Systemtheorie. Christian Schuldt
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Im Rahmen einer Fortbildung lernte Niklas Luhmann 1960/61, damals noch Verwaltungsbeamter, Talcott Parsons und dessen Theorie kennen. Und er entdeckte gravierende Defizite: »Ich hatte die Vorstellung, dass Funktion nicht von Strukturen abhängig, sondern ein auswechselbarer Gesichtspunkt ist.« (Auw, 133) Diese »funktionale Äquivalenz« spielt in Luhmanns Theorie eine wichtige Rolle und begünstigte auch die zahlreichen interdisziplinären Schnittstellen. Ausgehend von der Differenz zu Parsons‘ Systemtheorie vollzog Luhmann seit den 1970er-Jahren einen grundlegenden Wandel in der Systemtheorie: die Umstellung auf das neue Paradigma der selbstreferenziell-geschlossenen, umweltoffenen Systeme.
Mit Luhmanns Theorie ist die vorerst letzte Stufe in der Evolution der Allgemeinen Systemtheorie erreicht. Begonnen hatte sie mit der Unterscheidung Teil/Ganzes, auf die sich noch Emile Durkheim berief: Ein System wurde als geschlossene Ganzheit betrachtet, die aus mehreren Teilen zusammengesetzt ist. Es folgte die Unterscheidung System/Umwelt, maßgeblich ins Leben gerufen von dem Wiener Zoologen Ludwig von Bertalanffy (1901-1972), die Talcott Parsons dann strukturfunktionalistisch auslegte.
Luhmann schließlich setzt auf das Primat von Funktion und Selbstreferenz, mit dem Ziel einer fachuniversalen Theorie, die den gesamten Gegenstandsbereich der Soziologie systemtheoretisch beschreibt – und doch hochgradig selbstreferenziell strukturiert ist.
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