Ostseeküste - Mecklenburg-Vorpommern Reiseführer Michael Müller Verlag. Sabine Becht
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Die Poeler Kogge
Auf der Wissemara müssen auch die Passagiere mitanpacken
1997 spülte ein Sturm Wrackteile an den Strand von Timmendorf auf der Insel Poel. Bei der daraufhin einsetzenden Suche fanden Unterwasserarchäologen das gut erhaltene Wrack eines Schiffes und datierten es auf das 14. Jh. Der Fund dessen, was man für eine Hansekogge hielt, machte Schlagzeilen. Man vermutet, auf das bis dato größte Frachtschiff des Spätmittelalters gestoßen zu sein. Bei einer Länge von 31,5 Metern und einer Breite von 8,5 Metern hatte die so genannte Poeler Kogge ein Fassungsvermögen von über 200 Tonnen. Gleichzeitig hatte sie einen relativ geringen Tiefgang, was sie für das Befahren von Bodden und Haff geeignet machte. Das bei Poel geborgene Wrack wurde nach Schwerin gebracht, wo weitere Untersuchungen angestellt und die Konservierung gewährleistet werden sollen.
Im Jahr 2000 begann ein faszinierendes Projekt auf dem Feld der experimentellen Archäologie: Im Hafen von Wismar entstand ein originalgetreuer Nachbau der Poeler Kogge unter Zuhilfenahme spätmittelalterlicher Techniken des Bootsbaus. Wie beim Original wurde vornehmlich mit Kiefernholz, teils auch mit Eiche gebaut. Alle 34.000 der eingeschlagenen Eisennägel sind von Hand geschmiedet. Der 32 Meter hohe Mast besteht aus dem Stamm einer 120 Jahre alten Douglasie. Beteiligt waren neben all den ehrenamtlichen Bootsbauern, Schiffsbauingenieure und Bootsbaumeister, ein Nautiker und ein Archäologe. Nach sechs Jahren Bau wurde die Wissemara getaufte Kogge vom Stapel gelassen, das bauchige Transportschiff stellte sogleich seine bemerkenswerte Manövrierfähigkeit unter Beweis.
Man kann die Wissemara im Alten Hafen, wenn sie vor Anker liegt, besichtigen und mit ihr auch in See stechen. Im Sommer werden dreistündige Törns zur Insel Poel und zurück angeboten. Und wenn der Kapitän den Befehl gibt: „Klar zum Segelmanöver! Klar zur Halse!“, können auch die Passagiere mit anpacken, während die Wissemara sachte durch den Wind dreht.
Die Wissemara ist eine Attraktion, obgleich sie, nach letzten Erkenntnissen, der Nachbau eines erheblich jüngeren Schiffes ist. Man datierte das Baujahr der Poeler Kogge auf das Jahr 1773. Die Zeit der Koggen war da schon vorbei. In Wismar aber sieht man galant darüber hinweg.
♦ Gesegelt wird in etwa von Mai bis Sept., in der Nebensaison mehrmals in der Woche, im Sommer bis zu dreimal tägl. Die ehrenamtliche, etwa zehnköpfige Besatzung gibt während der Fahrt bereitwillig Auskunft über den Bau des bauchigen Seglers und technische Details, Segelverhalten und Seemannsgarn. Die etwa dreistündige Fahrt kostet 27 € (meist nachmittags) bzw. 32 € (über Mittag und mit Eintopf), jeweils pro Pers. Infos zu den Segeltörns erhält man an Bord (Anleger am Alten Hafen, in der Nähe des Baumhauses), beim Förderverein im Baumhaus, telefonisch unter Tel. 03841-304310 oder unter www.poeler-kogge.de.
St. Nikolai
Entlang der Grube: Das schiefe Gewölbe ...
Die Kirche St. Nikolai ist die dritte große Stadtkirche Wismars und ein bedeutendes Beispiel Norddeutscher Backsteingotik. Wenngleich die älteste Pfarrkirche Wismars, begann der Bau der heutigen Kirche relativ spät. Ab etwa 1380 wurde die Vorgängerkirche aus- und umgebaut. Obwohl zu dieser Zeit bereits neue architektonische Einflüsse spürbar waren, orientierten sich die Baumeister von St. Nikolai am Vorbild hochgotischer französischer Kathedralen. Entstanden ist eine prächtige dreischiffige Basilika mit schlankem Chorumgang und Kapellenkranz. Das Mittelschiff erhebt sich bei einer Breite von gerade einmal 10,5 Metern eindrucksvoll über 37 Meter in die Höhe. Der dadurch geschaffene überwältigende Raumeindruck wird von keiner Kirche an der Ostseeküste übertroffen. Ein Kleinod ist der Giebel des Südanbaus (1438/39). Der aus glasierten Backsteinen geformte Schmuckgiebel ist mit figürlichen Terrakottafriesen bestückt, die Fabeltiere, Fratzen, Heilige und Marien darstellen, darüber thront eine schmucke Blendrose. Der Kirchturm erhob sich ursprünglich dank eines enormen spitzen Turmhelmes auf eine Höhe von 120 Metern. Er wurde von einem schweren Sturm 1703 heruntergerissen und zertrümmerte das Mittelschiff.
Diese Katastrophe hatte zur Folge, dass St. Nikolai heute auch über eine bemerkenswerte barocke Innenausstattung verfügt. Hinzu kommen wertvolle Stücke, die aus den Kirchen St. Marien und St. Georgen gerettet werden konnten. Barock sind u. a. die Kanzel mit ihrer verspielten Haube (1708) und die Taufe schräg dahinter (1719). In der südlichen Vorhalle sind der prächtige Schnitzaltar (um 1430) und das Hochkreuz aus der Kirche St. Georgen untergebracht. Auf dem bronzenen Taufbecken aus St. Marien, um 1335 gegossen, sind Szenen aus dem Leben Jesu zu sehen. Beeindruckend sind auch die erhaltenen Wandmalereien: allen voran der riesige, bis ans Gewölbe hinaufreichende St. Christopherus, Schutzheiliger der Reisenden (um 1450). Empfehlenswert ist der Aufstieg in das Gewölbe im Rahmen einer kenntnisreichen Führung. Den Besuch dieser prachtvollen Kirche sollte man sich nicht entgehen lassen!
... und St. Nikolai
♦ St. Nikolai: Mai bis Sept. 8-20 Uhr, Okt. und April 10-18 Uhr, Nov. bis März 11-16 Uhr, Gottesdienst So 10 Uhr (erst danach wieder Besichtigung). Im Sommer werden für gewöhnlich täglich Gewölbeführungen angeboten (meist zwischen 10 und 15 Uhr, die nächste Führung wird jeweils angeschrieben). St. Nikolai ist eine besucherfreundliche Kirche, Fotografieren ist ausdrücklich erlaubt (dass man kein Blitzlicht in der Nähe von Wand- oder Altarmalereien verwendet, versteht sich von selbst), auch artige Hunde dürfen an der Besichtigung teilnehmen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter, die die Öffnungszeiten ermöglichen, sind sehr engagiert, www.kirchen-in-wismar.de.
Schabbellhaus mit Stadtgeschichtlichem Museum
Schräg gegenüber der Kirche St. Nikolai und auf der anderen Seite der Grube liegt das Schabbellhaus, das heute das Stadtmuseum beherbergt. Hinrich Schabbell (1531-1600) war angesehener