Drachenzähmen leicht gemacht (3). Strenggeheimes Drachenflüstern. Cressida Cowell
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Hicks erreichte das Seilende im selben Augenblick, in dem sich Fischbein über die Bordwand schwang und aus voller Brust »J-A-A-A-A-A-A-A-A-A-A-H!« schrie. Grobian wäre stolz auf ihn gewesen.
Fischbein landete auf dem Deck, schwang sein Schwert so drohend und barbarisch, wie er nur konnte, über dem Kopf und erwartete eigentlich nur, es mit zwei oder drei zu Tode erschrockenen friedländischen Fischerleuten zu tun zu haben.
Stattdessen drehten sich dreihundertfünfzig der feinsten und tapfersten und brutalsten Soldaten des römischen Weltreichs zu ihm um – von Zehen bis Zähnen mit den modernsten Waffen ausgestattet – und glotzten ihn an.
»Oh Scheiße«, flüsterte Hicks, der noch am Seil hing und vorsichtig über die Bordwand linste, voller Inbrunst. »Und das soll unser Glückstag sein …?«
3. DER KLEINE IRRTUM DES WIKINGERHELDEN FISCHBEIN
»Oh nein«, stöhnte Fischbein oben auf dem Deck. Allmählich dämmerte ihm, dass das hier ganz bestimmt KEIN friedländisches Fischerboot war.
Sondern eine stattliche römische Galeere, siebzig Meter lang vom Bug bis zum Heck. Die Segel strahlten in reinstem Weiß, und als Hicks seinen Hals verdrehte, konnte er hoch oben die Flagge mit dem römischen Reichsadler ausmachen, die lustig im Wind flatterte. Das Schiff war zum Bersten gefüllt, offenbar mit einer halben Legion römischer Elitesoldaten. Sie starrten Fischbein mit einer Mischung aus ungläubigem Staunen und wachsender Wut an. Mittschiffs, neben dem Mast, stand ein gigantischer Eisenkäfig.
Und hinter den Gitterstäben saß eine enorme Menge Drachen gefangen, von jeder denkbaren Art und Vielfalt. Tödliche Naddern, Fliegende Drachogatoren, Rotfleckige Dämlichgreife, ein paar Gelbbrüstige Vampirinchen und eine Menge Gewöhnliche oder Felddrachen … Egal, welche Art, sie alle waren dort im Käfig zusammengepfercht: ein wildes Gemisch von Krallen und Klauen, Flügeln und Fängen, Schnäbeln und Scharfzähnen – sie alle sollten an die Restaurants und Schuhmacher Roms geliefert werden.
»Oh, um Thors willen«, stöhnte Hicks flüsternd. »Römische Drachenhändler. Ich kann’s nicht glauben …«
»Ah«, sagte Fischbein oben auf dem Deck mit nervösem Grinsen, wobei er sich rückwärts zur Bordwand schob. »Kleiner Irrtum, Leute, merke ich grade. Falsches Boot, versteht ihr?« Er versuchte ein völlig entspanntes, ungezwungenes Lachen. »Tut mir echt leid, dass ich euch gestört hab, Leute … Achtet einfach nicht auf mich, ja? Macht nur einfach weiter …«
Nicht weit von ihm entfernt stand ein Soldat, ein zwei Meter großer Zenturio mit Beinen wie Baumstämme, der mit drohender Geste sein Schwert zückte.
»Und wohin so eilig?«, fragte er Fischbein auf Lateinisch*. Er streckte seine große Hand aus, um Fischbein zu packen, aber der tauchte in letzter Sekunde unter seinem Arm weg.
»HALTET IHN!«, brüllte der große Zenturio und sechs oder sieben Soldaten stürzten sich auf Fischbein.
Also, wenn Hicks ein richtiger, traditionsbewusster Raufboldheld gewesen wäre, hätte er jetzt sein neues Schwert Wagemut gezogen und sich über die Bordwand geschwungen und hätte aus voller Lunge den Raufboldkriegsruf ausgestoßen und wäre seinem Freund in höchster Not zu Hilfe geeilt und so.
Aber wenn Hicks ein richtiger, traditionsbewusster Raufboldheld gewesen wäre, dann wäre er schon seit dem ersten Band dieser seiner Memoiren so tot wie ein Rollmops gewesen. Ein edler Rollmops vielleicht, ein ruhmbekleckster, mutiger Rollmops; aber nichtsdestotrotz ein ganz, ganz toter Rollmops.
