Elbflucht. Klaus E. Spieldenner
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Ene, mene muh – und raus bist du,
aus Santa Fu!
Der Roman spielt hauptsächlich in allseits bekannten Stätten, doch bleiben die Geschehnisse reine Fiktion. Sämtliche Handlungen und Charaktere sind frei erfunden.
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EPub Produktion durch CW Niemeyer Buchverlage GmbH
eISBN 978-3-8271-8394-1
Klaus E. Spieldenner
Elbflucht
Hamburg-Krimi
Zu diesem Zeitpunkt wusste der Hamburger
Patrick Monarch noch nicht, dass es die abgefahrenste Geschichte seines Lebens werden würde.
Aber welcher Mensch weiß so etwas schon vorher?
Knapp vorbei ist auch daneben
Hamburg, 9. Oktober 2007
Es musste einfach klappen. Sein Plan war sicher nicht der beste, doch jetzt gab es kein Zurück mehr. Patrick Monarch hatte noch vier Euro dreiundvierzig im Geldbeutel. Das reichte gerade für ein Brötchen und einen Kaffee. Dazu war sein Konto gnadenlos überzogen. Das meiste ging für die angemessene Bestattung Lindas drauf. Das letzte Geld zahlte er für einen kleinen Störsender und die Anmietung des ,20-Fuß-Containers‘. 600 Euro für drei Monate Containernutzung, dazu hatte man ihm 308 Euro für den Störsender abgenommen. Diese Summe hatte er sich von einem Kumpel geliehen. Aber er war guter Hoffnung, die Investitionen würden sich lohnen. Doch nun musste endlich wieder Geld in die leere Kasse. Eine Kapitulation war einfach nicht hinzunehmen.
„Scheiße!“, machte er seinem Unmut Luft.
Karl Wowering, Fahrer des Werttransporters, schaute seinen Kollegen Monarch auf dem Beifahrersitz erschrocken an: „Spinnst du, Patrick? Was hast du für Ausbrüche, so früh am Morgen!“
Der gepanzerte Werttransporter durchfuhr gerade eine der ihnen ausreichend bekannten Hamburger Schlaglöcher, und zum x-ten Mal an diesem Morgen wurden sie auf das Heftigste durchgeschüttelt. Dichter Nebel machte die Fahrt durch die Hansestadt nicht einfacher. Monarch spürte leichte Schmerzen in der Rückengegend.
„Jetzt bitte nicht noch die Bandscheibe!“, flüsterte er.
Die Sonne schlief noch, aber Monarch war klar, sie lauerte schon irgendwo dort hinter Borgfelde. Bald würden die ersten Strahlen dem Tag den Glanz geben, den er verdient hatte. Aber noch bot die Nacht dem Mann Deckung, war sein Schutz. Doch nicht mehr allzu lange.
Der Wagen mit den beiden Sicherheitsmitarbeitern hatte vor wenigen Minuten seine tägliche Tour von der Filiale in der Silcherstraße zu diversen Kaufhäusern und Kleinbanken in der HafenCity gestartet. 4,8 Millionen Euro lagen – verteilt auf sechs sogenannte P-Behälter – hinter den Männern im Laderaum.
Der orangefarbene Transporter der Hamburger Firma Money2Go raste gerade mit quietschenden Bremsen auf eine rote Fußgängerampel beim Hohenzollernring zu. Noch rechtzeitig brachte Wowering den Wagen zum Stehen. Ein Fußgänger mit Hund überquerte kopfschüttelnd die Straße. Der Rentner schimpfte Hände ringend vor sich hin. Patrick Monarch lief der Schweiß – trotz der niedrigen Außentemperaturen – über die Brust in Richtung Unterleib. Er unterließ es, in den Spiegel der heruntergeklappten Sonnenblende zu schauen. Sicher war sein Gesicht vor Aufregung extrem gerötet und der neunundvierzigjährige Hamburger spürte, wie die Feuchtigkeit auch auf der Gesichtshaut bedenkliche Ausmaße annahm. Monarch schaute rechts aus dem Wagenfenster, um dem Blick des Kollegen zu entgehen. Zum wiederholten Male heute schlich sich das schlechte Gewissen bei ihm ein. Er unterdrückte diesen Anflug, indem er seinen Fokus auf die vorbeigleitende Elbe lenkte. Patrick Monarch war durch und durch Hamburger und liebte die Stadt. Aber vielleicht saß er schon bald in einer Gefängniszelle. Vielleicht aber klappte sein Plan auch, und er durfte sich in kurzer Zeit Millionär nennen. Die Sendung ,Wer wird Millionär‘ fiel ihm ein. Seine Frau hatte sich vor Jahren einmal dort angemeldet, schaffte es auch tatsächlich bis in die Sendung. Doch bei der Auswahlfrage erwies sie sich als nicht schnell genug. Wenn sie damals fixer geraten und die Million gewonnen hätte? Nein, es machte keinen Sinn über ein ,Was wäre, wenn‘ nachzudenken. Fahrer Wowering bremste scharf vor einem Zebrastreifen. Fast hätte er einen Fahrradfahrer übersehen, der die Straße querte.
