Die ehrenwerten Diebe. Will Berthold

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Die ehrenwerten Diebe - Will Berthold

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ein.

      Wir nahmen ein Taxi. Ein Hotel brauchten wir nicht zu suchen, es war vereinbart, daß wir im Gästehaus der ELUX-Werke wohnen sollten.

      Helga alias Eva spielte ihre Rolle mustergültig, und ich ertappte mich dabei, daß ich ihre Zärtlichkeiten erwiderte, ohne an meinen Auftrag zu denken – ich nahm mir einiges vor für die Siegesfeier, aber davon waren wir noch weit entfernt.

      Die Herren, mit denen mich noch am Vormittag Generaldirektor von Kettener bekanntmachte, verhehlten nur sehr oberflächlich, daß sie mich für einen lästigen Eindringling und protegierten Parvenü hielten. Noch schlimmer ging es mir mit Kriminalkommissar Sperber, der wie ein Hamster aussah und die Polizeifahndung nach den Werkspionen leitete.

      »Wo kommen Sie denn so plötzlich her?« fragte er und musterte mich wie ein ausgestopftes Krokodil.

      »Steht alles in meinen Papieren«, erwiderte ich. »Im übrigen sollten Sie Ihre Manieren etwas aufbügeln lassen.

      Normalerweise komme ich mit Kriminalbeamten sehr gut aus, aber mit Sperber verband mich keine Liebe auf den ersten Blick. Der Mann war verbittert, weil er nicht vorankam. Polizisten sind gewohnt, mit Dieben, Räubern, Einbrechern und Mördern umzugehen, aber nicht mit Straftätern, die als Rechtsanwälte, Marktforscher, Unternehmensberater, Werbefachleute, Steuerberater, Computer-Spezialisten und Börsen-Jobber auftreten und – vielleicht – zu den ehrenwerten Dieben gehören.

      Hier ist der normale Kriminalbeamte hoffnungslos unterlegen. Um den White Collar-Tätern ebenbürtig zu sein, müßte er Wirtschaftswissenschaft, Juristerei und Ingenieurwesen zugleich studiert haben und dazu noch ein ausgebildeter Kriminalist sein.

      Deutschlands größtes Versandhaus zum Beispiel hatte durch den Verlust seiner Kundenkartei einen Schaden von mehr als einer Million erlitten. Die Firma gab für private Ermittlungen über 300000 Mark aus. Die Spur führte zu einer Briefkastenfirma in Vaduz, die das von ugetreuen Mitarbeitern unterschlagene Material – Mikrofilme, Magnetbänder, Lochkarten und Geschäftskorrespondenz – auswertete und an eine Schmuckwarenfirma in Pforzheim verkaufte.

      Sie konnte – Ausnahme der Regel – tatsächlich vom Gericht für den Schaden haftbar gemacht werden; aber nicht die an sich zuständige Polizei hatte den Fall gelöst, sondern hochqualifizierte und hochdotierte Privatfahnder, die sich das Versandhaus leisten konnte. Andere geschädigte Firmen konnten schon deswegen keine ähnlichen Untersuchungen anstellen, weil sie durch unlautere Machenschaften in den Konkurs getrieben worden waren.

      Sperber trat auf der Stelle. Polizeiliche Routine rotierte längst im Leerlauf. Der Mann war froh, daß er etwas Neues zwischen den Zähnen hatte, und ich überlegte, wie lange er brauchen würde, um in mir den Konkurrenten zu entdecken. Jedenfalls war mir klar, daß er noch an diesem Tag meine Referenzen einzeln zerlegen würde.

      Da der Personalchef ›erkrankt‹ war, besetzte ich sein Zimmer.

      Obwohl ich mir zunächst nur die Akten der XYZ-Mitwisser vornahm, brauchte ich einen ganzen Tag, um mich durchzubeißen. Die Vernehmung, der sich die drei Vorstandsmitglieder freiwillig unterzogen hatten, war offensichtlich zu einer Zerreißprobe geworden: Kriminalkommissar Sperber hatte weder ihnen noch sich etwas geschenkt.

      Der distinguierte, würdige Generaldirektor mußte zugeben, daß seine Ehe unter einer schweren Krise litt, weil er mit einer Freundin liiert war, die im Alter seiner jüngsten Tochter stand.

