Die Messermacher. Petra Mehnert

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Die Messermacher - Petra Mehnert

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er es schon noch ohne sie aushalten. Wahrscheinlich fehlte sie eher Marianne, weil die nun alleine das Haus und die Werkstatt sauber halten musste. Denn wegen der vielen herumliegenden Messer wollten die Angerers keine Reinigungskraft einstellen. Das war ihnen dann doch zu gefährlich, denn die teuren Messer wären auch schnell mal zu klauen gewesen. Beim Kochen für die ganze Familie Angerer hatte Marianne gerade auch keine Hilfe. Außer sie konnte Nora und Felix ein bisschen dazu einspannen. Aber das war schon ganz gut so – so würde die Familie ihre Arbeit vielleicht mal mehr würdigen, wo sie jetzt eineinhalb Wochen ohne sie auskommen mussten.

      Bevor die Verbindung nun gänzlich abriss, rief Delfina noch:

      „Grüß die Kinder und den Rest der Familie von mir und einen dicken Kuss für dich!“ Dann noch ein heftiger Windstoß und das Telefon war tot. Verstohlen wischte sich Jakob eine Träne aus dem rundlichen Gesicht, das neuerdings ein Dreitagebart zierte. Jakob vermisste seine Frau sehr, nicht nur ihre Kochkünste. Obwohl es für ihn vielleicht doch vorteilhaft war, dass er momentan etwas weniger aß – hatte er doch die Chance, etwas abzunehmen. Sein runder Bierbauch war nicht mehr zu übersehen und das missfiel ihm sehr. Doch sich beim Essen zurückzuhalten, schaffte er meist nicht.

      Ob es klug gewesen war, seiner Frau die Wahrheit verschwiegen zu haben? Würde sie das verstehen oder ihm Vorwürfe machen? Sie hätte doch sowieso nicht früher zurückfliegen können, also warum sollte er ihr die letzten Tage dieses tollen Urlaubs noch verderben?

      5

      Während zur gleichen Zeit ein paar Häuser weiter in der Nachbarschaft der Angerers ein alter Schäferhund sabbernd vor einem Gartenzaun saß und sehnsüchtig zu seiner Lieblingshündin starrte, saß im fernen Görlitz ein völlig verstörter alter Mann mit langen, weißen Haaren auf einem Baumstamm. Mit hängendem Kopf zeichnete er mit einem Stock Kreise in den Sand zu seinen Füßen. Er hatte keinen Blick für die Schönheiten der Natur, die sich hier an diesem kleinen See inmitten eines großen Campingplatzes zeigten. Zu dieser frühen Jahreszeit war hier noch nicht viel los, nur ein paar Dauercamper in ihren Holzhütten waren anwesend. Er war erst seit ein paar Minuten hier, obwohl er wie ein Wahnsinniger gefahren war. Noch jetzt wunderte er sich, dass ihn niemand angehalten hatte. Mit seinem knallroten Mercedes fiel er doch recht auf und es passierte ihm des Öfteren, dass er in Polizeikontrollen geriet. Zwar hatte er das Typenschild mit den verräterischen Zahlen E 500 abnehmen lassen, dennoch sah man seinem schnittigen Wagen an, dass er einiges unter der Haube hatte. Trotzdem war es ihm wegen dem Gerede der Leute im Dorf wichtig gewesen, dass niemand wusste, welchen Typ er genau fuhr. Er wollte nicht noch mehr Getratsche über sich und seine Familie. Es reichte schon, wenn seine Tochter mit einem neuen Porsche und seine Söhne mit teuren Oldtimern herumfuhren. Doch die Gedanken um die familiären Fahrzeuge hatten ihn nur kurzfristig von seinem eigentlichen Problem abgelenkt – er hatte vor ein paar Stunden seine Frau verloren und war Hals über Kopf geflüchtet!

      Wie hatte es nur dazu kommen können?

      Warum hatte er sich schon wieder so von seiner Frau drangsalieren lassen? Er hatte es kaum noch ertragen können. Dabei wusste er gar nicht mehr, was sie gesagt oder getan hatte, um ihn derart in Rage zu versetzen, dass er … was?

      Was hatte er gemacht? Hatte er überhaupt etwas getan?

      Er konnte sich nicht mehr genau daran erinnern – nur noch, dass ihre Atmung plötzlich ausgesetzt hatte! Dass es noch dunkel war, das wusste er noch. Der Vollmond hatte den Garten erhellt, das hatte er unbewusst wahrgenommen, als Adele mitten in der Nacht nach ihm gerufen … nein … geschrien hatte und er aus seinem Fernsehsessel aufgefahren war, in dem er wohl eingeschlafen sein musste. Was hatte sie gewollt? Musste sie zur Toilette oder hatte sie nur schlecht geträumt, so wie fast jede Nacht und bei Vollmond am schlimmsten? Auch das wusste er nicht mehr.

