Echte Schauermärchen der Weltliteratur. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Echte Schauermärchen der Weltliteratur - Группа авторов страница 9

Echte Schauermärchen der Weltliteratur - Группа авторов

Скачать книгу

und Störrigkeit abgelegt hatte.

      Ichabod, der an diesem fremden mitternächtlichen Gesellschafter keine Freude hatte, und dem das Abenteuer des Brom Bones mit dem galoppierenden Hessen einfiel, trieb jetzt sein Ross an, in der Hoffnung, ihn hinter sich zu lassen. Der Fremde ließ jedoch sein Ross zu gleicher Schnelle an. Ichabod hielt an, ritt Schritt, und dachte nun, hinten zu bleiben – der Andere tat dasselbe. Sein Herz fing an zu verzagen; er suchte seinen Psalmton wieder anzustimmen, allein seine trockene Zunge klebte ihm am Gaumen, und er konnte keine einzige Strophe herausbringen. Es lag etwas in dem mürrischen, finstern Stillschweigen seines beharrlichen Gefährten, das geheimnisvoll und niederschlagend war. Die Ursache davon erklärte sich bald auf eine furchtbare Weise. Als Ichabod eine Anhöhe hinaufritt, welche die Gestalt seines Reisegefährten frei zeigte, von riesenhafter Größe und in einen Mantel gehüllt, war er von Entsetzen zerschmettert, denn er sah, dass sie keinen Kopf hatte! – aber sein Entsetzen wuchs, als er bemerkte, dass er den Kopf, der auf den Schultern hätte stehen sollen, vor sich auf dem Sattelknopfe trug. Sein Schrecken stieg zur Verzweiflung; er ließ Püffe und Stöße auf Gunpowder regnen, und hoffte, durch eine plötzliche Bewegung seinem Gefährten den Rang abzugewinnen – aber das Gespenst sprengte so schnell dahin, wie er. Dahin sausten sie denn, durch Dick und Dünn; die Steine stoben und die Funken flogen bei jedem Satze. Ichabod’s leichte Gewänder flatterten in der Luft, indem er in dem Eifer seiner Flucht den langen dünnen Leib vorwärts über des Pferdes Kopf dahinstreckte.

      Sie hatten nun den Weg erreicht, welcher abwärts nach der schläfrigen Schlucht führt; aber Gunpowder, der von einem Dämon besessen zu sein schien, machte, statt die Straße zu verfolgen, eine entgegengesetzte Wendung, und stürzte links den Hügel hinab. Dieser Weg führt durch eine sandige Schlucht und ist eine Viertelmeile lang von Bäumen beschattet, bis da, wo er über die Geisterbrücke geht, und dann dicht jenseits derselben der grüne Hügel anschwillt, auf welchem die weißgetünchte Kirche steht.

      Bis jetzt hatte der Schrecken des Pferdes seinem unkundigen Reiter einen anscheinenden Vorteil bei dem Wettrennen gegeben; aber gerade, als er ungefähr die Mitte der Schlucht erreicht hatte, ließ der Gurt des Sattels nach, und er fühlte diesen unter sich entgleiten. Er ergriff ihn bei dem Knopfe und suchte ihn festzuhalten, aber vergebens; und er hatte gerade nur Zeit genug, den alten Gunpowder um den Hals zu fassen, als der Sattel auf die Erde fiel, und er seinen Verfolger darüber hin traben hörte. Auf einen Augenblick kam die Furcht vor Hans van Ripper’s Zorn über seine Seele, – denn es war dessen Sonntagssattel; allein es war keine Zeit für kleinliche Besorgnisse; der Kobold war ihm hart auf den Fersen, und als ungeschickter Reiter hatte er viel Mühe, sich in dem Sitze zu erhalten; zuweilen glitt er auf der einen Seite, zuweilen auf der andern herab, und öfters prallte er auf den scharfen Rückgrat seines Pferdes mit einer solchen Gewalt, dass er in der Tat fürchtete, mitten voneinander gespalten zu werden.

      Eine Öffnung in den Bäumen erfreute ihn jetzt mit der Hoffnung, dass die Kirchenbrücke nicht mehr fern sei. Das zitternde Abbild eines silbernen Sternes in dem Schoß des Baches überzeugte ihn, dass er sich nicht geirrt habe. Er sah die Mauern der Kirche zwischen den Bäumen jenseits hindurch glänzen. Er erinnerte sich des Ortes, wo des Brom Bones geistiger Nebenbuhler verschwunden war. »Wenn ich nur diese Brücke erreichen kann,« dachte Ichabod, »bin ich in Sicherheit.« Gerade da hörte er das schwarze Ross dicht hinter sich keuchen und schnauben; er glaubte sogar seinen heißen Odem zu fühlen. Noch ein krampfhafter Rippenstoß und der alte Gunpowder sprang auf die Brücke; er donnerte über die tönenden Bretter; er erreichte das entgegengesetzte Ufer; und nun warf Ichabod einen Blick hinter sich, um zu sehen, ob sein Verfolger, der Regel nach, in einer Wolke von Feuer und Schwefel verschwinden würde. Gerade jetzt sah er den Kobold sich in den Steigbügeln erheben und eben im Begriffe, ihm seinen Kopf nachzuschleudern. Ichabod suchte der furchtbaren Wurfwaffe auszuweichen, aber umsonst. Sie begegnete mit einem gewaltigen Krache seinem Schädel – er stürzte kopfüber in den Staub, und Gunpowder, das schwarze Ross und der gespenstige Reiter sausten wie ein Wirbelwind vorüber.

