Emilia Galotti: Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen. Gotthold Ephraim Lessing

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Emilia Galotti: Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen - Gotthold Ephraim Lessing

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sonst sein mag! Ich bin gar nicht neugierig darauf. – Sie haben sie gesprochen?

       MARINELLI

      Bin ich, leider, nicht ihr Vertrauter? – Aber, wenn ich es wieder von einer Dame werde, der es einkömmt, Sie in gutem Ernste zu lieben, Prinz: so – –

       DER PRINZ

      Nichts verschworen, Marinelli!

       MARINELLI

      Ja? In der Tat, Prinz? Könnt’ es doch kommen? – Oh! so mag die Gräfin auch so unrecht nicht haben.

       DER PRINZ

      Allerdings, sehr unrecht! – Meine nahe Vermählung mit der Prinzessin von Massa will durchaus, daß ich alle dergleichen Händel fürs erste abbreche.

       MARINELLI

      Wenn es nur das wäre: So müßte freilich Orsina sich in ihr Schicksal ebensowohl zu finden wissen als der Prinz in seines.

       DER PRINZ

      Das unstreitig härter ist als ihres. Mein Herz wird das Opfer eines elenden Staatsinteresses. Ihres darf sie nur zurücknehmen, aber nicht wider Willen verschenken.

       MARINELLI

      Zurücknehmen? Warum zurücknehmen? Fragt die Gräfin: Wenn es weiter nichts als eine Gemahlin ist, die dem Prinzen nicht die Liebe, sondern die Politik zuführet? Neben so einer Gemahlin sieht die Geliebte noch immer ihren Platz. Nicht so einer Gemahlin fürchtet sie aufgeopfert zu sein, sondern – –

       DER PRINZ

      Einer neuen Geliebten. – Nun denn? Wollten Sie mir daraus ein Verbrechen machen, Marinelli?

       MARINELLI

      Ich? – Oh! vermengen Sie mich ja nicht, mein Prinz, mit der Närrin, deren Wort ich führe – aus Mitleid führe. Denn gestern, wahrlich, hat sie mich sonderbar gerühret. Sie wollte von ihrer Angelegenheit mit Ihnen gar nicht sprechen. Sie wollte sich ganz gelassen und kalt stellen. Aber mitten in dem gleichgültigsten Gespräche entfuhr ihr eine Wendung, eine Beziehung über die andere, die ihr gefoltertes Herz verriet. Mit dem lustigsten Wesen sagte sie die melancholischsten Dinge – und wiederum die lächerlichsten Possen mit der allertraurigsten Miene. Sie hat zu den Büchern ihre Zuflucht genommen; und ich fürchte, die werden ihr den Rest geben.

       DER PRINZ

      So wie sie ihrem armen Verstande auch den ersten Stoß gegeben. – Aber was mich vornehmlich mit von ihr entfernt hat, das wollen Sie doch nicht brauchen, Marinelli, mich wieder zu ihr zurückzubringen? – Wenn sie aus Liebe närrisch wird, so wäre sie es, früher oder später, auch ohne Liebe geworden. – Und nun, genug von ihr. – Von etwas andern! – Geht denn gar nichts vor in der Stadt? –

       MARINELLI

      So gut wie gar nichts. – Denn daß die Verbindung des Grafen Appiani heute vollzogen wird – ist nicht viel mehr als gar nichts.

       DER PRINZ

      Des Grafen Appiani? Und mit wem denn? – Ich soll ja noch hören, daß er versprochen ist.

       MARINELLI

      Die Sache ist sehr geheimgehalten worden. Auch war nicht viel Aufhebens davon zu machen. – Sie werden lachen, Prinz. – Aber so geht es den Empfindsamen! Die Liebe spielet ihnen immer die schlimmsten Streiche. Ein Mädchen ohne Vermögen und ohne Rang hat ihn in ihre Schlinge zu ziehen gewußt – mit ein wenig Larve, aber mit vielem Prunke von Tugend und Gefühl und Witz – und was weiß ich?

       DER PRINZ

      Wer sich den Eindrücken, die Unschuld und Schönheit auf ihn machen, ohne weitere Rücksicht so ganz überlassen darf – ich dächte, der wäre eher zu beneiden als zu belachen. – Und wie heißt denn die Glückliche? Denn bei alledem ist Appiani – ich weiß wohl, daß Sie, Marinelli, ihn nicht leiden können; ebensowenig als er Sie –, bei alledem ist er doch ein sehr würdiger junger Mann, ein schöner Mann, ein reicher Mann, ein Mann voller Ehre. Ich hätte sehr gewünscht, ihn mir verbinden zu können. Ich werde noch darauf denken.

       MARINELLI

      Wenn es nicht zu spät ist. – Denn soviel ich höre, ist sein Plan gar nicht, bei Hofe sein Glück zu machen.

      – Er will mit seiner Gebieterin nach seinen Tälern von Piemont – Gemsen zu jagen, auf den Alpen, und Murmeltiere abzurichten. – Was kann er Besseres tun? Hier ist es durch das Mißbündnis, welches er trifft, mit ihm doch aus. Der Zirkel der ersten Häuser ist ihm von nun an verschlossen – –

       DER PRINZ

      Mit euren ersten Häusern! – In welchen das Zeremoniell, der Zwang, die Langeweile und nicht selten die Dürftigkeit herrschet. – Aber so nennen Sie mir sie doch, der er dieses so große Opfer bringt.

       MARINELLI

      Es ist eine gewisse Emilia Galotti.

       DER PRINZ

      Wie, Marinelli? Eine gewisse – –

       MARINELLI

      Emilia Galotti.

       DER PRINZ

      Emilia Galotti? – Nimmermehr!

       MARINELLI

      Zuverlässig, gnädiger Herr.

       DER PRINZ

      Nein, sag ich; das ist nicht, das kann nicht sein. – Sie irren sich in dem Namen. – Das Geschlecht der Galotti ist groß. – Eine Galotti kann es sein: aber nicht Emilia Galotti, nicht Emilia!

       MARINELLI

      Emilia – Emilia Galotti!

       DER PRINZ

      So gibt es noch eine, die beide Namen führt. – Sie sagten ohnedem, eine gewisse Emilia Galotti – eine gewisse. Von der rechten kann nur ein Narr so sprechen – –

       MARINELLI

      Sie sind außer sich, gnädiger Herr. – Kennen Sie denn diese Emilia?

       DER PRINZ

      Ich habe zu fragen, Marinelli, nicht Er. – Emilia Galotti? Die Tochter des Obersten Galotti, bei Sabionetta?

      

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