      Der technische Direktor gestand Schulden ein, die aus einer verfehlten Aktien-Spekulation entstanden waren, zudem blieb die Affäre mit einer inzwischen längst entlassenen Sekretärin nicht verborgen.

      Am peinlichsten war die Inquisition zur Probe für den Chefkonstrukteur verlaufen – ich kannte ihn dem Namen nach von zahlreichen Veröffentlichungen in Fachzeitschriften: Sein einziger Sohn verbüßte gerade in einer Strafanstalt eine dreijährige Gefängnisstrafe wegen Betrugs im Rückfall.

      Handschriftliche Anmerkung eines Polizeibeamten: ›Ein Anruf bei der Gefängnisleitung hat ergeben, daß der Betreffende tatsächlich noch einsitzt.‹

      »Ach, nein«, sagte Kriminalkommissar Sperber (er war eingetreten, ohne anzuklopfen), »das ist ja lustig. Sie wühlen in meinen Vernehmungsprotokollen, während ich mich mit Ihren Bewerbungsunterlagen befasse.«

      »Würden Sie bitte das nächstemal anklopfen?« fragte ich ihn.

      »Entschuldigen Sie«, erwiderte er. »Sie wissen doch, daß wir Polizisten ungehobelte Burschen sind.«

      Vor allem wußte ich, wie gefährlich er war. Ich sollte erleben, daß er sich durchaus glatt und höflich zu benehmen wußte – er provozierte nur, wenn er seinen Gesprächspartner aus der Reserve locken wollte.

      »Sie scheinen ja ein außergewöhnlich tüchtiger Mann zu sein«, kam der Polizeibeamte zum Thema. »Trotzdem hätte ich gern von Ihnen erfahren, welche Leiche Sie mit dem Generaldirektor im Keller haben?«

      »Was heißt das?« fuhr ich ihn an.

      »Sie wissen doch ganz genau, daß außer dem Hausherrn kein Mensch von Ihrem Eintritt in die Firma begeistert ist.«

      »Das ist mir gleichgültig.«

      »Ihre Frau kommt besser an als Sie«, fuhr er betont beiläufig fort.

      »Immerhin.«

      »Nur ist sie leider nicht Ihre Frau«, stieß er zu. »Jedenfalls weiß das Standesamt von keiner Traung.«

      »Gut«, schaltete ich schnell. »Wir sind nicht verheiratet. Ist das ein Verbrechen?«

      »Das nicht«, erwiderte er gedehnt, »aber doch eine Lüge – wenn nicht vielleicht doch ein Anstellungs-Betrug.« Er genoß seinen Triumph. »Und wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch …«

      »Ich hab’ zu tun«, entgegnete ich mit gespieltem Ärger.

      Die kleine Panne, die mir unterlaufen war, bewies mir nur, wie ausgezeichnet die von Generaldirektor von Kettener – unter Mitwirkung Siebeners – beschafften Unterlagen gewesen sein mußten.

      Ich kam nicht weiter. Es erging mir wie Kriminalkommissar Sperber. Trotz meiner Fachausbildung verbiß ich mich in Nebensächlichkeiten – letztlich war es nur Beschäftigungs-Theorie.

      Innerhalb des Werks gab es lediglich drei Mitwisser, und diese waren lupenrein. Wissentlicher Verrat schien auszuscheiden, also konnte es sich nur um unbewußten handeln.

      Ich aß mit dem Generaldirektor im Kasino.

      ›Noch ein paar Fragen‹, sagte ich. »Die Herren des Vorstands nehmen hier täglich ihr Essen ein?«

      »Fast immer«, entgegnete er.

      »An einem Tisch?«

      »Manchmal«, erwiderte er. »An sich wird ja selten über berufliche Dinge gesprochen, aber wenn man so aus den Sielen kommt, neigt man natürlich dazu, über seine Arbeit zu sprechen.«

      Es gab Paprikaschoten, ich biß auf ein Pfefferkorn und schluckte es hinunter, spülte etwas Rotwein hinterher. Küche und Service waren übrigens ausgezeichnet. Der Kellner André, der uns bediente, hätte jedes Grandhotel geziert.

      »Zahlen Sie denn so gut, daß Sie sich ein so hervorragendes Personal

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