Ich schaffs!. Ben Furman

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ich schaffs! - Ben Furman страница 8

Автор:
Серия:
Издательство:
Ich schaffs! - Ben Furman

Скачать книгу

sich selbst als Tiger gemalt hatte, wenn doch dieses Bild so weit von der Wirklichkeit entfernt war. Die Lehrerin vermutete, dass der Junge auf diese Weise ausdrücken wollte, dass er zwar kein Tiger sei, aber doch gerne einer wäre. Wir überlegten noch eine Weile und kamen dann zu dem Schluss, dass er damit vielleicht sagen wollte, dass in ihm ein Tiger wohnt, der nur darauf wartet, von der Leine gelassen zu werden.

      Die Idee des inneren Tigers löste anfangs einiges Gelächter aus, aber nach einer Weile wurde das Bild für uns lebendig. Es ermöglichte uns, unsere Aufmerksamkeit von den vielen Problemen des Jungen weg und auf die Fähigkeiten zu lenken, die er in sich selbst entdecken muss, um sich in die gewünschte Richtung zu entwickeln. Die Metapher des Tigers half uns, die Fähigkeiten und Kompetenzen zu erkennen, die er noch entwickeln muss, wie z. B. »sich trauen, die Fragen der Lehrerin im Unterricht zu beantworten« und »sich trauen, mit den anderen Kindern zu spielen«. Es ist oft schwer, »große« Probleme wie ein geringes Selbstwertgefühl direkt anzugehen. Wenn wir aber das große Problem in mehrere kleinere zu erlernende Fähigkeiten aufteilen, können wir sofort Ideen entwickeln, wie das Kind diese Fähigkeiten erlernen kann – um den inneren Tiger zu wecken.

      Konzentrationsschwäche ist ein anderes Beispiel eines komplexen Problems, mit dem man viel leichter arbeiten kann, wenn man es in kleinere Einheiten aufteilt. Aber wenn man es sich genau überlegt, ist »mangelnde Konzentration« eigentlich kein Problem an sich. Es ist ein Überbegriff für ein weites Feld von spezifischeren Problemen. Nehmen wir an, wir würden diese alle auflisten und sie in die entsprechenden Fähigkeiten verwandeln, dann ergäbe dies wahrscheinlich solch eine Liste:

      •Die Fähigkeit, eine bestimmte Zeit lang an einem Ort zu bleiben

      •Die Fähigkeit zuzuhören, ohne zu unterbrechen

      •Die Fähigkeit abzuwarten, bis man an der Reihe ist

      •Die Fähigkeit, sich zu melden, wenn man etwas im Unterricht sagen möchte

      »Mit anderen Kindern spielen zu können« ist ein weiteres Beispiel für eine komplexe Fähigkeit, die schwer zu »knacken« wäre, ohne sie zunächst in eine Reihe kleinerer Fähigkeiten aufzuteilen.

      Harrys leicht reizbares Temperament war in der Schule so auffällig, dass er nur unter ständiger Aufsicht durch das Schulpersonal mit anderen Kindern spielen durfte. Als Harry gefragt wurde, welche Fähigkeit er lernen wolle, sagte er, dass er lernen möchte, mit anderen Kindern zu spielen. Harry wusste, dass er etwas tun musste, um seine Wutanfälle in den Griff zu bekommen.

      Sein Temperament zeigte sich zu unterschiedlichen Anlässen im täglichen Ablauf in der Schule. Eine der alarmierendsten Ausdrucksformen seines Temperaments bestand darin, dass er auf dem Klettergerüst auf dem Spielplatz plötzlich ohne Grund wütend wurde und dann ein anderes Kind vom Klettergerüst zu Boden stieß. Die Fähigkeit, die Harry am dringendsten erlernen musste, war, mit anderen Kindern auf dem Klettergerüst zu spielen, ohne jemanden herunterzuschubsen. Das war eine Fähigkeit, die für Harry einfach zu erlernen und konkret genug war, um sofort anzufangen, sie zu üben.

