Die Messermacher. Petra Mehnert
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„Das wird die Ärztin sein“, meinte Tobias und ging hinaus, um diese zum Haus zu begleiten, denn auf einem Schild vorne an der Türe stand neben einem abgebildeten Hund:
Ich brauche 2 Sekunden bis zur Türe und du?
Deshalb traute sich auch niemand, alleine durch den Garten zu gehen. Nur diejenigen, die bereits Bekanntschaft mit dem liebevollen alten Schäferhund gemacht hatten, kamen an die Haustüre, um zu klingeln.
Wie befürchtet, brachte Tobias eine mürrisch dreinblickende Frau Doktor Zeitler mit, die sich auch sofort beschwerte, dass sie ihre Praxis hätte verlassen müssen, ihre Patienten nun warten müssten und sie eigentlich für so was gar nicht zuständig sei.
„Wo ist denn nun die Tote?“, fragte sie genervt und ließ sich im Hinaufgehen die Krankheitsgeschichte von Adele Angerer kurz schildern. Sie untersuchte Adele dann auch nur flüchtig und stellte ohne Umschweife den Totenschein mit einer natürlichen Todesursache aus. Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass es anders sein könnte.
Kaum war Frau Dr. Zeitler damit fertig, klingelte es erneut an der Türe. Diesmal erbot sich Nora, nach draußen zu gehen. Wie immer rannte sie durch den Garten, denn normales Laufen war ihr zu langsam. Doch als sie von weitem zwei Männer vor dem Zaun stehen sah, verlangsamte sie ihr Tempo – warum, wusste sie auch nicht. Vielleicht, weil der eine von ihnen so verdammt hübsch war und der andere so streng dreinblickte? Ob das Kunden waren oder etwa ein paar von den Zeugen Jehovas? Was wirklich sehr bedauerlich gewesen wäre, denn für diesen Schwachsinn einen so gutaussehenden jungen Mann zu missbrauchen, wäre geradezu eine Verschwendung gewesen. Doch zu ihrer Freude stellten sich die beiden als Mitarbeiter der Göppinger Kripo vor und Nora atmete erleichtert aus. Amüsiert lächelte der jüngere Polizist und sagte verschmitzt:
„Kommt nicht oft vor, dass die Leute so erfreut sind, die Vertreter des Gesetzes zu sehen“.
„Nun ja …“, stammelte Nora. „Immerhin ist mein Opa weg und Sie werden uns hoffentlich helfen, ihn zu finden, nicht wahr?“, fragte sie hoffnungsvoll, denn das war im Moment ihre größte Sorge. Ihrer Großmutter konnte niemand mehr helfen und sie dachte keine Minute daran, dass jemand ihre Oma umgebracht haben könnte.
„Das hoffen wir natürlich auch, junge Dame“, mischte sich nun der Ältere ein und Nora ging sofort davon aus, dass dieser hier das Sagen hatte und der junge nur der Assistent war.
„Wegen eures Wachhundes müssen wir uns in Ihrem Beisein wohl keine Gedanken machen, oder?“, fragte der Jüngere und stellte sich als Joska Kiss und seinen Kollegen als Sascha Clemens vor.
„Nein, natürlich nicht. Der ist ganz lieb“, fing Nora an, doch dann schaute sie plötzlich ganz traurig drein und fügte hinzu:
„Der Moritz ist übrigens auch weg!“
„Wer ist jetzt der Moritz?“, fragte Herr Clemens dümmlich, doch Joska erwiderte sofort, als wüsste er das ganz genau:
„Das ist der Hund. Stimmt doch, oder?“
„Ja. Das ist unser Schäferhund und der ist schon zwölf, aber immer noch hinter den Weibern her. Wahrscheinlich ist er mal wieder ausgerissen. Weil … also … mein Opa ist mit dem Motorrad weg und da kann er ja schlecht den Hund mitgenommen haben.“
„Das ist wohl richtig. Also sollte man vielleicht zuerst nach dem Hund suchen?“, meinte Joska mehr zu sich selbst und bekam jetzt zu Anfang seiner ersten eigenen Befragung schon Herzrasen und Schweißausbrüche. Welche Reihenfolge wohl seine Chefin gewählt hätte? Zuerst den Tatort und die Tote begutachten, dann mit der Familie sprechen (sind das nicht meist die Hauptverdächtigen?) und dann erst nach dem Hund suchen und danach die Vermisstenanzeige aufnehmen? Oder doch lieber andersherum? Der arme Joska kam immer mehr ins Schwitzen und dieser oberschlaue Clemens hielt heute mal ausnahmsweise den Mund und hielt sich zurück mit guten Ratschlägen. Ob er wohl merkte, wie unsicher Joska war und ob er ihn vor der jungen Dame nicht brüskieren wollte? Oder fand er es ganz amüsant, den lieben Herrn Kiss so zappeln zu sehen?
