Die Löwenskölds. Selma Lagerlöf

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Die Löwenskölds - Selma Lagerlöf

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Leben handelt«, sagte er. »Aber dies würde nichts nützen. Marit Erikstochter kommt nicht nach Hedeby.«

      Jungfer Spaak wagte keine Widerrede, als sie diesen Bescheid bekommen hatte. Sie stöberte weiter den ganzen Küchenflügel durch, sorgte für das Mittagessen, und es gelang ihr sogar, die Baronin zu überreden, einige Bissen zu sich zu nehmen. Der Ring war nicht gefunden worden, und Jungfer Spaak wiederholte einmal ums andere bei sich selbst: »Wir müssen den Ring finden. Der General lässt Adrian sterben, wenn wir den Ring nicht für ihn finden.«

      Am Nachmittag wanderte Jungfer Spaak nach Olsby. Sie ging aus eigenem Antrieb. Sooft sie nach dem Kranken gesehen hatte, waren die Pulsschläge wieder schwächer geworden. Sie hatte nicht die Ruhe, auf den Doktor aus Karlstadt zu warten. Marit würde allerdings Nein sagen, das war mehr als wahrscheinlich, aber Jungfer Spaak wollte kein Mittel unversucht lassen.

      Marit Erikstochter saß, als Jungfer Spaak eintraf, an ihrem gewohnten Platz auf der Treppe vor dem Vorratshaus. Sie hatte keine Arbeit in den Händen, sondern saß mit geschlossenen Augen an die Wand zurückgelehnt. Sie schlief aber nicht und schaute auf, als die Jungfer daherkam, die sie auch gleich wiedererkannte.

      »Ach so«, sagte sie, »schickt man jetzt von Hedeby nach mir?«

      »Hat Sie wohl gehört, wie schlimm es bei uns steht, Marit?«, sagte Jungfer Spaak.

      »Ja, ich hab es gehört, und ich will nicht kommen«, erwiderte Marit.

      Jungfer Spaak antwortete ihr mit keiner Silbe. Eine schwere Hoffnungslosigkeit senkte sich auf sie herab. Alles misslang ihr, und dies war das Schlimmste von allem. Sie konnte sehen und hören, dass Marit froh war. Sie hatte da auf der Treppe gesessen und sich über das Unglück gefreut, sich gefreut, dass Adrian Löwensköld sterben musste.

      Bis jetzt hatte Jungfer Spaak ihre Fassung aufrechterhalten. Sie hatte nicht geschrieen, nicht geklagt, als sie Adrian ausgestreckt auf dem Boden liegen sah. Sie hatte nur daran gedacht, ihm und allen anderen zu helfen. Marits Widerstand aber raubte ihr die Kraft. Sie fing zu weinen an, heftig und unaufhaltsam. Sie wankte zu einer grauen Stallwand hin, lehnte die Stirn daran und weinte.

      Marit beugte sich ein wenig vor. Lange wendete sie kein Auge von dem armen Mädchen. »Ach so, steht es so?«, dachte sie.

      Doch während Marit die Jungfer betrachtete, die die Tränen der Liebe über den Geliebten weinte, ging in ihrer eigenen Seele etwas vor.

      Vor wenigen Stunden hatte sie erfahren, dass der General Adrian erschienen war und ihn beinah zu Tode erschreckt hatte, und sie hatte sich gesagt, nun endlich sei die Stunde der Rache gekommen.

      Darauf hatte sie seit vielen Jahren gewartet, jedoch immer vergebens. Der Rittmeister Löwensköld war ins Grab gebettet worden, ohne je von seiner Strafe getroffen worden zu sein. Allerdings war der General, seit sie den Ring nach Hedeby geschafft hatte, dort umgegangen; aber es hatte den Anschein gehabt, als brächte er es doch nicht übers Herz, seine eigenen Nachkommen mit der gewohnten Grausamkeit zu verfolgen.

      Jetzt aber war das Unglück bei ihnen eingekehrt, und gleich kamen sie zu ihr, Hilfe zu erbitten! Warum gingen sie nicht lieber gleich zu den Toten auf dem Galgenhügel?

      Es tat ihr wohl zu sagen: »Ich komme nicht.« Das war ihre Art, Rache zu nehmen.

