Echte Schauermärchen der Weltliteratur. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Echte Schauermärchen der Weltliteratur - Группа авторов страница 2

Echte Schauermärchen der Weltliteratur - Группа авторов

Скачать книгу

der Oberbefehlshaber aller der Mächte in der Luft zu sein scheint, ist die Erscheinung eines Reiters ohne Kopf. Einige sagen, es sei der Geist eines hessischen Kavalleristen, dem eine Kanonenkugel, in irgend einer namenlosen Schlacht während des Revolutionskrieges, den Kopf weggenommen habe, und der von Zeit zu Zeit von den Landleuten, in der Dunkelheit, wie auf Windesflügeln dahin reitend, gesehen wird. Seine Besuche sind nicht allein auf das Thal beschränkt, sondern dehnen sich auch zu Zeiten auf die nahegelegenen Landstraßen, und namentlich bis in die Nähe einer Kirche aus, welche in einer nicht großen Entfernung liegt. In der Tat, einige der glaubwürdigsten Geschichtsschreiber jener Gegenden, welche die zerstreuten Angaben über dieses Gespenst sorgfältig gesammelt und mit einander verglichen haben, führen an, dass, nachdem der Körper des Reiters auf dem Kirchhofe beerdigt worden, der Geist Nachts auf das Schlachtfeld reite, um seinen Kopf zu suchen, und dass die gewaltige Eile, in welcher er zuweilen, wie ein mitternächtlicher Sturmwind, durch die Schlucht sauset, daher komme, dass er sich verspätet habe und in solcher Hast vor Tagesanbruch auf dem Kirchhofe zurücksein wolle.

      So lautet im Allgemeinen dieser sagenhafte Aberglaube, welcher Stoff zu mancher abenteuerlichen Geschichte in jenem Schattenbezirke geliefert hat; und das Gespenst ist an allen Kaminen im Lande, unter dem Namen des kopflosen Reiters aus der schläfrigen Schlucht bekannt.

      Es ist merkwürdig, dass die Neigung, Gesichte zu sehen, deren ich erwähnt habe, sich nicht auf die Eingebornen des Thales beschränkt, sondern dass ein Jeder, der dort eine Zeitlang sich aufhält, unbewusst davon ergriffen wird. So hellwachend und unbefangen er auch gewesen sein mag, ehe er diese schläfrige Gegend betrat, so kann er gewiss sein, in kurzer Zeit äußert sich der bezaubernde Einfluss der Luft bei ihm, und er fängt an, einbildungsreich zu werden – Träume zu haben und Erscheinungen zu sehen.

      Ich erwähne dieses friedlichen Flecks mit allem möglichen Lobe; denn in solchen kleinen einsamen holländischen Tälern, welche man hie und da in dem großen Staate von Neu-York antrifft, bleiben Bevölkerung, Sitten und Gewohnheiten unverändert; während der große Strom der Wanderung und Ausbildung, der in anderen Teilen dieses rastlosen Landes so unaufhörliche Veränderungen bewirkt, bei ihnen unbemerkt vorüberrauscht. Sie sind wie jene kleinen Winkel stillen Wassers, welche man an den Ufern eines reißenden Stromes findet; wo man das Stroh und die Wasserblasen ruhig liegen, oder in ihrem kleinen Hafen umhertreiben sieht, von der Gewalt der vorbeieilenden Strömung bewegt. Obgleich manche Jahre verflossen sind, seitdem ich die betäubenden Schatten der schläfrigen Schlucht betreten, so glaube ich dennoch, dass ich noch jetzt eben dieselbe Bäume und dieselben Familien in ihrem geschirmten Schoße fortleben finden würde.

      In diesem Schlupfwinkel der Natur wohnte, in einer früheren Periode der amerikanischen Geschichte, das heißt etwa vor dreißig Jahren, ein würdiger Mann, mit Namen Ichabod Crane, der sich in der schläfrigen Schlucht aufhielt, oder dort »zauderte,« wie man sich auszudrücken pflegt, in der Absicht, die Kinder in der Umgegend zu unterrichten. Er war in Connecticut geboren; einem Staate, welcher die vereinigten Provinzen mit Arbeitern für den Geist sowie für die Waldung versieht, und alljährlich ganze Legionen von Grenzholzfällern und Landschulmeistern herausschickt. Der Zunahme Crane (Kranich) passte sich nicht schlecht zu seiner Gestalt. Er war groß, aber sehr dürr, hatte schmale Schultern, lange Arme und Beine, Hände, welche eine Meile weit aus seinen Ärmeln hervorragten, Füße, die zu Schaufeln gedient haben könnten, und seine ganze Gestalt hing höchst locker zusammen. Sein Kopf war klein und oben platt, mit gewaltigen Ohren, großen grünen, glasartigen Augen und einer langen Schnepfennase, die wie ein Wetterhahn aussah, der auf seinem Spindelhalse steckte, um zu verkünden, woher der Wind wehe. Wenn man ihn, an einem windigen Tage, von dem Abhange eines Hügels herabsteigen sah, wie seine Kleider um ihn her beutelten und schwebten, hätte ihn Jedermann für den Genius der Hungersnot, der sich auf die Erde herabließe, oder für eine, auf einem Kornfelde entlaufene Vogelscheuche nehmen mögen.