Jedenfalls rang der jugendliche Kriminalassistent noch mit sich, doch unerwartet kam die junge Frau ihm zu Hilfe:
„Ich glaube ganz sicher, dass Moritz nur seine Freundinnen besucht und da kommt er meist von selbst wieder. Sie sollten sich zuerst meine Oma … äh … die Leiche ansehen, denn die Ärztin ist gerade fertig und schon wieder auf dem Sprung in ihre Praxis. Sie möchten doch sicher noch kurz mit ihr sprechen? Außerdem kommt bald der Leichenwagen“, sprudelte Nora nur so vor Aufregung und Joska hätte sie umarmen mögen, weil sie ihm so einen genauen Ablauf der nächsten Minuten gegeben hatte … und vielleicht auch, weil sie so toll aussah und so voller Energie war? Dankbar lächelte er sie an, doch sogleich setzte er wieder eine gewichtige Miene auf und sagte:
„Selbstverständlich werden wir noch mit der Ärztin sprechen und der Leichenwagen wird schon warten müssen, bis wir mit der Inspektion und Freigabe der Leiche fertig sind.“ Auch Herr Kiss und sein Kollege kamen nicht auf die Idee, dass die Firmenchefin nicht eines natürlichen Todes gestorben sein könnte.
Während Nora draußen mit den Polizisten sprach, fiel Jakob plötzlich ein, dass sie in dem ganzen Trubel vergessen hatten, seine Frau anzurufen. Diese weilte seit vorigem Wochenende in Irland, wo sie einen Malkurs belegt hatte. Nach einer Woche nur mit malen beschäftigt, wollte sie eigentlich noch ein paar Tage durch dieses schöne Land fahren und nach weiteren tollen Motiven Ausschau halten. Jakob erreichte sie dann auch, als sie gerade auf dem Fußweg zu den „Cliffs of Mohair“ war. Er konnte seine Frau kaum verstehen, denn es rauschte ziemlich stark im Hintergrund. Besorgt fragte er:
„Wo bist du denn gerade und was rauscht da so?“
„Du hast ja keine Ahnung, mein Lieber, wie es hier stürmt!“, rief Delfina, die trotz portugiesischer Herkunft fast akzentfrei Deutsch sprach. Jakob kam gar nicht zu Wort, überschwänglich berichtete sie zunächst von ihrem erfolgreichen Abschluss des Kurses. Dann erzählte sie weiter.
„Auf der Fahrt hier rüber zu den Cliffs sind wir auf der
Autobahn an Tara vorbeigefahren und stell dir vor! … Dort steht ein kleiner, unscheinbarer Baum, der angeblich ein Feenbaum sein soll und deshalb haben die irren Iren die Straße um den Baum herum gebaut – ist doch unglaublich, oder?“
Ja, das war wirklich kaum zu fassen, aber in solchen Sachen verstanden die Iren anscheinend keinen Spaß. Jakob rang nun mit sich, ob er seiner offensichtlich sehr gut gelaunten Frau ihren Urlaub verderben und ihr die traurige Nachricht per Handy überhaupt überbringen sollte. Während er noch überlegte, schrie Delfina geradezu ins Handy:
„Ich bleibe noch bis Mittwoch. Eine ganze Woche alleine durch Irland zu fahren ist mir doch zu anstrengend. Dieses Linksfahren bei den engen Straßen ist wirklich nichts für mich. Wenn da auf manchen Schildern steht, man dürfe hundert km/h fahren, dann fahre ich höchstens sechzig und rechne jeden Moment damit, dass ich aus der Kurve fliege! Ich wollte nur unbedingt zu den Cliffs, aber die haben hier alles mit Zäunen versehen und buddeln da gerade mordsmäßig herum – soll wohl eine Aussichtsplattform mit einem Gebäude in die Felsen gebaut werden. Echt schade … das ursprüngliche und schroffe Landschaftsbild wird da total zerstört!“
„Ja, wirklich schade, dass ich das vorher noch nie persönlich gesehen habe … du … ich freu mich, wenn du wieder nach Hause kommst“, fügte Jakob noch schnell an, als er merkte, wie die Verbindung immer schlechter wurde.
„Ist irgendwas?“, fragte die sensible Delfina, als sie