Zeit zählt. Andrew Abbott

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Zeit zählt - Andrew Abbott Positionen – Sozialforschung weiter denken

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Suche nach den divergierenden theoretischen Vorstellungen von Ereignisordnungen, die in der Soziologie unzweifelhaft vorhanden sind. Er diskutiert dann gleichermaßen kontinuierliche Modelle, die einen schleichenden Wandlungsprozess unterstellen (darunter historistische Erklärungen oder Evolutionssequenzen), wie diskontinuierliche Ansätze, die Sozialität in prozessualer Hinsicht mit Verweis auf ein wiederkehrendes Auftreten massiver Brüche des Gewohnten charakterisieren.15 Solche Sequenzmodelle, zu denen die vielfach verwendeten »Lebenszyklen« oder auch »Karrieren« zählen, sind jedoch, wie Abbott feststellt, aufgrund ihrer Simplizität zumeist mit erheblichen Problemen konfrontiert, insofern sie kaum je die tatsächliche Volatilität der identifizierten Prozesse und/oder das Zusammenstoßen je unterschiedlicher Prozesse und deren differierende Zeitlichkeit und Länge in Rechnung stellen.16 Die Konsequenz ist, dass es dann nicht zufällig, sondern theorieimmanent kaum je gelingt, in all diesen Prozessen Kontingenzen einzufangen. Das zentrale Problem sind dabei oftmals höchst simplifizierende Annahmen über die Variablen, welche die Prozesse jeweils vorantreiben sollen.17 Wie Abbott ausführt, liegt Variablenvorstellungen oft selbst wieder ein höchst vereinfachtes und damit problematisches Modell von Kausalität zugrunde, wonach der Wert einer Variable gewissermaßen ohne jeglichen Kontext, also auch ohne die Vorgeschichte des Wertes dieser Variable zu kennen, richtig eingeschätzt werden könne. Dagegen behauptet Abbott zu Recht, dass die Kausalwirkung von Variablen immer lokal sei, dass sie sich also nicht einfach auf andere Situationen übertragen lasse, eine Operation, die aber nichtsdestotrotz in den meisten statistischen Verfahren unreflektiert vorgenommen wird.

      Abbott bezweifelt, dass Modelle interdependenter Variablen generalisierende Kausalaussagen erlauben. Er fragt deshalb provokant, ob man Generalisierungen nicht auch über Geschichten im Sinn von Narrativen anstreben sollte, weil solche »Storys« oft genügend Einheit und Kohärenz aufweisen, sich mithin auch formalisieren lassen. Könnte man nicht auch fragen, ob bestimmte Storys und Sequenzabfolgen immer wieder auftauchen? Abbott wird bei seinen späteren Versuchen der Entwicklung einer Prozesssoziologie, die hohen theoretischen wie methodischen Ansprüchen genügt, auf diese Frage erneut zurückkommen und dabei auf eine Position zusteuern, die dann nur noch wenige Gemeinsamkeiten mit konventionellen Annahmen soziologischen Forschens aufweist.

      1)dass die soziale Welt immer schon aus festen, abgrenzbaren und insofern leicht zu identifizierenden Einheiten bestehe, denen lediglich ein sich zeitlich ändernder Wert zugeschrieben werden müsse – beispielsweise die Durchgriffsfähigkeit eines vorhandenen Staatsapparates, die je nach Beamtenzahlen zu- und abnimmt, die Stärke einer klar zu beschreibenden Arbeiterklasse, die sich – gemessen an den Zahlen zur Parteizugehörigkeit – verändert etc.;

      2)dass Kausalität vom Großen zum Kleinen verlaufe, also große und massive soziale Veränderungsprozesse auch durch ebenso bedeutende Kausalstränge (und nicht durch kleine Zufälle) herbeigeführt würden;

      3)dass das Attribut, also der Wert einer Einheit, eine und nur eine kausale Wirkung habe;

      4)dass die Ordnung und Reihung der Ereignisse für ein Kausalgeschehen keinen großen Unterschied ausmachten (mit Ausnahme der banalen Einsicht, dass das Explanans zeitlich vor dem Explanandum zu verorten sei);

      5)dass die Einheiten und die von ihnen ausgehenden Kausalwirkungen als unabhängige Fälle zu behandeln seien, dass man also eine strukturelle Determiniertheit vernachlässigen könne;

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