Bayerische Hinterhand. Dinesh Bauer

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Bayerische Hinterhand - Dinesh Bauer

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dich hehra, kost aa ned mehra.« Sonnleitner begrüßte ihn mit – unter den gegebenen äußeren Bedingungen – ausgesuchter Höflichkeit. Sein Kompagnon grunzte säuerlich. »Aa scho da, wir warten schon eine Viertelstunde.« Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, widmeten sie sich in stiller Andacht ihren »belegten Brötchen«. Augenscheinlich waren sich die bockbeinigen Bauernfünfer keiner Schuld, keines »Fehlverhaltens« bewusst. Von schlechtem Gewissen keine Spur. Mit Small Talk würde er auf Grund laufen, daher kam Pföderl auf die tragischen Ereignisse im Lindenwirt zu sprechen. Ohne dabei mit der Tür ins Haus zu fallen: »Taugt er was, der Leberkäs?« Die Frage war selbstredend eine rhetorische – und Sonnleitner passte den Ball zurück.

      »Der beste weit und breit. An den Rauch kommt keiner hin, nicht der Schraml, nicht der Holzner und schon gar nicht der Flötzinger, der Gammelfleisch-Tandler!« Sonnleitner, immerhin Polizeihauptmeister, schien sich nicht im Geringsten um die von Staatsanwalt Dr. Knittelbeck angedrohten »disziplinarischen Konsequenzen« zu scheren.

      Barthl nickte bedächtig: »Und das Bier, gschmackig?«

      Nun war Rabensteiner an der Reihe. »Bräuberger Export Dunkel. Das einzig Wahre, da geht nix drüber. Das Bier vom Stern-Bräu ned und das grausige Gesöff vom Grüner-Bräu gleich gar ned!«

      »Wenn du denen einen Träger abkaufst, kriegst a Packung Paracetamol gratis dazu«, grinste Sonnleitner boshaft.

      »Ihr seid die Profis, ihr müsst es wissen«, pflichtete ihnen Pföderl launig bei und deckte sich seinerseits erst einmal mit lukullischen Sauereien ein. Er hatte Gesprächsbereitschaft signalisiert. Ob diese Botschaft angekommen war? Man würde sehen, inwieweit sich die Dickschädel auf das Frage-Antwort-Spiel einließen. Die Fleischpflanzerl sahen wirklich zum Reinbeißen aus, das Gleiche galt für die goldgelb glänzenden Brezen. Nur beim Bier zögerte Barthl. Er war schließlich im Dienst – und kein Bulle vom Schlag Sonnleitners.

      Die Ureinwohner dieser gebirgigen Gegend verstanden sich auch ohne große Worte – dazu reichten wenige unzweideutige Gesten und Gebärden. Das über Jahrhunderte eingeübte Territorial- und Sozialverhalten half den »Hiesigen«, auftretende Unstimmigkeiten und Meinungsverschiedenheiten auszuräumen, ehe diese eskalierten. Pföderl hatte sich zu seinen beiden Stammesbrüdern an den Biertisch gesellt – und biss herzhaft in das faschierte Laiberl. »Mmmh, ein Gedicht. Außen resch, innen saftig, mit klein gehackten Zwiebeln und gescheit gewürzt, mit viel Paprika.« Rabensteiner und Sonnleitner nickten zustimmend und nuckelten wie zwei Neugeborene einträchtig an ihren Fläschchen. Das harmonische Häppchen-Happening war allerdings nicht von Dauer.

      »Was willst wissen?«, schaltete Rabensteiner in den Angriffsmodus. »Oder brauchst bei der Brotzeit Begleitschutz?« Sonnleitner blinzelte scheinbar unbeteiligt in die Morgensonne, doch der alte Fuchs war auf der Hut. Die Befragung würde zäh werden, so zäh wie mit Flachsen durchzogenes Suppenfleisch.

      Pföderl beendete das Vorgeplänkel und ging in medias res. »Was soll ich sagen, ein Mordfall ist immer eine unangenehme Angelegenheit – und mit Unannehmlichkeiten für alle Beteiligten verbunden.«

      Rabensteiner gab sich schmallippig. »Was du nicht sagst!«

      Sonnleitner zeigte sich gleichsam wenig auskunftsfreudig: »Blöd gelaufen, das mit dem Ehgartner.«

      Barthl biss ein letztes Mal in seine Breze, dann stellte er die Frage, die ihm schon die ganze Zeit auf den Nägeln brannte. »Also noch mal zum Mitschreiben: Ihr klopft’s Karten. Da fällt ein Schuss – und der Ehgartner tot um. Und wie reagiert ihr? Sichert ihr den Tatort, verständigt’s die Kollegen? Nein, ihr verzieht’s euch wie zwei Beutelschneider. Es ist euch schon klar, dass ihr euch damit hochgradig verdächtig macht’s?«

      Sepp Sonnleitner kraulte seinen stoppeligen Kinnbart. »In der ›Linde‹ waren wir quasi inkognito.«

      »Undercover – sozusagen«, flocht Rabensteiner ein.

