Die Messermacher. Petra Mehnert

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Die Messermacher - Petra Mehnert

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sehen! Ich hab heute einen Termin beim Staatsanwalt und kann Sie somit leider nicht begleiten. Ich weiß schon, dass das Ihr erster Einsatz ist, den Sie alleine führen“, sagte sie mitleidig, als Joska die Augen entsetzt aufgerissen hatte, „Aber ich gebe Ihnen zur Unterstützung, und damit Sie ihm zeigen können, was Sie schon alles gelernt haben, unseren neuen Praktikanten an die Seite“.

      „Nein!“, entfuhr es Joska. „Nicht den! Das können Sie mir nicht antun!“, jammerte er, und es klang wirklich sehr verzweifelt. Seine Chefin schaute ihn amüsiert an und Joska sah ihr an, dass sie sehr gut wusste, warum. Dennoch fragte sie süß lächelnd:

      „Warum denn nicht? Herr Clemens ist doch ein tüchtiger Kerl.“

      „Aber er ist fast zehn Jahre älter als ich! Der lässt sich doch von mir nichts sagen!“, klagte Joska weiter, obwohl er wusste, dass es nichts nützen würde. Er war in seinem letzten Ausbildungsjahr und der Clemens hatte erst nach zwei Studiengängen entdeckt, dass er eigentlich zur Polizei gehen könnte und nun war er ein ziemlich alter Praktikant. Ständig ließ er das heraushängen und auch, wie viel ungeheuer wichtiges Wissen er sich in seinen Studiengängen angeeignet hatte. Das nervte derart, das konnte man sich gar nicht vorstellen. Aber was sollte er machen? Er musste diesen Idioten mitnehmen, sie hatten niemand anderen zur Verfügung. Das konnte ja heiter werden! Missmutig erhob sich Joska und knurrte seiner Chefin entgegen:

      „Ich geh dann mal und such den Clemens. Sicher hängt er wieder irgendwo im Archiv herum“.

      Er sah nicht mehr, wie seine Chefin ihm liebevoll hinterherlächelte und das war gut so. Sonst hätte er sich nur noch mehr darüber aufgeregt. Und wenn sich dieser junge ungarisch stämmige Mann aufregte, konnte das ziemlich laut und temperamentvoll werden.

      4

      Während in dem kleinen beschaulichen Örtchen Ottenbach mit seinen knapp zweitausendfünfhundert Einwohnern der Alltag ganz normal weiterging, stand in der Messerwerkstatt Angerer die Zeit still. Nachdem Jakob die Polizei verständigt hatte, brachte es niemand fertig, zur alltäglichen Arbeit zurückzukehren. Tobias wollte unbedingt noch eine Weile bei seiner toten Mutter sitzen, während sein Bruder seine Kinder tröstete und nebenbei versuchte, seine verschlafene Schwester zu erreichen. Inzwischen war es kurz nach neun und sie müsste eigentlich schon auf sein. Marianne besaß aber nur ein Handy und das schaltete sie meist erst ein, wenn sie um zehn Uhr in die Werkstatt kam. Dennoch war es Jakob den Versuch wert gewesen, sie wegen der schrecklichen Vorkommnisse an diesem Morgen so schnell wie möglich zu informieren. Hätte er es nicht versucht, hätte sich seine Schwester sicherlich beschwert, ob sie es nicht wert sei, dass man sie informierte. So war sie nun selbst schuld, dass sie von alldem, was geschehen war und in der nächsten Stunde noch passieren sollte, nichts mitbekam. Vielleicht war es auch gut so, denn Marianne konnte ziemlich hysterisch werden und darauf konnte die Familie nun ganz sicher verzichten. Vor allem in letzter Zeit war sie oft mürrisch und ungeduldig, was sonst eigentlich gar nicht ihre Art war.

      „Wann kommt denn nun endlich ein Arzt?“, ereiferte sich Nora nach einer halben Stunde angespannten Wartens.

      „Welchen Arzt die wohl bestellt haben? Hoffentlich nicht die neue Ärztin, die seit ein paar Monaten die Praxis unseres geschätzten Doktors hier in Ottenbach übernommen hat. Die kann ich nämlich gar nicht leiden!“

      „Aber Nora, so was sagt man doch nicht“, maßregelte sie ihr Vater. „Sie hat es auch nicht leicht und gibt sicher ihr Bestes, um die Patienten ihres Vorgängers gut zu versorgen“, versuchte Jakob die neue Ärztin in Schutz zu nehmen. Er war bisher nur einmal kurz mit Felix bei ihr gewesen, um ihn vor dem Ausbildungsantritt untersuchen zu lassen. Zugegeben – besonders sympathisch war sie nicht, aber sie hatte Felix gewissenhaft untersucht und ihm dann auch gleich sein Attest ausgestellt. Dass sie ihrem Sohn wegen seiner gelegentlichen Knieschmerzen, die sicherlich vom Wachstum her kamen, gleich eine Akupunktur-Therapie verpassen wollte, verbuchte er unter der Rubrik: geschäftstüchtig. Natürlich hatten weder er noch sein Sohn zugestimmt und sie war dann auch nicht weiter darauf eingegangen. Außerdem hatte Jakob im Ort munkeln hören, dass sie die Praxis demnächst schon wieder aufgeben wollte, weil sie sich angeblich nicht rechnete. Woran sie ganz sicher auch selbst Schuld hatte, denn nur wenige waren nach dem Weggang ihres beliebten Vorgängers zu ihr gekommen.

