Weniger schlecht Projekte managen. Anne Schüßler
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Abbildung 4-1: Das magische Dreieck der Projektarbeit mit seinen drei Ecken Zeit, Kosten und Qualität
Zunächst denken Sie vielleicht an Ihr Projektbudget, das Sie auf keinen Fall gefährden wollen und dürfen, und tatsächlich ist die Einhaltung des Projektbudgets meist das Erste, worauf der Auftraggeber oder die Geschäftsführung schaut. Das greift häufig aber deutlich zu kurz. Insbesondere bei Investitionsprojekten geht es ja darum, durch das Projekt einen nachhaltigen Gewinn zu erwirtschaften. Gehen wir nun in einem vereinfachten Beispiel davon aus, dass Sie mit der Einführung einer neuen Produktionsstraße eine Gewinnsteigerung von 10.000 Euro pro Tag erwarten. Droht hier eine zeitliche Verschiebung von einem Monat, wird eine Budgetüberschreitung von 100.000 Euro kaum ins Gewicht fallen, schließlich liegen die Mehrkosten deutlich unter den Verlusten durch eine spätere Inbetriebnahme. Eventuell können Sie aber auch darüber nachdenken, den Leistungsumfang so zu verringern, dass die Produktionsstraße zunächst fristgemäß in Betrieb gehen kann, auch wenn noch nicht alle Funktionen zur Verfügung stehen. Die fehlende Leistung kann dann nach Inbetriebsetzung erbracht werden, indem Funktionen ergänzt werden.
In der IT-Branche kann man sich ähnliche Beispiele vorstellen. Nehmen wir das bereits angerissene Beispiel einer Software, die Anträge einlesen und automatisch verarbeiten kann. Wo vorher Sachbearbeiter saßen und mühsam Daten von Hand eintippten, reicht es nun, wenn die Anträge eingescannt werden und ein Programm automatisch die Daten interpretieren und in der Datenbank speichern kann. Die Zeitersparnis lässt sich auch hier letztlich in einem angestrebten monetären Gewinn beziffern, sei es, dass die Mitarbeiter ihre Zeit sinnvoller einsetzen und so bislang brachliegende Projekte des Unternehmens weitertreiben können, sei es (die sozial weniger verträgliche Variante), dass man jetzt die ganzen Studenten rausschmeißen kann, die vorher die Antragsdaten ins System eingegeben haben.
Auch hier entsteht durch eine Verzögerung des Projekts ein Geldverlust, denn je früher die Anträge automatisiert bearbeitet werden können, desto früher können die Angestellten mit schöneren Projekten betraut oder die Hilfskräfte entlassen werden. Und auch hier muss abgewogen werden, bis wann eine Verzögerung in Kauf genommen wird oder ob die Software sinnvollerweise mit verringertem Leistungsumfang in Betrieb genommen werden kann. Hakt es zum Beispiel noch an einer fehlerfreien Erkennung aller Antragsdaten, kann die Software zwar eventuell schon in Betrieb genommen werden, die Daten laufen aber noch nicht automatisiert ins System, sondern können erst nach einer Prüfung freigegeben werden. Die Sachbearbeiter sind noch nicht vollständig von einer lästigen Aufgabe befreit, es muss aber zumindest nicht mehr alles händisch abgetippt werden. Muss man befürchten, dass die Akzeptanz der Software darunter leidet, wenn sie bei der Einführung zwar schon ganz gut funktioniert, aber nicht der seit Monaten versprochene Heilsbringer ist, entscheidet man sich eventuell auch dafür, die Verzögerung mit den entsprechenden finanziellen Verlusten hinzunehmen, um sich ganz und gar dem Leistungsversprechen zu widmen. Als weniger schlechter Projektmanager wissen Sie, welche Zielkategorie für Sie am wichtigsten ist, oder Sie kümmern sich schleunigst darum, es herauszufinden.
Projektende vs. Zwischenmeilensteine
Das oben genannte Beispiel bezieht sich auf das Projektende, und es ist in diesem Beispiel sinnvoll, zu hinterfragen, welche Zielkategorie priorisiert wird. Häufig kommt es aber auch vor, dass Zwischenmeilensteine dringend erreicht werden müssen, da ansonsten das Gesamtprojekt gefährdet ist.