Stattdessen ließ sich Hicks, so still und heimlich er nur konnte, über die Bordwand gleiten. So leise wie ein Gespenst versteckte er sich hinter ein paar Amphoren mit Olivenöl, die auf dem Deck standen, und zwar unmittelbar neben einem großen zeltähnlichen Baldachin. Mittlerweile wurde Fischbein von den römischen Soldaten gejagt. Die Jagd dauerte nicht sehr lange. Fischbein schlug Haken, so gut er konnte, aber am Ende prallte er direkt gegen den Bauch des gewaltigen Zenturios, der ihn mit einer seiner Pranken packte und glatt vom Boden hochhob.
»Na, wen haben wir denn da …?«, bellte der Zenturio, während Fischbein um sich kickte wie ein aufgespießter Mistkäfer. »Ein wahrhaft Furcht einflößendes Wikingerchen, das uns ganz allein angreift …?«
»Hahaha!«, röhrten die übrigen dreihundertneunundvierzig Soldaten, die das zum Biegen komisch fanden.
»Das ist alles ein riesiges Missverständnis!«, jammerte Fischbein und begann sich heftig zu kratzen, weil seine Pickel in solchen Stresssituationen immer besonders stark juckten. »Bitte lasst mich los …«
»Wir bringen dich zum Boss, mein kleiner Barbar«, sagte der Zenturio. Er trug Fischbein zum Zelt hinüber, hinter dem sich Hicks versteckt hielt.
Hicks spähte hinter den Amphoren hervor. Vorsichtig schob er den Zeltvorhang ein wenig zur Seite, um besser sehen zu können, was da abging.
Fischbein war inzwischen knallrot angelaufen, zitterte heftig und seine Pickel juckten höllisch. In diesem Zustand brachte man ihn vor die beiden reich gekleideten Männer, die unter dem Zeltdach lagen, nur einen Meter von Hicks’ Versteck entfernt.
Der eine Mann war sehr, sehr dick. So dick, dass seine Bauchspeckfalten über die Couch quollen und herunterhingen, wo sie von einem kleinen Sklaven hochgehalten wurden. Der andere Mann war sehr, sehr dünn und trug einen seltsamen Helm mit einem gigantischen Federbusch und einem Visier, das seine Augen bedeckte.
Der fette Römer aß Nanodrachen in Honig von einem Teller, der auf einem kleinen Tisch vor ihm stand. Nanodrachen waren eine besonders winzige Drachenart und kamen so oft vor wie Insekten. Sie hatten ungefähr die Größe von Heuschrecken. Die armen Viecher waren noch lebendig und zappelten herum, konnten aber nicht fliehen, weil der Honig ihre hauchzarten Flügel verklebte. Hicks konnte ihre jammervollen Hilferufe hören, wann immer der Dicke mit seinen wulstigen Fingern nach einem Nanodrachen griff und ihn verschlang.
Der fette Römer war schwer zu verstehen, weil er mit vollem Mund sprach. Gerade hatte er eine große Portion Nanodrachen im Mund.
»Beim Jupiter, Präfekt«, nuschelte der fette Römer gedehnt. »Glaube fast, wir sind von diesem barbarischen Winzling angegriffen worden!«
»Richtig, Präfekt«, antwortete der Dünne Präfekt. »Dieses Exemplar hier kenne ich bereits. Er gehört zu einem der hier ansässigen Stämme, von denen ich dir erzählt habe. Ich mache mir große Sorgen, dass sich diese Stämme wieder einmal UNSEREM TEUFLISCH SCHLAUEN PLAN widersetzen könnten.«
»Oh, äh, ach so, ja, erkläre mir doch noch einmal, was unser teuflisch schlauer Plan war?«, fragte der Dicke Präfekt.
»Erstens: Wir verkleiden uns geschickt als Raufbolde und entführen den Stammeserben der Grausamen Sumpfdiebe …«
»Wunderbar«, spuckte der Dicke Präfekt mit vollem Mund.
»Zweitens: Wir verkleiden uns geschickt als Grausame Sumpfdiebe und entführen den Stammeserben der Räuberischen Raufbolde …«
»Präfekt,