      Am nächsten Morgen wurde das alte Pferd ohne Sattel, und mit dem Zaume unter den Füßen, ganz ruhig vor seines Herrn Thür im Grase weidend, gefunden. Ichabod erschien nicht beim Frühstück – die Mittagessensstunde kam, aber kein Ichabod. Die Knaben versammelten sich im Schulhause, und schlenderten müßig am Ufer des Baches umher, aber kein Schulmeister war zu sehen. Hans van Ripper begann nun über das Schicksal des armen Ichabod und seines Sattels besorgt zu werden. Man erkundigte sich und kam nach genauer Nachforschung auf seine Spur. An einer Stelle des Weges, welcher nach der Kirche führte, fand man den Sattel in den Kot getreten; die Spuren von Pferdehufen, tief in den Weg eingedrückt, und offenbar wilde Eile bezeichnend, konnte man bis an die Brücke verfolgen, jenseits welcher, am Uferende einer breiten Stelle des Baches, wo das Wasser tief und schwarz war, der Hut des unglücklichen Ichabods, und dicht dabei ein zertrümmerter Kürbis gefunden ward.

      Man durchsuchte den Bach, konnte aber den Körper des Schulmeisters nicht auffinden. Hans van Ripper untersuchte, als sein Testamentsvollstrecker, das Bündel, welches alle seine weltlichen Habseligkeiten enthielt. Diese bestanden aus zwei und einem halben Hemde; zwei Halsbinden; einem oder zwei Paar wollenen Strümpfen; einem alten Paar kurzer manchesterner Beinkleider; einem rostigen Rasiermesser; einem Buche mit Psalmmelodien, voll von Ohren; und einer zerbrochenen Thon-Pfeife. Was die Bücher und Möbel im Schulhause betraf, so gehörten sie der Gemeinde, mit Ausnahme von Cotton Mather’s Geschichte der Zauberei, einem Kalender für Neu-England, und einem Buche über Träume und Weissagungen; in welchem letzteren sich ein Bogen Schreibpapier befand, auf welchem mehrere verunglückte Versuche von Versen, zu Ehren der Erbin van Tassel’s, zu lesen waren. Diese Zauberbücher und das poetische Gekritzel übergab Hans van Ripper ungesäumt den Flammen; und da er aus dem sogenannten Lesen und Schreiben nie etwas Gutes hatte entstehen sehen, beschloss er, seine Kinder nicht mehr in die Schule zu senden. Das Geld, welches der Schulmeister besaß, und er hatte seine vierteljährige Besoldung nur erst vor einem oder zwei Tagen empfangen, musste er zur Zeit seines Verschwindens bei sich gehabt haben.

      Diese geheimnisvolle Begebenheit gab am folgenden Sonntage in der Kirche zu manchen Vermutungen Anlass. Haufen von müßigen Zuschauern und Klätschern versammelten sich auf dem Kirchhofe, an der Brücke, und an der Stelle, wo man den Hut und den Kürbis gefunden hatte. Die Geschichten von Brouwer, von Bones und einer Anzahl von andern wurden wieder in das Gedächtniss zurückgerufen, und nachdem man sie alle gehörig hin und her überlegt und mit allen Einzelheiten des gegenwärtigen Falls verglichen hatte, schüttelten die Leute ihre Köpfe, und kamen endlich zu dem Schluss, dass Ichabod von dem galoppierenden Hessen hinweg geführt worden sei. Da er ein Junggesell und Niemand etwas schuldig war, so bekümmerte sich keiner mehr um ihn: die Schule wurde in eine andere Gegend der Schlucht verlegt, und ein anderer Pädagoge herrschte an seiner Stelle.

      Es ist wahr, ein alter Landmann, der mehrere Jahre nachher nach New-York zum Besuche gereist war, und den man diese Geistergeschichte hatte erzählen hören, brachte die Nachricht nach Hause, Ichabod Crane sei noch am Leben, er habe, teils aus Furcht vor dem Gespenste und vor Hans van Ripper, teils aus Ärger darüber, dass er so plötzlich von der reichen Erbin abgewiesen worden, die Gegend verlassen, sich in einem entfernten Theile des Landes angesiedelt, Schule gehalten, und zu gleicher Zeit die Rechte studiert; sei Advokat, Politiker und Wähler geworden, habe für die Zeitungen geschrieben, und sei endlich zum Richter in dem Zehn-Pfund-Gericht ernannt worden. Auch Brom Bones, der kurz nach seines Nebenbuhlers Verschwinden die blühende Katharina im Triumphe zum Altare führte, sah man immer eine sehr schalkhafte Miene machen, wenn Ichabod’s Geschichte erzählt wurde, und er brach, wenn der Kürbis erwähnt wurde, immer in ein herzliches Gelächter aus; woraus Einige schließen wollten, dass er von der Sache mehr wüsste, als er zu sagen für gut fände.

      Die alten Bauernweiber jedoch, welche in diesen Sachen die besten Richterinnen sind, behaupten bis auf diesen Tag, Ichabod sei durch übernatürliche Kräfte verschwunden; und es ist eine Lieblingsgeschichte, welche sehr oft in der Nachbarschaft bei dem Winterabendfeuer erzählt wird. Die Brücke wurde mehr als je zum Gegenstand der abergläubischen

Скачать книгу