Bayerische Hinterhand. Dinesh Bauer
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Pföderl seufzte. »Was diese Dreckspatzen ned alles wegschmeißen. Und am Parkplatz selber?«
»Auf dem asphaltierten Teil wimmelt es von Ölflecken, Reifenabrieb et cetera, aber ich bezweifle, dass man die vorhandenen Spuren bestimmten Fahrzeugtypen zuordnen kann. Weiter hinten hat die Straße einen festen Kiesbelag, auch nicht grad ideal.«
Pföderl winkte ab. »Eh ned, kannst vergessen! Aber du kennst doch den Orterer, diesen Gschaftlhuber.« Eigentlich mochte er »Gollum«, wie er den Chef der Kriminaltechnik hinter vorgehaltener Hand nannte, ganz gut leiden. Fritz Orterer war ein Unikum, der mit einem gepflegten schwarzen Humor gesegnet und stets zu deftigen, nicht ganz jugendfreien Späßen aufgelegt war. Mit »Gollum« konnte man prima um die Häuser ziehen und die Korken knallen lassen. Einem erlesenen Whiskey oder Sherry war Orterer nie abgeneigt. Im Grunde war er ein cooler Typ, der sich auf seine fachlichen Fähigkeiten und seinen ausgeprägten detektivischen Spürsinn nichts einbildete, was Barthl allerdings auf den Senkel ging, war sein Hang zu Pedanterie und Besserwisserei. »Mich interessiert viel mehr, wo der Rest von der Schafkopf-Runde abgeblieben ist. Die waren doch alle mit dem Auto da, oder irre ich mich?«
Gietl lachte trocken: »Der Rest, ha, das hast schön gesagt, Barthl! Der Sepp und der Vitus werden so weit nicht sein – auf den Schreck nauf nageln sie sich garantiert die Birne zu.«
Pföderl zog die Brauen hoch. »Nicht dein Ernst, oder! Und diese Gmoadeppen sollen Staatsdiener respektive im Vorruhestand sein? Hauptsache sie kassieren ab, oder?«
In einer entschuldigenden Geste zuckte der Polizeiobermeister mit den Achseln. »Ja mei, vielleicht verfolgt der Sepp ja auch eine heiße Spur. Der meldet sich schon noch! Aber wo ist dieser Jeep-Fahrer aus Tirol hin, hm?«
Der Kommissar zwirbelte sein kümmerliches Kinnbärtchen – und nahm sich vor, sich morgen vor Dienstantritt gründlich zu rasieren. »Seit einer knappen Stunde läuft doch die Fahndung nach einem SUV, einem X3 oder so, der angeblich oben beim Friedhof gesehen worden ist. Und auf Teamwire heißt es, dass wir nach einem Mann mit doppelläufiger Flinte suchen, der dort oben herumgeballert und ein Trafohäuserl zerlegt hat. Da kenn sich noch einer aus …«
Gietl nickte gedankenschwer. »Wir verschwenden hier bloß unsere Zeit, sag ich dir.«
Der Kriminaloberkommissar musste dem Streifenbullen insgeheim recht geben, auch er zweifelte an der Sinnhaftigkeit ihres Tuns. Wenn die »Bluthunde« die Fährte des Täters aufgenommen hatten, gab es Wichtigeres, als den Tatablauf minutiös zu rekonstruieren und dazu Zeugen zu befragen, die wenig gehört und noch weniger gesehen hatten. Pföderl war ein ruhiger, besonnener Mensch, den so leicht nichts aus der Fassung brachte. Doch er hatte eine cholerische, aufbrausende Ader. »Fix noch einmal, wo bleibt denn unser Bier. Rollen die das Banzl vom Kirchenwirt hoch?«
Oben Schaum, unten Traum. Zwei Weißbier-Humpen standen perlend und schäumend vor ihnen auf dem Tisch. Das herbe, dennoch leicht süßlich schmeckende Manna rieselte ihre Kehlen hinab. »Ahh, irgendwie scho’ schad um den Ehgartner. Ein gutes Bier hat er gemacht!« Pföderl war wieder eins mit sich und der Welt. »Was meinst, Fesl? So ein Weißbier ist ein wahres Lebenselixier, ha? Geht aufs Haus, sprich auf Spesen.«
Gietls Grinsen war so breit wie die Koteletten von Elvis. »Die Kellnerin hat ausgesagt, dass der Biergarten zum Tatzeitpunkt noch so gut wie leer war. Bis auf die Stammtischbrüder und die vier Kartler am Tisch fünf. Sie hat alle Gäste einwandfrei identifiziert. Allein der vierte Mann war vorher noch nie hier gewesen, ein eingebildeter, eitler Gigerl mit Fieslings-Visage.«
Der Kommissar spöttelte launig. »Mit unserem Face Design System FACETTE müsste sich doch ein Phantombild erstellen lassen. Heut’ gibt’s doch für jeden Scheiß eine App oder ein Tool. Sollen die Computer-Heinis einen Steckbrief des Gesuchten basteln – und rein damit in die webbasierten Fahndungssysteme. INPOL, POLAS, SIS und wie das ganze Graffe heißt. Sobald wir wissen, wer der Goaßenficker ist, kriegen wir ihn auf den Schirm: Alter, Gewichtsklasse, Schuh- wie Schwanzgröße.«
Gietl mochte kein Muster an Zuverlässigkeit und Pflichteifer sein, aber auf den Kopf gefallen war er nicht, selbst wenn er sich gern in Schwejkscher Manier die Maske des einfältigen, minderbemittelten Provinzbullen aufsetzte. »Wenn wir das Kennzeichen der Karre hätten, könnten wir uns die Arbeit sparen.« Einen Versuch war es wert. INPOL, POLAS & Co. konnten warten.