      Sein Schulhaus war ein niedriges Gebäude von einem Zimmer, roh aus Holzblöcken zusammengezimmert; die Fenster teils mit Glasscheiben versehen, teils mit Blättern aus alten Schreibbüchern verklebt. In den Feierstunden wurde es sehr künstlich dadurch verwahrt, dass eine Weidenrute in die Türklinke gebunden und Stangen von außen gegen die Fensterladen gesetzt waren, so dass ein Dieb, wenn er gleich mit vollkommener Leichtigkeit in das Haus gelangen konnte, einige Schwierigkeiten gefunden haben würde, wieder herauszukommen: ein Gedanke, welchen der Baumeister Jost van Houten höchst wahrscheinlich von dem Geheimnis einer Aalreuse geborgt hatte. Das Schulhaus stand in einer etwas einsamen, aber angenehmen Gegend, gerade an dem Fuße eines waldigen Hügels, an dem ein Bach nahe vorbei floß, und an einer Ecke des Gebäudes erhob sich eine furchtbare Birke. Von hier aus konnte man an einem schläfrigen Sommertage das leise Gemurmel der Stimme seiner Schüler, die ihre Aufgaben hersagten, wie das Summen eines Bienenschwarms, vernehmen; dann und wann wurde dieses Geflüster durch die nachdrucksvolle Stimme des Lehrers, der einen Befehl oder eine Drohung laut werden ließ, oder wohl auch durch den entsetzlichen Schall der Rute unterbrochen, wenn er irgend einen auf dem blumigen Pfade des Wissens träge Dahinschlendernden ermunterte. Er war, die Wahrheit zu sagen, ein gewissenhafter Mann, der den goldenen Spruch stets im Sinne trug: »Spare die Rute und verziehe das Kind.« Ichabod Crane’s Schüler wurden gewiss nicht verzogen.

      Ich will indessen Niemand zur Ansicht verleiten, er sei einer von den grausamen Schulmonarchen gewesen, welche sich der Leiden ihrer Untertanen freuen; im Gegenteil, er verwaltete die Gerechtigkeit eher mit ruhiger Überlegung, als mit Strenge; denn er nahm von den Schultern der Schwachen die Last hinweg, und legte sie denen der Starken auf. Bei dem schwächlichen Knaben, der bei der geringsten Bewegung mit der Rute zuckte, ging sie mit Milde vorüber; aber den Forderungen der Gerechtigkeit ward volle Genüge dadurch, dass ein doppeltes Maaß irgend einem kleinen, zähen, starrköpfigen, breitschultrigen holländischen Buben aufgezählt wurde, der unter der Rute aufbrauste, sich spreizte, heimtückisch wurde und sich verstockt zeigte. Alles dies nannte er »an ihrer Eltern statt seine Pflicht tun,« und er erteilte nie eine Züchtigung, ohne ihr die für den geschlagenen Buben so tröstliche Versicherung folgen zu lassen, dass »er gewiss daran gedenken, und ihm den spätesten Tag, den er zu leben habe, noch dafür danken werde.«

      Nach dem Schlusse der Schulstunden ward er sogar der Gefährte und Spielgenosse der größeren Knaben; und an Feiertagsnachmittagen führte er auch wohl Manche von den Kleineren heim, die zufällig artige Schwestern hatten, oder deren Mütter gute Hausfrauen und ihrer reichlich versehenen Schenktische willen bekannt waren. In der Tat, er hatte es nötig, mit seinen Schülern auf gutem Fuße zu bleiben. Die Einkünfte, welche ihm aus seiner Schule wurden, waren gering und würden kaum zu dem täglichen Brot hingereicht haben, denn er war ein gewaltiger Esser, und hatte, bei all seiner Magerkeit, doch die Ausdehnbarkeit einer Anakonda; allein er erhielt, um sein Auskommen zu erleichtern, nach der in jenen Gegenden üblichen Sitte, in den Häusern der Gutsbesitzer, deren Kinder er unterrichtete, Kost und Wohnung. Bei diesen wohnte er abwechselnd eine Woche, und machte auf diese Weise, indem er alle seine weltlichen Habseligkeiten in ein baumwollenes Schnupftuch band, die Runde bei ihnen.

      Damit dies jedoch die Beutel seiner ländlichen Gönner, welche die Kosten des Schulhaltens als eine beschwerliche Bürde und die Schulmeister als bloße Hummeln anzusehen pflegten, nicht zu sehr beschweren möchte, hatte er allerhand Auswege, sich sowohl nützlich als angenehm zu machen. Er stand den Landleuten bei den leichtern Feldarbeiten bei; half ihnen beim Heumachen; besserte die Zäune aus; ritt die Pferde in die Tränke; trieb die Kühe von der Weide; und spaltete Holz für das Winterfeuer. Er legte auch die gebietende Würde und das unumschränkte Herrscherwesen, womit er sein kleines Reich, die Schule, regierte, ab, und wurde wunderbar freundlich und einschmeichelnd. Er fand Gnade in den Augen der Mütter, indem er die Kinder, besonders die Jüngern, liebkoste und pflegte, wie der Leue kühn, der so großsinnig weiland das Lamm umfing, mit einem Kinde auf einem Knie dazusitzen und ganze Stunden mit dem Fuße eine Wiege zu schaukeln.

      Zu seinen andern Berufsgeschäften kam auch noch das eines Singlehrers der Gegend, und er gewann sich manchen blanken Schilling dadurch, dass er die jungen Bursche im Psalmsingen unterrichtete.

Скачать книгу