Das Internationale Militärtribunal von Nürnberg 1945/46. Rainer Huhle

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Das Internationale Militärtribunal von Nürnberg 1945/46 - Rainer Huhle

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Hände und Füße weiß froren, und daß ihre Körper dann durch ein heißes Bad bald wieder völlig „aufgewärmt“ worden waren. Der Triumph der Nazi-Wissenschaft waren jedoch „Erwärmungsversuche durch animalische Wärme“. Um das Opfer, das beinahe erfroren war, wurden Körper Lebender Frauen gelegt, bis es wieder zu sich kam und auf seine Umgebung mit Geschlechtsverkehr reagierte (1616-PS). Damit erreichte die Verkommenheit der Nazis ihren tiefsten Stand.

      Ich belaste nicht gern das Protokoll mit solchen krankhaften Geschichten, aber wir haben die traurige Aufgabe, über Männer zu Gericht zu sitzen, die Verbrecher sind, und dieses sind die Dinge, die sich nach Aussage ihrer eigenen Helfershelfer zugetragen haben. Wir werden Ihnen die Konzentrationslager im Film genau in dem Zustand zeigen, in dem die Armeen der Alliierten sie bei ihrer Ankunft vorgefunden haben, und die Maßnahmen, die General Eisenhower treffen mußte, sie zu säubern. Unser Beweismaterial wird widerwärtig sein, und Sie werden sagen, ich hätte Ihnen den Schlaf geraubt. Aber das sind die Dinge, die den Ekel und Abscheu der Welt erregt und dazu geführt haben, daß in den zivilisierten Ländern jede Hand sich erhob gegen Nazi-Deutschland.

      Deutschland wurde eine riesige Folterkammer. Die Schreie der Opfer wurden in der ganzen Welt gehört und ließen die Gesitteten erschauern ringsum. Ich gehöre zu denen, die während des Krieges die meisten Greuelgeschichten mißtrauisch und mit Zweifel aufgenommen haben. Aber die Beweisstücke, die wir vorlegen, werden überwältigend sein, und ich wage vorauszusagen, daß nicht eines meiner Worte widerlegt werden wird. Die Angeklagten werden nur ihre persönliche Verantwortung abstreiten oder behaupten, ihnen seien diese Dinge nicht bekannt gewesen.

      In jener Wirrnis geheimer Überwachung und ränkevoller List, wie sie von einem modernen Staate noch niemals ertragen worden ist, in einer Verfolgung und Folterung, wie sie die Welt seit vielen Jahrhunderten nicht mehr heimgesucht haben, wurde alles, was anständig und mutig zugleich war im deutschen Volke, vernichtet. Was anständig, aber schwach war, wurde eingeschüchtert. Offener Widerstand, der nie mehr als matt und unentschlossen gewesen war, verschwand. Aber Widerstand, wie ich gern feststelle, blieb immer vorhanden, wenn er auch nur in Ereignissen wie dem mißlungenen Anschlag auf Hitler am 20. Juli 1944 offenbar wurde. Als der Widerstand sich nur noch unterirdisch halten konnte, hatten die Nazis den Staat in ihre Gewalt gebracht.

      Sie ließen sich aber nicht daran genug sein, die Stimmen des Widerspruchs stumm zu machen. Sie schufen sich ein System der Aufsicht und Lenkung, das im Werben um Zustimmung und Bereitwilligkeit nicht minder wirksam war als ihre Einrichtungen zum Niederhalten des Gegners. Eine Propaganda, wie sie bis dahin nicht bekannt war, erweckte in der Partei und ihren Gliederungen immer von neuem Begeisterung und Hingabe, wie wir Demokraten sie nur für einige Tage vor einer großen Wahl aufbringen können. Sie stützten sich auf das von ihnen geprägte und ausgebildete „Führerprinzip“, das die Herrschaft der Partei und des von der Partei beaufsichtigten Staates über das Leben und Denken des deutschen Volkes in sich zusammenfaßte, eines Volkes, das gewohnt ist, zu dem Staat – gleichgültig wer ihn regiert – mit einem geheimnisvollen Schauer der Ehrfurcht aufzublicken, wie er meinem Volke unbegreiflich ist.

      Alle diese Führungsmittel wurden von Anfang an mit einem Eifer ohnegleichen zu dem einen Zweck benutzt, Deutschland kriegstüchtig zu machen. Wir werden aus den eigenen Unterlagen der Nazis nachweisen, wie die militärische Ausbildung und die Aufstellung einer Luftwaffe im geheimen betrieben wurde, bis dann schließlich die allgemeine Wehrpflicht eingeführt wurde. Die Männer aus Wirtschaft, Industrie und Finanz beteiligten sich an dem gemeinsamen Plan und forderten eine weitgehende Anpassung der Industrie und der Geldwirtschaft, um mit einer beispiellosen Zusammenfassung aller Hilfsquellen und Kräfte die Kriegsvorbereitungen zu unterstützen.

