisionsform ihre eigene Struktur hat und für jede Form sich Vorteile und Stärken ausmachen lassen. Grobe Kriterien der Unterscheidung bilden Einzel- und Gruppensupervision, Fall-, Team- und Leitungssupervision, interne Supervision sowie Settings in Anwesenheit oder Abwesenheit von SupervisorInnen. Im Einzelnen lassen sich unterscheiden:
Einzelsupervision: Berufstätige Menschen begeben sich in Supervision, um in einer dyadischen Beziehung zu einer SupervisorIn ihre beruflichen Fragestellungen zu reflektieren. Vorteile des Einzelsettings sind die Konzentration auf die persönlichen Fragestellungen, die Anpassung des Gesprächsprozesses an die individuellen Bedürfnisse der SupervisandIn und die auf Grund der Eins-zu-eins-Situation potenziell geschütztere Vertraulichkeit.
Gruppensupervision: Personen aus gleichen oder verschiedenen Berufsgruppen, jedoch mit in der Regel unterschiedlichem institutionellem Hintergrund treffen sich zum Zweck der Reflexion ihrer beruflichen Tätigkeit. Sie teilen gegebenenfalls ein ähnliches Berufsprofil, sind in ihrem beruflichen Alltag jedoch nicht gemeinsam tätig. Gruppensupervision realisiert sich häufig im Kontext von Weiterbildung oder berufsbegleitender Fortbildung. Eine besondere Stärke des Gruppensettings liegt in der Fülle und der Vielfalt der in unterschiedlichen Arbeitskontexten gewonnen Berufserfahrung. Weitere Vorteile sind in den parallel ablaufenden supervisionsbegleitenden Gruppenprozessen begründet, die oft kognitive und affektive Beziehungsmuster des Fallgeschehens widerspiegeln.
Fallsupervision: Sowohl im Einzel- als auch im Gruppensetting werden in der Fallsupervision konkrete Fälle aus der beruflichen Praxis der SupervisandInnen in die Supervision eingebracht und besprochen. Vorteile der Fallsupervision liegen darin, dass sich auf diese Weise das Fallverständnis der SupervisandInnen verändern kann, in der Auseinandersetzung mit dem konkreten Fallgeschehen neue Ideen für die praktische Arbeit gewonnen werden können und sich so in der Folge die Professionalität der SupervisandIn vertieft.
Teamsupervision: Einen anderen Fokus als die Fallsupervision setzt die Teamsupervision, von Heinz Kersting auch als „Arbeitssystemsupervision“ bezeichnet, in der Arbeits- und Kommunikationsprozesse und damit zusammenhängende Fragen im Mittelpunkt stehen (Kersting 1995). Mitglieder von Teams, Arbeits- oder Projektgruppen teilen denselben institutionellen Hintergrund miteinander und reflektieren in Begleitung einer SupervisorIn ihre gemeinsame Arbeitssituation. Ein Vorteil von Teamsupervision erwächst daraus, dass alle oder zumindest die meisten in denselben Arbeitsprozess eingebundenen Personen bei den Besprechungen anwesend sind und Informationsgewinnung in der Supervision gleichzeitig Informationsfluss im Team bedeutet. Ein weiterer Pluspunkt von Teamsupervision ist, dass bei institutionellen Veränderungsprozessen, Umstrukturierungen, Konzeptentwicklungen etc. durch die Anwesenheit der KollegInnen die Organisation selbst mit ihren Strukturen und Funktionen stärker im Blick ist. Eine Variante von Teamsupervision kann allerdings auch darin bestehen, dass das Setting für die Besprechung von Fällen genutzt wird und in der Folge eine Kombination aus Team- und Fallsupervision stattfindet.
Leitungssupervision: Einzel- oder Gruppenberatung von Führungskräften stellt neben der Teamsupervision eine weitere Form von Supervision dar, in der Arbeits- und Kommunikationsprozesse thematisiert und vor dem Hintergrund von Führungsaufgaben beleuchtet werden können. Der Vorteil von Leitungssupervision ist die leichtere Initiierung von strukturellen Veränderungsprozessen in Organisationen und die Nutzung des Modellcharakters der Führungskraft in kommunikativen Prozessen.
Interne Supervision: Wenn die SupervisorIn gleichzeitig hauptamtliche MitarbeiterIn der Organisation ist, in der auch die SupervisandInnen arbeiten, wird von interner oder hausinterner Supervision gesprochen. Oft übernimmt eine Leitungsperson die Rolle der SupervisorIn, und das Supervisionssetting mischt sich mit anderen in der Institution bereits existierenden Besprechungsformen, wie Teambesprechungen oder Mitarbeitergesprächen. Neben den unübersehbar eher ungünstigen Kontextvermischungen, die u. a. „Betriebsblindheit“, Zweifel an der Einhaltung der Schweigepflicht und Gefahren der Mitarbeiterkontrolle beinhalten können, hat die interne Supervision den Vorteil, dass die SupervisorIn eine hohe Feldkompetenz hat und mit den „KundInnen“, dem „Produkt“ und dem spezifischen „Markt“, in dem sich die Institution bewegt, ausreichend vertraut ist.
Intervision: Als Alternative zur Gruppensupervision stellt sich die kollegiale Peergruppenberatung dar, die in Abwesenheit einer SupervisorIn stattfindet. Eine klare Absprache bezüglich Rollenverteilung und Spielregeln hilft dabei, auch ohne Moderation von außen einen funktionierenden strukturellen Rahmen zu etablieren. Vorteile dieser selbstorganisierten Supervisionsform sind gleiche Augenhöhe, Aktivierung der Selbsthilfepotenziale, Betonung der Eigenverantwortlichkeit und nicht zuletzt die Kostengünstigkeit.
Selbstsupervision: Als Alternative zur Einzelsupervision bietet sich die Selbstsupervision an, die per definitionem logischerweise ebenfalls in Abwesenheit einer SupervisorIn stattfindet. Auch hier ist ein struktureller Rahmen, z. B. die Formulierung verschiedener Supervisionsfragen, hilfreich. Selbstsupervision kann im Sinne eines Selbstbild-Fremdbild-Abgleichs gut mit anderen Formen von Supervision ergänzt werden. Besondere Vorteile liegen ebenfalls in der Aktivierung der Selbsthilfepotenziale, in der Betonung der Eigenverantwortlichkeit, in der Kostengünstigkeit und nicht zuletzt in der zeitlichen Flexibilität. Tabelle 3 fasst die Besonderheiten der Supervisionsformen knapp zusammen.