Lieblingsplätze Augsburg und Bayerisch-Schwaben. Lilo Solcher
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Lieblingsplätze Augsburg und Bayerisch-Schwaben - Lilo Solcher страница 6
Augsburg: Kirche St. Anna
St. Anna steht heute im Herzen der Stadt direkt an der Fußgängerzone Annastraße. Für mich ist die evangelische Hauptkirche eine der schönsten Sakralbauten Augsburgs, auch weil ihre Geschichte eng verbunden ist mit der lokalen Stadt- und Religionshistorie. Die Kirche gehörte im 14. Jahrhundert zu einem Karmeliterkloster, über die Jahrhunderte wurde sie erweitert und mit wertvollen Gemälden ausgeschmückt, teilweise auch barockisiert. In der Goldschmiedekapelle aus dem 15. Jahrhundert wurden wertvolle Fresken entdeckt. Die Fugger ließen sich eine eigene Grabkapelle im Stil der Renaissance errichten.
Doch zu geschichtlicher Bedeutung kam die Kirche vor allem durch Martin Luther. Der Reformator übernachtete 1518 während des Reichstags vom 7. bis 20. Oktober im Karmelitenkloster, während er auf Weisung des Papstes vom römischen Kardinal Cajetan im Fuggerpalais verhört wurde. Weil Luther sich weigerte, seine 95 Thesen zu widerrufen und sich seines Lebens nicht mehr sicher war, floh er des Nachts aus dem Kloster und der Stadt. An diese Flucht und an Luthers Tage in Augsburg erinnert heute die »Lutherstiege« samt kleinem Museum in der Annakirche. Eingerichtet wurde es 1983 zum 500. Geburtstag des Reformators. Mit Videoanimation, Installationen und lebensgroßen Figuren wurde die Ausstellung inzwischen an den Zeitgeist angepasst.
Im Museum erfährt der Besucher zudem, wie sich die Religionsgeschichte am Lech nach dem Reichstag weiterentwickelte und dass St. Anna als eine der ersten Kirchen in der einstigen katholischen Hochburg Augsburg evangelisch wurde. In den Räumen des ehemaligen Klosters wurde das Gymnasium St. Anna gegründet, das Stadtbaumeister Elias Holl durch ein Schulhaus und eine Bibliothek ergänzte. Das Gymnasium ist längst umgezogen, der Annahof wurde neu gestaltet als großzügiger Platz mit dem Flair einer italienischen Piazza.
Das Anna-Café im Annahof erfreut mit einer kreativen Küche. Im Sommer kann man draußen das Piazza-Feeling genießen.
6
Kirche St. Anna
Im Annahof 2
86150 Augsburg
0821 450175100
Anna-Café
Im Annahof 4
86150 Augsburg
0821 4550780
Augsburg: Neue Stadtbücherei
Ich weiß noch genau, wie der Platz ausgesehen hat, bevor dieses fröhlich bunte »Haus des Lesens« errichtet wurde, dessen Fassade Buchseiten nachempfunden ist. Öde und gesichtslos. Ein Schandfleck. Welch ein Unterschied zu heute! Jetzt leuchtet nicht nur die neue Stadtbücherei, die sich die Augsburger in einem zähen Ringen und mittels Bürgerbegehren erkämpft haben. Und der – zugegebenermaßen kleiner gewordene – Platz hat sich wieder mit Leben gefüllt.
Schon bei den ersten warmen Sonnenstrahlen des Jahres stellt das Café im Erdgeschoss der Bücherei Tische und Stühle nach draußen. Dort sitzen dann Studenten und Schüler, Hausfrauen und Anwälte, Lesende und Redende bei einer Latte oder einem Glas Bier, essen Kuchen oder Brezen und lassen es sich wohl sein. Drinnen kann man auf großzügigen 4.000 Quadratmetern ungestört Zeitung lesen, sich Bücher aussuchen oder am PC arbeiten. Von der klassischen Lektüre bis zum Videospiel gibt es alles, was das Herz begehrt, auch einen Spieletisch und ein separates WC samt Wickelraum für die Kleinen. Mütter bringen ihre Jüngsten mit, zudem finden sich Jugendliche in dieser Bürgerbücherei wieder, wo nicht nur Fantasy und Science-Fiction auf sie warten, sondern darüber hinaus eine Chill-out-Ecke und lässige Lesesäcke.
Alles ist offen gestaltet und durch die orange Farbgebung selbst an trüben Tagen voller Lichtblicke. Das liegt vor allem an dem einzigartigen Beleuchtungskonzept, das über Hunderte von Spiegeln selbst das geringste Tageslicht ins Innere lenkt und über Prismenstäbe Regenbogenfarben auf die weißen Flächen zaubert. Durch die Rundumverglasung und den orangefarbenen Bodenbelag, der sein Pendant in dem rötlichen Asphalt auf dem Platz findet, öffnet sich das Innere nach außen. Der Schandfleck wurde zum Farbfleck. Ein kleines Wunder!
Einfach mal eine Pause einlegen beim Stadtbummel, in Zeitungen blättern – die neue Stadtbücherei ist ein offenes Haus.
7
Neue Stadtbücherei Augsburg
Ernst-Reuter-Platz 1
86150 Augsburg
0821 3242752
www.stadtbuecherei.augsburg.de
Augsburg: Fuggerei
Wenn Freunde mich fragen, was sie in Augsburg anschauen sollen, fällt mir die Antwort angesichts der Vielfältigkeit in der Stadt schwer. Eines aber ist klar: auf jeden Fall die Fuggerei. Das muss sein, obwohl die Gebäude nicht mehr original sind. Die Bomben im Zweiten Weltkrieg haben den Großteil dieser ältesten Sozialsiedlung der Welt zerstört. Dass die ummauerte Puppenstubenidylle in Honiggelb mit spitzen Giebeln, einem Kirchlein und gepflasterten Gassen heute noch so funktioniert wie vor fast 500 Jahren, ist das Verdienst der heutigen Fugger. Sie leiteten nach der verheerenden Zerstörung im Zweiten Weltkrieg alsbald den Wiederaufbau der zerstörten Anlage ein – ganz im Sinn des einst spendablen Ahnen.
1521 hatte Jakob Fugger die Siedlung für Augsburger Bürger gegründet, die in Not abzugleiten drohten. Der reiche Fugger war ein Mann der Renaissance, allerdings war er noch vom späten Mittelalter geprägt. Und Mildtätigkeit galt den Mächtigen jener Zeit als Verpflichtung. Eine Verpflichtung, der sich die Familie Fugger noch heute unterwirft. Die 67 Häuser der Anlage sind zum großen Teil auf dem modernsten Stand. Den 150 Bewohnern soll es an nichts fehlen. Nach wie vor zahlen sie gerade mal 88 Cent Jahresmiete, den Gegenwert eines rheinischen Guldens. Allerdings kommen heute monatlich 65 Euro Nebenkosten dazu.
Trotzdem: Für die Bewohner ist diese Stadt in der Stadt, die auf die Besucher wirkt, als sei sie aus der Zeit gefallen, ein kleines Paradies. Und sie haben sich es schön gemacht. Blumen stehen in den Fenstern, die Vorhänge sind blütenweiß, die Türen frisch gestrichen, und die Menschen lächeln freundlich. Nur, wenn der Besucherandrang gar zu groß ist, dann verschanzen sie sich in ihren Häuschen und spähen fast verstohlen hinaus auf die kleinen Gassen, wo die Touristen um die Wette fotografieren.
Die Besucher können im Museum die Geschichte der Fuggerei nachvollziehen und sich im Bunker über das Ausmaß der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg informieren.
8