      Aus Sicherheitsgründen übte Harry seine Fähigkeit zunächst innerhalb des Schulgebäudes. Einmal pro Woche bekam er die Gelegenheit, mit einem anderen Kind zusammen in der Turnhalle am Reck herumzuturnen. Wenn beide Kinder auf dem Reck waren, sollte Harry dem Lehrer und seinen Schulkameraden zeigen, dass er mit dem anderen Kind eine Weile lang freundschaftlich spielen kann. Als Harry wiederholt gezeigt hatte, dass er es kann, wurde ihm erlaubt, das Gleiche auf dem Klettergerüst im Schulhof auszuprobieren. Er machte schnelle Fortschritte, und innerhalb eines Monats fühlte sich das Schulpersonal sicher genug, ihm zu erlauben, ohne Aufsicht auf dem Hof zu spielen. Praktisch sah das so aus, dass Harry von da an auf den Spielplatz gehen durfte, um mit den anderen Kindern zu spielen, selbst wenn der Aufsichtslehrer noch im Gebäude war.

      Mit etwas aufzuhören ist keine Fähigkeit

      Lassen Sie mich noch einmal betonen, dass eine Fähigkeit nicht bedeutet, etwas Falsches nicht zu tun, sondern etwas Richtiges zu tun. Dies ist ein einfaches Prinzip, aber es braucht ein wenig Übung, um es richtig hinzubekommen. Wenn man Eltern nach ihrer Meinung fragt, welche Fähigkeit ein Kind erlernen sollte, passiert es häufig, dass Sie eine Antwort wie die bekommen: »Es sollte lernen, das nicht zu tun.«

      Die folgenden vier Beispiele verdeutlichen, wie man von dem, was das Kind nicht tun soll, dahin kommt, was das Kind tun soll.

       »Welche Fähigkeit soll Sven erlernen?«

      »Er sollte lernen, zu anderen Kindern nicht gemein zu sein.«

      »Richtig. Also, in welcher Fähigkeit muss er sich verbessern, so dass er nicht mehr gemein zu anderen Kindern ist?«

      »Er sollte verstehen, dass er nicht immer derjenige sein kann, der allen anderen sagt, was sie tun und lassen sollen.«

      »Alles klar, aber um das hinzubekommen, welche Fähigkeit muss er da erlernen?«

      »Er muss lernen, mit anderen zu verhandeln.«

      »Das klingt gut. Ich bin sicher, dass Sven verstehen würde, dass es ihm etwas nützt, wenn er lernt, mit anderen zu verhandeln. Außerdem könnte ihm diese Fähigkeit viel Spaß machen.«

       »Welche Fähigkeit sollte Sheena erlernen?«

      »Sie hat die schlechte Angewohnheit, andere Leute nachzuäffen. Sie sollte lernen, damit aufzuhören.«

      »Was muss sie lernen, um diese Angewohnheit aufzugeben?«

      »Sie muss einfach damit aufhören, das ist alles.«

      »Das ist richtig, aber wir müssen uns klar darüber sein, dass es für Kinder sehr schwer ist, schlechte Angewohnheiten aufzugeben, wenn sie keine andere Angewohnheit haben, mit der sie die schlechte Angewohnheit ersetzen können. Was könnte denn diese bessere Angewohnheit sein?«

      »Das weiß ich nicht, aber ich glaube, es ist nicht so sehr die Frage, dass sie aufhören soll, andere Leute nachzuäffen, sondern, dass sie verstehen lernt, dass es manchmal in Ordnung ist, andere Leute nachzumachen, und manchmal sehr respektlos oder sogar verletzend sein kann.«

      »Ist es also so, dass sie die Angewohnheit, andere Leute nachzumachen, nicht ganz verlieren sollte, sondern dass sie lernen muss zu unterscheiden, wann es in Ordnung ist und wann nicht?«

      »Genau. Sie sollte wahrscheinlich lernen, andere Leute um Erlaubnis zu bitten, wenn sie Lust hat, sie nachzumachen, und zumindest sollte sie lernen, sich zu entschuldigen, wenn sie damit die Gefühle anderer verletzt hat.

       »Welche Fähigkeit sollte Matthias erlernen?«

      »Er sollte lernen, nicht zu lügen.«

      »Er weiß wahrscheinlich, dass er keine Geschichten erzählen soll, aber was muss er lernen, damit er das nicht mehr tut?«

      »Er muss einfach aufhören, Geschichten zu erzählen.«

      »Aber Sie wollen doch nicht, dass Matthias ganz damit aufhört, Geschichten zu erzählen, oder? Schließlich ist das ja auch eine Fähigkeit, wenn man spannende Geschichten erzählen kann. Wer weiß, vielleicht wird er ja Schriftsteller, wenn er groß ist.«

      »Nein, ich meine

Скачать книгу