Die Messermacher. Petra Mehnert
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Messermacher - Petra Mehnert страница 1
Nachdruck oder Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Verlages gestattet. Verwendung oder Verbreitung durch unautorisierte Dritte in allen gedruckten, audiovisuellen und akustischen Medien ist untersagt. Die Textrechte verbleiben beim Autor, dessen Einverständnis zur Veröffentlichung hier vorliegt. Für Satz- und Druckfehler keine Haftung.
Impressum
Petra Mehnert, »Die Messermacher«
2. Auflage
www.edition-winterwork
© 2020 edition-winterwork
Alle Rechte vorbehalten
Satz: Petra Mehnert
Umschlaggestaltung und Foto: Robin Mehnert
Druck/E-BOOK: winterwork Borsdorf
ISBN Print 978-3-96014-763-3
ISBN E-BOOK 978-3-96014-795-4
Die Messermacher
Ein Regionalkrimi aus dem "Tal der Liebe"
Petra Mehnert
edition winterwork
Prolog
Er kauerte wimmernd in der Ecke seines kleinen Schlafzimmers und starrte unverwandt auf das blutverschmierte Messer. Seine Hand zitterte unkontrolliert, als wäre sie ferngesteuert.
Was hatte er nur getan?
Vor ihm lag in einer sich immer weiter ausbreitenden Blutlache ein älterer Mann, mit weißem, längerem Haar, das in wirren Strähnen die Hälfte seines Gesichtes verdeckte. Der Mund halb geöffnet, das eine Auge starr und weit aufgerissen, als könne er selbst noch im Tod nicht glauben, was gerade geschehen war. Der hölzerne Griff eines Messers ragte ihm aus der Brust und es sah aus, als wäre er mit der weiß behaarten Brust verwachsen. Nur das inzwischen kleine Rinnsal aus Blut zeugte davon, dass dieser Mann vor ein paar Minuten noch gelebt hatte. Aber sein Herz hatte aufgehört zu schlagen und der Körper, der zwar alt, doch noch gesund und durchtrainiert gewesen war, hatte seine Funktionen eingestellt.
Der deutlich jüngere Mann zitterte immer noch – wie in
Trance saß er da und wiegte sich vor und zurück – vor und zurück. Er konnte nicht damit aufhören und wusste längst nicht mehr, wie lange er schon so dasaß. Seine langen pechschwarzen Haare hingen genauso schlaff herab, wie er sich fühlte. Er war heute noch nicht einmal dazu gekommen, seinen obligatorischen Zopf zu flechten. Hätte er in diesem Augenblick in den Spiegel geschaut – ihm hätten zwei stahlblaue Augen entgegengeblickt, aus denen jede Lebensfreude gewichen war. Sein sonst vor Energie strotzender Körper war nur noch eine kraftlose Masse, als hätte man aus ihm den Stecker gezogen. Nun war er nur noch eine leblose Marionette. Es schien ihm, als sei es schon Jahre her, dass er sich mit seinem Freund gestritten hatte. Worum war es eigentlich gegangen bei diesem ersten handfesten Streit? Nur ein einziger Moment in einem Leben konnte alles verändern.
1
Im abgelegenen Örtchen Ottenbach, im „Tal der Liebe“ am Fuße des Kaiserberges Hohenstaufen, schien die Welt an diesem sommerlichen Junitag noch in Ordnung. Doch war dieser Schein der „heilen Welt“ nicht allzu trügerisch?
„Oma! Opa! Nun macht doch endlich auf!“, jammerte Nora, denn die zierliche Achtzehnjährige hatte wie üblich ihren Werkstattschlüssel nicht dabei. Sie war zwar als quirlige Frühaufsteherin stets die Erste, die im großelterlichen Messermacher-Betrieb an der Werkbank oder am Computer saß, doch ihre Großeltern waren immer schon wach und schlossen jeden Tag die Wohnungstüre auf, denn die Werkstatt befand sich in einem Anbau gleich neben dem Wohnzimmer. Normalerweise trudelten dann nacheinander Noras sechsundfünfzigjähriger Vater Jakob, dessen zehn Jahre jüngerer Bruder Tobias und schließlich, meist erst gegen zehn Uhr, die gemeinsame Schwester Marianne ein. Mit ihren vierzig Jahren war Marianne immer noch überzeugter Single und kostete das mit einem ausschweifenden Lebensstil auch weidlich aus. Als Nachtmensch schaffte sie es einfach nicht, wie die anderen Familienmitglieder um sieben Uhr in der Firma anzutanzen. Seit ein paar Monaten hatte die Familie nun für das jüngste Mitglied, Noras sechzehnjährigen Bruder Felix, auch einen Ausbildungsplatz eingerichtet, was in der doch recht kleinen Werkstatt zu einigen Umräum- und Erweiterungsaktionen geführt hatte. Delfina, Jakobs Frau und die Mutter von Nora und Felix, kümmerte sich stundenweise um das Büro und so war das Familienunternehmen komplett. Die gute Auftragslage ermöglichte es, allen Angehörigen der Familie Angerer ein Auskommen zu sichern. Die Großeltern Reno und Adele, beide vierundsiebzig, führten die Firma immer noch mit strenger Hand und waren bisher nicht dazu bereit, dies in die Hände ihrer Kinder zu legen. Was zumindest einem Familienmitglied immer weniger behagte.