In einem Bauvorhaben, an dem ich in der Rolle des Terminplaners beteiligt war, gab es einen festen Termin, zu dem die Bäume gefällt werden mussten, damit Zufahrtsstraßen gebaut werden konnten. Dazu muss man wissen, dass es gesetzliche Bestimmungen gibt, die den Zeitpunkt für das Fällen von Bäumen einschränken. Generell dürfen Bäume in der Zeit von Anfang März bis Ende September nicht gefällt werden. Eine solche Restriktion führt, sofern das Arbeitspaket »Bäume fällen« nicht fristgerecht abgearbeitet wird, zu mindestens einem halben Jahr Verzug. Kaum auszudenken, wenn dieses Arbeitspaket auch noch auf dem kritischen Pfad liegt, also auf der Linie von aufeinanderfolgenden Arbeitspaketen, die keinen Zeitpuffer erlauben. Wir werden im Kapitel 8 zur Terminplanung noch genau erklären, was es mit dem kritischen Pfad auf sich hat (siehe Seite 103). Kurz gesagt, handelt es sich um die Prozesskette, bei der eine Verzögerung einer Teilaufgabe eine Verzögerung des Gesamtprojekts nach sich zieht. In diesem Fall verzögert sich also direkt auch das Projektende um ein halbes Jahr.
An diesem Beispiel sind zwei Dinge abzulesen:
1 Die Zielkategorie Terminziele bezieht sich nicht nur auf die Einhaltung des Endtermins, sondern gegebenenfalls auch auf die Planung und Einhaltung von Zwischenterminen
2 Bevor eine solch signifikante Verzögerung in Kauf genommen wird, ist es sinnvoll, über eine Budgeterhöhung nachzudenken, um den Prozess für den hier einzuhaltenden Termin z.B. durch den Einsatz von mehr Equipment oder durch Überstunden zu beschleunigen.
Zugegeben, das Beispiel oben zu der Antragseinlesesoftware ist deutlich vereinfacht, aber es trifft den Kern der Aufgabe des Projektleiters, die Aufgaben im Projekt entsprechend der führenden Zielgröße zu priorisieren. Grundsätzlich gilt es, die Kategorien des magischen Dreiecks im Gleichgewicht zu halten. Sie müssen darauf achten, sich nicht stur auf ein Ziel zu fokussieren und die beiden anderen dabei zu vergessen. Dann ist am Ende die Software möglicherweise superpünktlich fertiggestellt, dafür ist das Budget komplett aus dem Ruder gelaufen. Oder aber Sie haben alle Anforderungen mustergültig und fehlerfrei erfüllen können, haben dafür aber doppelt so lange gebraucht wie geplant. So gilt es auch stets abzuwägen, welche der drei Kategorien gerade die wichtigere ist und bei welchen eventuell noch Verhandlungsspielraum besteht. Dabei vergessen wir auch immerzu, dass wir ja eigentlich vier Zielkategorien haben: Leistungsziele, wirtschaftliche Ziele, Terminziele und Sonderziele. Wie passt nun die Kategorie der Sonderziele ins Bild?
Es kann sein, dass im Unternehmen Projekte durchgeführt werden, bei denen Zeit und Kosten eine untergeordnete Rolle spielen. Ein Beispiel könnte die Errichtung einer Windkraftanlage eines Energieunternehmens sein, das typischerweise auf dem Markt der fossilen Energien unterwegs ist, aber das Ziel hat, sich den Anstrich »Grün« zu geben. Natürlich soll diese Anlage auch Geld erwirtschaften und damit Gewinn abwerfen, aber es kann durchaus sein, dass die in dem Unternehmen gängigen Erwartungen an die Rentabilität solcher Projekte zugunsten des formulierten Ziels Imageverbesserung heruntergeschraubt werden.
In der IT kann die Entwicklung einer neuen Benutzeroberfläche so ein Imageziel sein. Hier fließt mitunter Zeit und Aufwand in eine neue Version der Software, die kaum neue Funktionalitäten bietet, aber eben moderner, schöner und vor allem besser bedienbar sein soll. Natürlich verspricht man sich von so einem hübschen neuen Kleid sicher auch eine höhere Nutzerzahl, vor allem geht es aber darum, das Image der verstaubten, technologisch abgehängten Software abzulegen oder zu vermeiden.
Typischerweise sind Sonderziele eher die weichen Ziele, die schwer messbar sind. Die Messbarkeit der Ziele ist aber dringend notwendig, um überprüfen zu können, ob ein Ziel tatsächlich auch erreicht wurde. Bei der Zielkategorie Termine ist das relativ einfach. Spätestens am Ende des Projekts weiß man, sofern es einen Terminplan gibt, ob der Endtermin eingehalten werden konnte oder nicht. Bei Sonderzielen kann sich diese Überprüfung aber schon mal als schwierig erweisen.
Nehmen wir noch mal das Beispiel der Imageverbesserung. Woher wissen wir überhaupt, was eintreffen muss, damit das Ziel erreicht ist? Wie können wir die Verbesserung des Images messen? Oder nehmen wir die Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit. Auch hier stellt sich die Frage: Was muss eintreffen, damit das Ziel erreicht ist? Woher weiß ich denn, dass meine Mitarbeiter zufrieden sind, und woher soll ich vor allem wissen, ob sie zufriedener