      Als Marit jetzt aber das junge Mädchen dort drüben mit dem Kopf an der Wand weinen sah, da erwachte eine Erinnerung in ihr. »So hab ich auch, so an die harte Wand gelehnt, einst bitterlich geweint. Ich hatte keinen Menschen, auf den ich mich stützen konnte.«

      Und zugleich wallte die Quelle der Jugendliebe wieder in Marit auf und erfüllte sie mit ihrer heißen Flut. Verwundert saß sie da und sagte sich selbst: »So fühlte man sich damals. So war es, wenn man jemand lieb hatte. Ein so holdes, starkes Gefühl war es.«

      Sie sah den jungen, frohen, starken, schönen Paul Eliasson deutlich vor sich. Sie erinnerte sich an seinen Blick, an seine Stimme, an jede seiner Bewegungen. Ihr ganzes Herz wurde von ihm erfüllt.

      Marit glaubte, sie habe ihn die ganze Zeit über geliebt, und das hatte sie wohl auch. Aber wie sehr waren während der langen Jahre die Gefühle abgekühlt worden. Jetzt, in diesem Augenblick, brannte ihre Seele wieder in voller Glut.

      Doch während die Liebe so in ihr erwachte, erinnerte sie sich auch an den furchtbaren Schmerz, den ein Menschenkind empfindet, wenn es den Geliebten verliert.

      Marit sah wieder zu Jungfer Spaak hinüber, die immer noch weinend dort stand. Jetzt wusste Marit, was sie fühlte. Eben erst hatte die Kühle der Jahre auf ihr gelegen. Da hatte sie vergessen gehabt, wie dies Feuer brennt; jetzt wusste sie es wieder. Und sie wollte nicht die Ursache sein, dass jemand das leiden musste, was sie selbst gelitten hatte. Sie stand auf und ging zu Jungfer Spaak hin: »Kommt! Ich will mit ihr gehen«, sagte sie ganz kurz.

      Jungfer Spaak kam also in Gesellschaft von Marit Erikstochter nach Hedeby zurück. Auf dem ganzen Weg hatte Marit nicht ein Wort gesprochen. Jungfer Spaak verstand das erst nachher. Sie hatte wohl die ganze Zeit überlegt, wie sie es anfangen sollte, um den Ring zu finden.

      Jungfer Spaak ging mit Marit geradewegs auf den Haupteingang des Wohnhauses zu und führte sie ins Schlafzimmer. Da war alles noch unverändert. Adrian lag schön und bleich, aber ruhig wie ein Toter da, und die Baronin saß daneben und bewachte ihn, ohne sich zu bewegen. Erst als Marit Erikstochter an das Bett trat, schaute sie auf. Kaum aber hatte sie die Frau erkannt, die neben ihr stand und den Sohn betrachtete, als sie auch schon vor ihr auf den Boden sank und das Gesicht in ihren Rock drückte.

      »Marit, Marit«, sagte sie. »Denk nicht an all das Böse, was die Löwenskölds dir angetan haben! Hilf ihm, Marit! Hilf ihm!«

      Die Bäuerin wich ein wenig zurück; aber die arme Mutter schleppte sich ihr auf den Knien nach.

      »Du weißt nicht, welche Angst ich immer ausgestanden habe, seit der General hier umgeht. Die ganze Zeit über hab ich gebebt und gewartet. Ich wusste, sein Groll würde sich jetzt gegen uns kehren.«

      Marit erwiderte kein Wort. Sie schloss die Augen und schien ganz in sich selbst zu versinken.

      Jungfer Spaak war überzeugt, dass es ihr wohltat, die Baronin von ihren Leiden sprechen zu hören.

      »Marit, ich habe zu dir gehen und mich vor dir auf die Knie werfen wollen, so wie ich es jetzt tue, um dich zu bitten, den Löwenskölds zu verzeihen. Aber ich wagte es nicht. Ich dachte, es sei dir unmöglich, zu verzeihen.«

      »Die Frau Baronin soll mich auch nicht darum bitten«, sagte Marit, »denn es ist so, ich kann nicht verzeihen.«

      »Jetzt bist du aber doch da?«

      »Ich bin nur der Jungfer zuliebe gekommen, weil sie mich darum gebeten hat.«

      Damit trat Marit auf die andere Seite des breiten Bettes. Sie legte ihre Hand auf die Brust des Kranken und murmelte ein paar Worte. Zugleich runzelte sie die Stirn, drückte die Augen vor und kniff den Mund zusammen. Jungfer Spaak dachte, sie stelle sich genauso an wie andere Quacksalberinnen.

      »Er wird am Leben bleiben«, sagte Marit. »Frau Baronin darf aber nicht vergessen, dass ich ihm einzig und allein der Jungfer zuliebe helfe.«

      »Ja, Marit, ich werde es nie vergessen«, erwiderte die Baronin.

      Es kam Jungfer Spaak vor, als habe ihre Herrin noch

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