      Deutschland überholte seine Nachbarn in der Aufrüstung so sehr, daß es in etwa einem Jahre die gesamte Militärmacht des europäischen Festlandes, mit Ausnahme Sowjetrußlands, zu zerschlagen und dann die russischen Armeen bis zur Wolga zurückzudrängen vermochte. Diese Vorbereitungen waren so gewaltig, daß sie weit über das für die Verteidigung Notwendige hinausgingen. Jeder der Angeklagten – und jeder Deutsche, der sich Gedanken machte – wußte denn auch sehr wohl, daß sie Angriffszwecken dienen sollten.

      Bevor die Nazis zum offenen Angriffskrieg übergingen, unternahmen sie einige ziemlich vorsichtige Versuche, den Geist und den Widerstandswillen derer zu erproben, die ihnen im Wege standen. Sie rückten vor, aber nur so weit, wie die anderen nachgaben, und hielten sich eine Rückzugsstellung frei, falls sie auf eine Stimmung treffen sollten, die Beharrlichkeit gefährlich machte.

      Am 7. März 1936 besetzten die Nazis das Rheinland und gingen dann dazu über, es unter Verletzung des Vertrages von Versailles und des Locarnopaktes zu festigen. Sie stießen auf keinen wesentlichen Widerstand und wurden ermutigt, den nächsten Schritt zu tun: die Einverleibung Österreichs. Trotz wiederholter Versicherungen, daß Deutschland keine Absichten auf Österreich habe, wurde der Einmarsch vollzogen. Die Drohung mit einem Angriff zwang Schuschnigg, als österreichischer Bundeskanzler zurückzutreten und den Nazi-Angeklagten Seyß-Inquart an seine Stelle zu setzen. Dieser öffnete sofort die Grenze und forderte Hitler auf, nach Österreich einzumarschieren, „um die Ordnung aufrechtzuerhalten“. Am 12. März begann der Einmarsch. Am nächsten Tage erklärte sich Hitler zum Oberhaupt des österreichischen Staates und übernahm den Oberbefehl über die österreichische Wehrmacht. Ein Gesetz wurde verkündet, das Österreich an Deutschland angliederte.

      Die Drohung mit dem Angriff war erfolgreich gewesen, ohne Widerstand hervorzurufen. Dennoch waren Befürchtungen wachgeworden. Sie wurden beschwichtigt durch eine Versicherung an die Regierung der Tschechoslowakei, daß kein Angriff gegen dieses Land beabsichtigt sei. Wir werden nachweisen, daß die Nazi-Regierung zu jener Zeit die Pläne für den Angriff bis in die Einzelheiten ausgearbeitet hatte. Wir werden Ihnen die Schriftstücke vorlegen, nach denen die Verschwörer planten, einen Zwischenfall zu schaffen, um den Angriff zu rechtfertigen. Sie erwogen sogar die Ermordung ihres eigenen Gesandten in Prag, um einen genügend dramatischen Zwischenfall zu schaffen. Sie führten nach Kräften eine politische Krise herbei, die den Sommer hindurch anhielt. Hitler setzte den 30. September als den Tag fest, an dem die Truppen zum Schlag bereit sein sollten. Unter der unmittelbaren Kriegsdrohung schlossen England und Frankreich am 29. September 1938 in München mit Deutschland und Italien ein Abkommen, das die Tschechoslowakei aufforderte, der Abtretung des Sudetenlandes an Deutschland zuzustimmen. Mit der deutschen Besetzung am 1. Oktober 1938 wurde dieses Abkommen vollzogen. Das Münchener Abkommen hatte zugesichert, daß sich keine weiteren Angriffshandlungen gegen die Tschechoslowakei richten sollten, aber diese Zusicherung der Nazis war leicht gegeben und schnell gebrochen. Am 15. März 1939 marschierten die Nazis unter Mißachtung des Münchener Abkommens in Böhmen und Mähren ein und besetzten dieses Gebiet, das Kernstück der Tschechoslowakei, soweit es noch nicht an Deutschland abgetreten war. Wieder war der Westen bestürzt, aber er fürchtete den Krieg. Er sah keinen anderen Ausweg als den Krieg und hegte dennoch die verzweifelte Hoffnung, daß der fiebernde Drang der Nazis nach Ausdehnung sich nun beruhigt haben möge. Die Nazi-Welt aber war berauscht von diesen – in offenem Bündnis mit Mussolini und im heimlichen mit Franco – eingeheimsten Erfolgen die auf keinen Widerstand gestoßen waren.

      Nachdem die Verschwörer dann zur Täuschung und um Aufschub zu gewinnen, ihren Frieden mit Rußland geschlossen hatten, gingen sie zu dem letzten Teil ihres Planes über, den Krieg von neuem zu beginnen.

      Ich will diese Rede nicht verlängern, indem ich im einzelnen der Entwicklung bis zum Ausbruch des Angriffskrieges nachgehe, der mit dem Einmarsch in Polen am 1. September 1939 begann. Die Vorgänge werden Ihnen aus den Dokumenten, darunter den Akten des Oberkommandos der Wehrmacht, dargelegt werden. Die Pläne waren lange im voraus festgelegt worden. Bereits im Jahre 1935 ernannte Hitler den Angeklagten Schacht zum „Generalbevollmächtigten für die Kriegswirtschaft“ (2261-PS). Wir besitzen das Tagebuch des Generalobersten

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