Verschwundene Reiche. Norman Davies
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Verschwundene Reiche - Norman Davies страница 3
Norditalien Frühjahr 1860
Westukraine
Das Königreich Galizien und Lodomerien um 1900
Galizien in Österreich-Ungarn um 1914
Florenz
Königreich Etrurien 1801–1807
Italien zur Zeit Napoleons 1810
Freistaat Thüringen und angrenzendes Nordbayern
Sächsische Kleinstaaten um 1900
Montenegro 2011
Stämme Montenegros um 1900
Montenegro und seine Nachbarn 1911
Jugoslawien nach 1945
Das heutige Zakarpattia (Karpatenukraine)
Tschechoslowakische Republik 1920–1938
Republik der Karpatenukraine 1939
Irland 2011
Nordirland Ende des 20. Jahrhunderts
Estland
Die baltischen Staaten zwischen den Kriegen
Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken 1945–1991
Russlands „nahes Ausland“ im Westen nach 1991
Verzeichnis der Stammtafeln
Die frühen Herrscher von Aragón: Das Haus Ramiro
Das Haus Trastámara
Die frühen Radziwiłłs
Hohenzollern und Jagiellonen
Die späteren Hohenzollem (1701–1918)
Die Grafen von Savoyen
I Buonaparti – die Bonapartes
Bourbon – Borbón – Borbone (die Bourbonen)
Hannoveraner und Wettiner
Der englische Zweig des Hauses Sachsen-Coburg-Gotha
Das Haus Petrović und das Haus Karadjordjević
Einleitung
Mein ganzes Leben lang hat mich die Kluft zwischen Anschein und Wirklichkeit fasziniert. Die Dinge sind nie so, wie sie auf den ersten Blick aussehen. Ich kam als Untertan des British Empire zur Welt und las als Kind in meiner Children’s Encyclopaedia, dass »unser Reich« eines sei, »in dem die Sonne nie untergeht«. Auf der Landkarte sah ich mehr Rot als jede andere Farbe und war begeistert. Doch bald musste ich ratlos miterleben, wie »unsere« imperiale Sonne lodernd in einem Meer von Blut und Chaos am Nachkriegshimmel versank. Die Wirklichkeit, wie sie sich später zeigte, strafte den äußeren Anschein unbegrenzter Macht und Dauer Lügen.
In meiner Enzyklopädie las ich auch, dass der Mount Everest mit seinen 8840 Metern der höchste Gipfel der Welt und nach dem Leiter der Landvermessung in Britisch-Indien, Oberst Sir George Everest, benannt sei. Natürlich ging ich, wie es wohl auch vorgesehen war, von der unausgesprochenen Annahme aus, dass der höchste Punkt auf Erden britisch sei – und war pflichtschuldigst beeindruckt. Das alles klang doch sehr einleuchtend. Als ich Weihnachten 1953 mein Exemplar der Krönungsausgabe von Sir John Hunts Mount EverestA geschenkt bekam, hatte sich Indien aus dem Empire verabschiedet. Und inzwischen habe ich gelernt, dass der Mount Everest nie zu Indien oder zum Empire gehörte. Da der König von Nepal Everests Männern die Erlaubnis verweigert hatte, sein Land zu betreten, war der Berg aus sehr großer Entfernung vermessen worden; die 8840 Meter waren infolgedessen ziemlich ungenau, der englische Name des Berges geht auf einen Akt der Selbstherrlichkeit zurück, und seine authentischsten Namen lauten Sagarmatha (auf Nepali) und Chomolangma (auf Tibetisch).1 Wissen, so musste ich mir eingestehen, ist nicht weniger fließend als die Umstände, unter denen man es erlangt.
Als Junge hat man mich bei verschiedenen Gelegenheiten nach Wales mitgenommen. Da ich mit einem sehr walisischen Namen gesegnet bin, fühlte ich mich sofort zu Hause und gewann eine bleibende Verbundenheit zu diesem Land. Bei einem Besuch bei Freunden in einem Bergdorf nahe Bethesda, ebenfalls einer Familie Davies, lernte ich Menschen kennen, die normalerweise kein Englisch sprachen, und bekam mein erstes englisch-wahsisches Wörterbuch geschenkt, T. Gwynn Jones’ Geiriadur.2 Es machte mich zu einem lebenslangen Sammler fremder Sprachen, wenn auch leider nicht zu einem Meister des Walisischen. Beim Anblick der englischen Burgen in Conwy, Harlech und Beaumaris (die gewöhnlich und fälschlich »Welsh castles« genannt werden), sympathisierte ich eher mit den Eroberten als mit den Eroberern, und als ich irgendwo las, dass der walisische Name für »England«, Lloegr, »das verlorene Land« bedeutete, ließ ich mich von der Vorstellung verzaubern und stellte mir vor, welches gewaltige Verlustgefühl dieser Name ausdrückte. Ein gelehrter Kollege hat mir inzwischen erklärt, dass meiner Fantasie die Pferde durchgingen und die Etymologie diese Vorstellung nicht hergibt. Doch als jemand, der in einer englischen Umgebung aufgewachsen ist, bin ich immer wieder verblüfft darüber, dass alles, was wir heute »England« nennen, einst überhaupt nicht englisch war. Diese Verwunderung spielt eine große Rolle bei vielem, was ich in Verschwundene Reiche geschrieben habe. Schließlich trägt sogar die Stadt Dover ebenso wie der Fluss Avon einen durch und durch walisischen Namen.
Als Teenager, der in der letzten Reihe des Schulchors versuchte, den Ton zu treffen, fühlte ich mich besonders von einem Stück von Charles Villiers Stanford angesprochen. Aus irgendeinem Grund berührten mich die stoischen Worte und die schmelzende Melodie von »They told me Heraclitus«. Zu Hause schlug ich den Namen Heraklit in Blakeneys Smaller Classical Dictionary nach und las über den »weinenden griechischen Philosophen« aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., Heraklit hatte gesagt, dass »alles fließt« und dass »man nie zweimal in denselben Fluss steigen« kann. Er war der Pionier der Idee der Vergänglichkeit, und er tauchte früh in der Zitatesammlung auf, die ich als Schuljunge in einem Notizbuch führte:
They told me, Heraclitus, they told me you were dead.
They brought me bitter news to hear and bitter tears to shed.
I wept as I remembered how often you and I
Had