Lebenskreis. Hilla Beils-Müller
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Gedanken schlafen nicht,
das weiß Annemarie längst.
Sie legt ihre Blüten offen hin.
Dazu gehören Glücksgefühle
am Ende einer Krankheit.
Nach der OP ist sie geheilt
und von aller Angst befreit.
Ereignis-Blüten gibt es viele.
Sie halten munter und gelten
als kleine Lebens-Wunder.
Genügsames Viel
Ein genügsames Viel
schenkte Glücksgefühl.
Acht Jahre nach dem Krieg
nach der Trümmer-Aufbauzeit
ward Annemarie geboren und
lernte mit der vorgegebenen
Bescheidenheit zu leben
genau zu unterscheiden
zwischen unnötig und
lebensnotwendig.
Sie glaubte fest an
die friedliche Welt
an das kleine Etwas
für wenig Taschengeld.
Schreiben lernen kostete nichts.
Im Kopf rechnen ebenfalls nichts.
Die damals kraftlosen Menschen
die den Krieg überlebten sahen
still den Wohlstand entstehen.
Autos, Medien, Elektrogeräte
die Wirtschaft blühte auf.
Der Lohn der Arbeit war
klein und Angespartes
reichte nicht weit.
Folglich blieben
die Schränke leer
man improvisierte
heiter weiter und ließ
sich von nichts beirren.
Eine Tafel Schokolade
beispielsweise ergab
für jeden in der Familie
ein aufgeteiltes Etwas, das
fein im Mund zerschmolz.
Glücklich sahen wir uns an.
Heute in der Gegenwart
genießt die Annemarie
ihr Schriftsteller sein.
Sie textet mit Mut.
„Das Leben selbst
schreibt ein Buch“
gemütlich daheim in
ihrer Schreibkanzlei.
Heimatstadt Mayen
Wertschätzung möchte
gezielt komplimentieren:
Die Heimatstadt Mayen
darf jubilieren, schwärmen
von der Burg am Markt,
von den Toren der Stadt
und den engen Gassen
entlang dem Nette-Bach.
Ebenso bewundernswert
ist der jährliche Lukasmarkt,
die Burgfestspiele sowie
der Adventmarkt, wenn der
Lichterglanz in der Stadt
Festtagsstimmung macht.
Pathetisch man verspricht:
Ich vergesse Mayen nicht.
In dieser meiner Heimatstadt,
in der ich aufgewachsen bin,
stand die Wiege des Werdens
und die Prägung des SEINS.
Annemarie
Tagebuch
Von den drei Schwestern war Annemarie die Jüngste der fröhlich gelaunten Rasselbande. Die Eltern liebten sie sehr und bemerkten früh, dass Annemarie viel schwächer war als die beiden anderen Mädchen im Umgang mit den Anforderungen des alltäglichen Lebens. Deshalb bat die Mutter die zwei um Rücksicht und Verständnis für das kränkliche Verhalten von Annemarie.
Genau dieses vermochten die Schwestern nicht hören und bauten eine unsichtbare graue Mauer um Annemarie, die unendlich traurig wurde und kaum noch lachen konnte. Sie fühlte sich allein. Warum spielten die Schwestern plötzlich nicht mehr mit ihr? Wieso tuschelten sie unentwegt hinter ihrem Rücken? Dieses Verschmähen schmerzte so arg wie ein aufgelegter Stein auf ein krankes Herz und zartes Gemüt.
Wie gern wäre sie mit ihnen gelaufen und auf kleine Bäume geklettert. Annemarie weinte bitterlich und redete mit den Eltern darüber.
Kurze Zeit später, nach dem Besuch beim Kinderarzt, bei dem ein Herzklappenfehler entdeckt worden war, kam für Annemarie die Erlösung. Sie erlebte die Veränderung ihrer Schwestern, die nie mehr die Schwächen als Ausreden oder Tüttel-Verhalten bewerteten. Deren Einsicht schenkte Annemarie Liebe und Licht. Sie lachte wie vorher, bastelte mit Frohsinn und Spaß kunterbunte Dekorationen für ihr Kinderzimmer. Trotz der guten Laune fühlte sich Annemarie mehr und mehr kräftemäßig wie schachmatt.
Sie ließ es niemanden merken, liebte die Sonne, die Wärme, das Licht. Still bewegt bewunderte sie die Ausdauer und Stärke der Schwestern.
Annemarie schrieb vieles in ihr Tagebuch, um das sie heute alle beneiden. So oft drückt sie es beherzt an ihre Brust, denn schwarz auf weiß stehen die Gedanken aus der Kindheit auf Papier.
Kaufhaus
Noch heute erzählt Annemarie aus ihrem bescheidenen Leben.