An diesem Montagmorgen wunderte sich Nora sehr, dass die Wohnungstüre verschlossen blieb. Ob Opa mal wieder eine anstrengende Nacht hinter sich hatte? Seit seine Frau an Lungenkrebs erkrankt war (Nora hatte auf so was nur gewartet, denn ihre Oma rauchte schon immer sehr viel), musste Reno des Öfteren nachts aufstehen und seiner Frau auf die Toilette helfen. Adele war schon seit Wochen zu schwach, um dies alleine zu tun. Das Atmen fiel ihr zusehends schwerer und ihr Kreislauf spielte oft verrückt, da sie meist den ganzen Tag nur noch im Bett lag.
„Wahrscheinlich schnarcht Opa noch und Oma schläft ja morgens immer so fest, dass sie kaum wach zu kriegen ist. Jetzt muss ich halt warten, bis Papa kommt“, murmelte Nora und setzte sich in den Pavillon des großen Gartens. Wer wohl in diesem Jahr die Pflege des Grundstücks übernehmen würde, wo die Oma doch so krank war? Nora erinnerte sich noch gut an den letzten Frühling, als ihre Großmutter wieder viele herrliche Blumenbeete und große steinerne Blumentröge mit den schönsten Blumen arrangiert hatte. Seit die hohe Hecke entfernt werden musste, weil sie total morsch geworden war, konnten auch die vorbeigehenden Spaziergänger den tollen Garten der Angerers bewundern. Einerseits hatte sich Adele geschmeichelt gefühlt, wenn die Leute staunend stehen geblieben waren, aber andererseits hätte sie nun gerne wieder mehr Privatsphäre gehabt, so wie früher, als die hohe Hecke ihr Anwesen vor neugierigen Blicken bewahrt hatte. Es würde noch sehr lange dauern, bis die neu gesetzten Pflanzen wieder als Sichtschutz fungieren konnten.
Ausgerechnet heute verspätete sich Noras Vater und er kam gemeinsam mit seinem Bruder und Felix mit den Mofas angeknattert. Seit sie auf einen außerhalb des Ortes gelegenen Bauernhof gezogen waren, konnten sie aus Zeit- und Fitnessgründen nicht mehr mit den Fahrrädern zur Arbeit fahren. Die Nachbarn waren zwar über den frühmorgendlichen Lärm nicht erfreut, mussten das aber hinnehmen – es blieb ihnen nichts anderes übrig.
„Was ist denn mit dir los, Nora? Warum gehst du nicht rein? Hast du mal wieder Streit mit Oma?“, fragte ihr Vater mitfühlend, denn seine Mutter konnte manchmal sehr ungemütlich werden.
„Die Tür ist noch zu und Oma und Opa hören mich nicht.
Du weißt doch, dass ich nie einen Schlüssel dabei hab – bisher brauchte ich ihn ja auch nicht“, rechtfertigte sich Nora und stapfte dann hinter ihrem Vater her. Eigentlich wäre sie bei diesem herrlichen Sommerwetter lieber draußen im Garten geblieben, aber leider kannte ihre Familie, was die Arbeitszeiten anging, kein Pardon. Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen durfte jemand mal später kommen oder früher gehen. Allein ihre Tante Marianne hatte es durchgesetzt, dass sie erst um zehn Uhr anfangen durfte. Sonst hätte sie gekündigt und das wollte die Familie dann doch nicht, denn Marianne war eine hervorragende Designerin von Messerformen und –griffen,