„Jetzt reicht es, kannst du nicht mit aufpassen? Es ist noch stockdunkel draußen!“
Monarch nickte entschuldigend. Er roch die Fahne des Kollegen. Wie oft hatte Wowering sich entschuldigt, sich mit vorabendlichen Saufgelagen herausgeredet. Natürlich war das gelogen. Einmal hatte Monarch ihn ertappt, wie er vor dem Spind in der Firma stand und aus einer Thermoskanne einen Schluck nahm. Sicher war ein Kaffee zwischendurch mehr als üblich. Aber später im ,Panzer‘, wie alle Fahrer des Unternehmens ihren Werttransporter fast liebevoll nannten, roch er erneut die frische Alkoholfahne des Mannes. Ihm konnte egal sein, ob Wowering Alkoholiker war. Da waren andere für zuständig. Anschwärzen würde er den Familienvater nicht. Aber erschießen? Monarch griff zur Pistole, die rechts am Gürtel baumelte. Dort hatte er auch den Störsender mit an den Hosengürtel gehängt, dessen halbes Dutzend Antennen nun für Druckschmerzen in der Hüfte sorgten. Die Drehbewegung des Kopfes und der fragende Blick Wowerings folgten unmittelbar.
„Die blöde Waffe, sie klemmt mir die Luft ab!“, flüsterte der Beifahrer entschuldigend und zeigte zur rechten Hüfte. Dabei änderte er umständlich seine Sitzposition. Wowering grinste und die doppelte Zahnlücke im rechten Oberkiefer zeigte eine schwarze Öffnung in den sonst relativ weißen Zähnen. Wowering hätte schon längst einen Zahnarzt ...! Wieder verfiel Monarch in diese Art Fürsorglichkeit, die ihm selbst zum Halse raushing. Sie brachte ihm damals bei der Bundeswehr die Position der Vertrauensperson ein und später sogar in eine Gewerkschaftsfunktion. Aber auf Hilfe folgte meist Ärger und massig Freunde gesellten sich dazu, die einen nur schamlos ausnutzten. Er musste aufpassen. Wenn er später über das große Geld verfügte, hieß es sich etwas einfallen zu lassen, bevor die ausgehungerten Geier über ihn herfielen.
„Was waren das noch Zeiten ...!“, begann der Fahrer seinen allmorgendlichen Monolog. Monarch kannte das gut. Entweder verlor sich Wowering nun in der Geschichte über die Euroeinführung zum Jahreswechsel 2001/2002 oder in den Überfall auf einen Geldtransporter vor wenigen Jahren in Frankfurt. Er kannte nur diese beiden Themen.
„130 Milliarden Euro haben wir gefahren. Tag und Nacht. Wenn ich danach mit Euroscheinen bezahlte, habe ich fast gekotzt. Konnte keine Euros mehr sehen. Scheine, Münzen; dazu kamen die Rücktransporte der D-Mark. Die Branche hat geboomt. Tausende von Aushilfskräften wurden eingestellt. Werttransporter wurden bestellt, die Umbaufirmen kamen kaum hinterher.“ Wowering schwieg einen Moment und stierte durch die Frontscheibe. Es schien, als ob er nachdachte. Dann folgte ein lauter Seufzer. „Doch bald ging es bergab“, fuhr er fort, während er einen Gang hochschaltete. „Aber es war abzusehen. Nie wieder