»Schick mir den Wirt und die Kellnerin rüber. Du verhörst die vier Saufbeidl – und krall dir die zwei Lederjacken aus Kolbermoor, die Schafszipfel sollen die Einvernahme protokollieren.«
Gietl zog einen Flunsch. »Die versoffenen Loder leiden doch an chronischem Gedächtnisschwund. Die waren vorher schon ganz bremsig, weil sie angeblich noch einen wichtigen Termin im Sternbräu haben.« Zeugenaussagen von Personen, die unter Alkoholeinfluss standen, galten als wenig verlässlich – ihre Validität war fraglich. Ob eine solche Aussage in einem späteren Verfahren verwertbar war, war Ansichts- und Auslegungssache.
Pföderl bestand jedoch darauf, dass sich Gietl die Fettleber-Fraktion vorknöpfte. »Ihre Zeugenaussage brauche ich so oder so – schon für den Schlussbericht. Vielleicht ist den Foamzuzlern ja doch was aufgefallen. Jedes Detail wär’ wichtig. Vielleicht kommt ihnen dieser Tiroler irgendwie bekannt vor, die kennen doch jede Schnapsnase im Umkreis von 50 Kilometern.«
Gietl stemmte sich schwerfällig hoch und grummelte: »Das Nummernschild, wenn sie sich das gemerkt hätten, die Deppengfrießer! Zumindest die Kennbuchstaben des Bezirks!« Der Drei-Sterne-Bulle trottete davon, da fiel Pföderl noch etwas ein.
»Fesl! Schau, dass du Sonnleitner erreichst. Quatsch ihm von mir aus auf die Mailbox. Der gwamperte Gschwollschädel sollte doch eigentlich wissen, dass er eine Zeugenaussage machen muss. Für was ist er Polizist! Also, sag ihm, dass er sich umgehend melden soll, sonst lass ich ihn und den anderen Kasperlkopf vorladen!« Gietl salutierte lässig und zeigte damit an, dass er verstanden hatte. »Und noch was. Die Kollegen aus Kolbermoor sollen sich die Schrottkübel unserer Stammtisch-Spezln vornehmen. Handschuhfach, Kofferraum et cetera. Trau, schau, wem! Und bestell dir noch ein Weißbier, geht auf mich.«
Gietls Miene hellte sich mit einem Schlag auf – und er machte sich mit frischem Elan an die Befragung der Zeugen. »Geht klar, Chef. Ich sammle die Autoschlüssel der Bande ein, fahrtüchtig sind die allesamt nicht mehr. Nur der Glaser ist mit dem Fahrrad da, den brauchen wir also nicht zu filzen.« Mit einem selbstzufriedenen Grinsen verschränkte Barthl die Arme. Im Interesse einer erfolgreichen Ermittlungstätigkeit musste man die Arbeit delegieren und die Mitarbeiter motivieren können. Das war die Kunst, dann lief alles wie geschmiert.
Die Ermittlungen in einem Mordfall waren für jeden beteiligten Kripobeamten eine Herausforderung. Man war gezwungen, eine Unzahl von Puzzleteilchen zu sichten, ehe sich darin ein Muster ablesen ließ und schließlich ein klares Bild ergab. Um die Tat und ihre Hintergründe aufzuklären, hieß es, methodisch und systematisch vorzugehen. Weißbier hin, Kastanienbaum her: »Wie lang soll denn das Kasperltheater noch dauern? Wegen euch Hanswursten darf ich meine Wirtschaft zusperren. Wer kommt denn bittschön für meinen Verdienstausfall auf?« Lindenwirt Sepp Reinbacher stand da, als ob er für ein Denkmal für die Helden des bayerischen Bauernaufstands anno 1705 posierte. Eine Hand entschlossen in die Hüfte gestemmt, den kühnen Blick anklagend auf den Eindringling, auf Bartholomäus Pföderl, gerichtet. »Schauen S’ doch selber! Keine Gäste, kein Geld!« Dies hier war Reinbachers Reich, und der König der Kartoffelknödel,