      »Wie schaut das aus, wenn ich als Polizist um hohe Einsätze spiele? Fuchzgerl, Markl! Meine Frau macht mir die Hölle heiß.«

      Rabensteiner sprang seinem Spießgesellen bei. »Was der Sepp sagen will: Es wird immer schlimmer bei uns. Ein gläsernes Irrenhaus! Me Too und der ganze Scheiß. Glang heut’ irgendeiner Nutten an die Dutten – schon bist fällig. Wenn mein Chef spitzkriegt, dass ich zum Zocken geh, heißt es Spielsucht, erpressbar, als Security-Mann untragbar. Und ich bekomm eine Abmahnung oder gleich ein blaues Brieferl.«

      Pföderl hielt die Einlassungen des Dorf-Doppels zwar für reine Schutzbehauptungen, hakte aber fürs Erste nicht nach. »Was ihr in eurer Freizeit macht, ist mir wurscht. Und für die juristische Bewertung des Sachverhalts ist der Staatsanwalt zuständig – und nicht ich.« Behutsam tastete er sich vor: »Ihr hättet doch eure Aussagen zu Protokoll geben können. Verdammt noch mal, das ist doch nicht zu viel verlangt – ihr wart doch beide auf der Polizeischule, da müsstet ihr doch wissen, dass euer Abseilakt keinen guten Eindruck hinterlässt.« Wie der Pfarrer im Beichtstuhl redete Pföderl den beiden »Sündern« gut zu. »Also raus mit der Sprache, was habt ihr euch dabei gedacht? Und ich will keine Ausflüchte mehr hören.«

      Sepp räusperte sich – und streute einen reumütigen Unterton in seinen dröhnenden Bass. »Wir standen unter Schock, verstehst? Die Kugel ist keine 30 Zentimeter an meinem Ohrwaschel vorbeigerauscht. Das lässt keinen kalt. Wir wollten nur weg, eine Fluchtreaktion, verstehst?«

      »Wir waren mit den Nerven runter, sind im Auto gesessen und haben uns mit selbst gebranntem Obstler abgefüllt – angetrunken, wie wir waren, wollten wir nicht in der Gegend herumkutschieren. Logisch, oder?« Rabensteiner vertiefte sich in die Betrachtung der leeren Bierflasche und der mit süßem Senf bekleckerten Serviette. »Ein Schnapserl hilft, wenn die psychische Belastung zu krass wird. Nervennahrung. Bis weit nach Mitternacht haben wir die Klampfen kreischen lassen, Sweet Home, TNT, weißt schon.«

      Sonnleitner legte eilig nach. »Das musst du dir mal geben, da wird vor deinen Augen ein alter Freund erschossen, da wärst du auch auf Hundert!«

      Pföderl biss auf Granit. Sollte er nachbohren, dem »Verhör« eine andere Richtung geben? »Jetzt druckst nicht herum, als ob ihr vor versammelter Klasse die ›Glocke‹ von Schiller auswendig aufsagen sollt.« Pföderl suchte den Blick Sonnleitners, der mehr zu verlieren hatte als sein Spezl, der auf der Gehaltsliste einer privaten Security-Firma stand.

      Rabensteiner raunzte angefressen. »Wir haben nix gesehen, wir wissen ned, wer auf den Ehgartner geschossen hat, was hätten wir also aussagen sollen?«

      »Beim Schafkopfen musst mitdenken, mitzählen. Da bist du total fokussiert und nimmst deine Umgebung nur schemenhaft wahr – auf einmal macht’s bumm und den Ehgartner haut’s um!«

      So kam er nicht weiter – er würde seine Taktik ändern und von der Flanke her attackieren. »Wie war der Ehgartner drauf? War er irgendwie aufgeregt, angespannt oder hat er einen verängstigten Eindruck gemacht?«

      Sonnleitner winkte ab. »Im Gegenteil, die Sudsau war super drauf. Drei Solo, zwei Wenz, alle einwandfrei. Der hat uns über den Tisch und das Geld nur so aus der Tasche gezogen. Ich war gewiss schon an Dreißiger in den Miesen, dann hat er ein Herz Solo angesagt.«

      Rabensteiner fuhrwerkte mit seinen Pranken herum. »Lauter Luschen, aber das Solo hätt’ er verlieren können. Der Tiroler hatte ein Eins-a-Blattl auf der Hand.«

      Pföderl war Bayer, ein geduldig abwartender Ermittler, aber er ließ sich ungern für dumm verkaufen. »Ein Wort noch über Eichel Ober und Gras Sau, dann sehen wir uns morgen früh bei mir im Büro in Rosenheim. Also, ist euch an ihm etwas

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