      Wütend schleuderte er seinen Stock ins Wasser, nicht merkend, dass der Hund von nebenan schon die ganze Zeit dieses für ihn so interessante Spielzeug nicht aus den Augen gelassen hatte. Kaum schlug das Holzstückchen auf dem Wasser auf, war der Hund auch schon hinterhergesprungen und paddelte nun darauf zu. Es war ein mittelgroßer schwarz-weiß gepunkteter Rüde mit einem schwarzen Ohr und athletischer Figur. Mühelos schwamm das anmutige Tier zu seiner Beute, schnappte sie und brachte sie zum Werfer zurück.

      „Amigo!“, rief eine weißhaarige Frau neben ihm. „Aus!

      Lass den Herrn in Ruhe!“ Mit diesen Worten nahm sie ihrem hübschen Hund das Stöckchen aus dem Maul und reichte es dem ebenfalls weißhaarigen Mann mit der kleinen Nase und den kleinen, traurigen braunen Augen, der es gedankenverloren entgegennahm.

      Was sollte er mit dem Ding? Er hatte es doch loswerden wollen. Warum gab die Frau es ihm zurück? Missmutig schaute er auf und blickte in zwei ungewöhnliche Augen! Eines war hellbraun und das andere eher grün und die Haare der etwas älteren Frau waren wirklich schneeweiß. Sie war braun gebrannt und sah trotz ihres Alters noch sehr attraktiv aus.

      „Entschuldigen Sie, gnädige Frau. Ich wollte Ihren Hund nicht aufscheuchen. Tut mir leid.“ Damit wollte er sich schon wieder abwenden, doch die Frau sagte beschwichtigend:

      „Sie können doch nichts dafür, dass mein Amigo hinter allem herrennt, was vor ihm wegläuft oder –fliegt. Seinen Jagdtrieb krieg ich einfach nicht aus ihm raus! Wer weiß, welche Rassen sich in ihm vereinigt haben?“, lachte sie und wuschelte ihrem Mischling dabei den Kopf. Sofort begann dieser, wie aufgezogen um sie herum zu hüpfen. Es gab nur eine Möglichkeit, ihn loszuwerden und so warf Reno den Stock nochmals in Richtung See, diesmal aber so weit, wie er nur konnte. Das sollte diesen verrückten Hund eine kurze Weile beschäftigen. Die wollte er nutzen, um sich vorzustellen, denn seine gute Erziehung war stärker, als der Wunsch, endlich allein zu sein und mit seinem Schicksal zu hadern.

      „Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist … Re … äh … Renato … Delfi. Ja … Renato Delfi“, sagte er nach seiner Stotterei nochmals bekräftigend. Warum er nicht seinen richtigen Namen gesagt hatte, wusste er nicht genau. Irgendwie erschien es ihm in seiner momentanen Lage besser so. Vielleicht suchte die Polizei bereits nach ihm? Als Vermissten oder sogar schon als Mörder seiner Frau? Wer konnte das wissen? Doch sofort gab er sich selbst die Antwort: Seine Familie würde es wissen – sicher war die Polizei und der Arzt und wahrscheinlich auch schon der Bestatter in seinem Haus gewesen. Oder waren die nicht so schnell? Immerhin war es erst kurz vor elf Uhr. Über diese Grübeleien hatte er den Namen gar nicht mitbekommen, mit dem sich sein Gegenüber gerade vorgestellt hatte.

      „Entschuldigen Sie bitte, wie war Ihr Name? Ich habe ihn nicht richtig verstanden“, versuchte er sich rauszureden, doch die Dame war sehr feinfühlig. Längst hatte sie gemerkt, dass dieser feine Herr mit seinen Gedanken ganz woanders war. Sie wiederholte nur kurz ihren Namen und so erfuhr er nun doch noch, dass sie Helene Maiers hieß und hier auf diesem Campingplatz ihren einzigen Wohnsitz hatte.

      „Ich lasse Sie nun in Ruhe, damit Sie weiterhin Ihren Gedanken nachhängen können. Ich sehe doch, dass Sie nicht ganz bei der Sache sind, und will Sie nicht länger stören. Und mein Amigo auch nicht“, fügte sie hinzu und packte ihren pudelnassen Hund am Halsband, kaum dass er die Pfoten ans Ufer gestellt, sich ausgiebig geschüttelt hatte und das Stöckchen dem netten Herrn in die Hand drücken konnte.

      „Entschuldigung …“, hob Reno an, doch Frau Maiers schüttelte nur lächelnd den Kopf.

      „Entschuldigung ist wohl Ihr zweiter Vorname, was? Machen Sie sich keine Gedanken. Hier kommen viele Leute her, um mit sich alleine zu sein und ihre Ruhe zu haben. Das bin ich gewohnt. Ich liebe ja auch meine Einsamkeit hier. Melden Sie sich doch einfach, wenn Sie etwas brauchen, ja?“, fragte sie freundlich und ihr Lächeln zauberte doch tatsächlich ein kleines, schiefes Grinsen in Renos Gesicht.

      „In Ordnung, Frau Maiers.

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