      „Wenn diese Tante kommt, bin ich weg!“, meinte dann auch Felix und erntete von seinem Vater ein genervtes Kopfschütteln. Tobias kam dann einige Minuten später ebenfalls herunter ins Wohnzimmer, wo die anderen in Gedanken versunken oder unruhig herumsaßen. Nora kaute zum ersten Mal seit langem wieder auf den Fingernägeln, obwohl ihre Hände von der Arbeit schmutzig waren. Felix hatte seinen iPod herausgeholt, obwohl sein Vater eigentlich verboten hatte, dass er ihn mit in die Arbeit brachte. Doch heute achtete Jakob gar nicht darauf, er war viel zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Nicht nur der Tod seiner Mutter erschütterte ihn, viel mehr Sorgen machte er sich momentan um seinen Vater.

      Wo war Reno?

      Wo war er nur hin und hatte sogar den Hund mitgenommen? War er nach Adeles Tod so geschockt gewesen, dass er in Panik einfach davongelaufen war? Bei dieser Überlegung sprang er plötzlich auf und rief:

      „Ist Renos Auto überhaupt weg?“ Niemand war bisher auf den Gedanken gekommen, nachzusehen. Nora erbot sich sofort, einen Blick in die Garage zu werfen und rannte mit ihren langen rotblonden Haaren, die wie ein Schal hinter ihr her wehten, aus dem Haus. Sobald klar gewesen war, dass sie heute nicht mehr arbeiten würden, hatte sie sofort ihren Zopf aufgeflochten. Während der Arbeit war es Pflicht, die Haare wenigstens zusammenzubinden … Betriebssicherheit!

      Wenig später kam sie keuchend zurück und schrie noch von der Haustüre her:

      „Opas Auto ist da, aber sein Motorrad ist weg!“

      „WAS?“, schrien alle fast gleichzeitig. „Aber wo ist dann der Hund?“, fragten sich die entsetzt dreinblickenden Angerers. Auf gar keinen Fall konnte man einen so großen Schäferhund auf einem Motorrad mitnehmen!

      „Vielleicht ist Moritz mal wieder ausgebüchst und Opa sucht ihn mit dem Motorrad“, warf Nora in den Raum, doch ihr Vater schüttelte sofort den Kopf.

      „Das ergibt doch keinen Sinn, Nora. Moritz läuft nicht mehr so weit weg und im Sommer gibt es keine läufigen Hündinnen, oder? Sind die nicht nur im Frühjahr und im Herbst läufig, sodass sie unserem armen Rüden den Kopf verdrehen können?“

      „Keine Ahnung. Vielleicht hat sich eine damit verspätet“, meinte Nora und setzte nach einem Augenverdrehen ihres Bruders noch hinzu: „Könnte doch sein, oder nicht?“

      „Ich weiß das wirklich nicht – aber wie gesagt, mit dem Motorrad nach ihm zu suchen, ist doch idiotisch. Reno kennt die Freundinnen seines Hundes und sucht ihn immer zu Fuß. Da steckt irgendwas anderes dahinter!“, sagte Jakob mit Überzeugung, obwohl er momentan keine Idee hatte, wo sein Vater abgeblieben sein könnte. Während die ganze Familie nun weiter vor sich hin grübelte, nur ein paar Mal durch geschäftliche Telefonate unterbrochen, die allerdings äußerst knapp gehalten wurden, was sonst gar nicht ihre Art war, knallte plötzlich kurz vor zehn Uhr die Haustüre und Marianne kam hereingestürmt. Ohne guten Morgen zu sagen, fragte sie außer Atem:

      „Was ist denn passiert, dass ihr mich gleich fünf Mal versucht habt, anzurufen. Ich hab mein Handy grad erst eingeschaltet, als ich aus dem Auto gestiegen bin“. Marianne wohnte in einem hübschen kleinen Loft in Salach, natürlich ebenfalls mit Blick auf den Hohenstaufen und sie kam jeden Tag mit ihrem schwarzen Porsche 911 Carrera in die Arbeit.

      „Setzt dich erst mal hin, Marianne“, sagte Jakob behutsam und seine sonst so resolute Schwester ließ sich beim Blick in die traurigen Augen ihrer Familienmitglieder

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