Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer Paket

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der Arzt dann zu der Hütte kam, in der Loisl hauste, schien der Alte nicht zu Hause zu sein. Dr. Wiesinger fand indes die Hintertür unverschlossen, und als er sie öffnen wollte, lag der Wunderheiler bewußtlos dahinter.

      Im Krankenhaus stellte man fest, daß es kein Schlaganfall war, wie zuerst angenommen. Loisl selber erzählte später, er sei gestürzt und habe das Bewußtsein verloren. Tatsächlich hatte er sich so schwer verletzt, daß er mindestens zwei Tage dagelegen hatte, ohne wieder zu sich zu kommen. Dr. Wiesinger rettete ihm im letzten Moment das Leben.

      Sebastian Trenker sah ihn an und schüttelte den Kopf.

      »Hör’ zu, Loisl«, sagte er. »Ich steh’ dem Dr. Winkler im Wort, weil ich ihm gesagt hab’, daß ich dafür grade steh’, daß du zahlst. Also bring’ mich jetzt net in eine unmögliche Situation. Ich will noch warten, bis du in der nächsten Woche entlassen wirst, aber dann müssen wir ein ernstes Wort miteinander reden.«

      »Ist schon recht«, murmelte der Alte schließlich. »Ich zahl’ ja schon.«

      »Na also«, nickte der Bergpfarrer zufrieden. »Dann fahr’ ich jetzt wieder. Wenn’s meine Zeit zuläßt, komm’ ich die Woche noch mal wieder vorbei. Ansonsten hol’ ich dich dann ab. Dr. Winkler hat versprochen, mich anzurufen, wenn du entlassen wirst. Dann pfüat di’, bis dahin.«

      Ohne eine Antwort auf seinen Gruß abzuwarten, verließ Sebastian das Krankenzimmer und ging über den Flur der Station. Aus dem Ärztezimmer kam ihm Dr. Winkler entgegen.

      »Ah, Hochwürden, ich grüße Sie«, sagte der Arzt. »Na, haben S’ mal wieder unsren Lieblingspatienten besucht?«

      Sebastian schmunzelte.

      »Wie führt er sich denn so?« erkundigte er sich.

      Dr. Winkler machte eine vage Handbewegung.

      »Na ja, wenn man davon absieht, daß er immer über das Essen schimpft und die Medikamente nicht einnehmen will, eigentlich ganz gut«, antwortete er.

      »Ich hab’ übrigens das Problem mit der Bezahlung der Behandlungskosten angesprochen«, erklärte Sebastian. »Der Loisl scheint eingesehen zu haben, daß er zahlen muß. Sie brauchen sich also wegen der Rechnung keine Gedanken zu machen.«

      »Das hätte ich ohnehin nicht«, lachte der Arzt. »Höchstens unser Verwaltungsdirektor. Aber der kann dann ganz schön harte Mittel ergreifen, wenn jemand zahlungsunwillig ist.«

      »Gott sei Dank hat sich das ja erledigt«, sagte Sebastian und reichte dem Arzt die Hand. »Also, ich schau’ wieder rein, wenn ich Zeit hab’.«

      Zufrieden fuhr er nach St. Johann zurück. Es war ein herrlicher Sommertag, und das Leben schien unbeschwert. Sebastian wünschte, daß es immer so heiter weitergehen möge. Allerdings wußte er auch, daß es immer wieder Probleme gab, bei denen seine Hilfe gebraucht wurde.

      Er dachte an die beiden jungen Paare, denen er erst vor kurzem zu ihrem Glück verholfen hatte. Schon bald sollten in St. Johann die Hochzeitsglocken läuten, und vielleicht überwogen ja die freudigen Ereignisse die weniger schönen.

      Als er daran dachte, ahnte er allerdings nicht, daß sich schon bald etwas über seinem geliebten Dorf zusammenbrauen würde, das ein dunkles Geheimnis an den Tag bringen sollte…

      *

      Je näher Andrea Hofmann dem Wachnertal kam, um so schneller klopfte ihr Herz. Sie war am frühen Morgen in Nürnberg losgefahren, und bis zu ihrem Ziel waren es nur noch ein paar Kilometer. Jetzt fuhr sie eine Bergstraße hinauf und lenkte ihren Wagen rechts in eine Parkbucht. Sie stieg aus und ging zur anderen Seite hinüber. Von dort aus hatte sie einen herrlichen Blick ins Tal hinunter und konnte St. Johann schon sehen.

      Hätte ich es doch nicht tun sollen? Wird er mich überhaupt wiedersehen wollen? Was, wenn es inzwischen eine Frau Mäder auf dem Hof gibt?

      Diese Fragen stellte sie sich immer wieder, aber inzwischen war es zu spät, um wieder umzukehren.

      Lange Zeit stand Andrea so da und schaute ins Tal und zur anderen Seite hinüber, wo die Berge in den Himmel ragten. Immer wieder hatte sie sich in all den Jahren ihre erste Begegnung mit Georg in Erinnerung gerufen. Aus einer Laune heraus, hatte sie sich dazu entschlossen, im Wachnertal Urlaub zu machen. Früher war sie gerne mit einer Freundin an die See gefahren, oder auch ins Ausland. Rom, Ma­drid und Paris hatten sie gesehen. Doch dann heiratete die Freundin, und Andrea war auf sich allein gestellt, wenn es um die Urlaubsplanung ging.

      Georg lernte sie kennen, als sie einen Ausflug in die Umgebung machte. Der junge Bauer saß am Wegesrand und machte Brotzeit. Auf dem Feld stand sein Traktor, mit dem er beim Pflügen war. Sie kamen ins Gespräch und waren sich auf Anhieb sympathisch. Am darauffolgenden Samstagabend sahen sie sich im Löwen wieder. Der Tanzabend, der dort veranstaltet wurde, war für die Bauern der Höhepunkt einer Woche voller harter Arbeit. Aber auch die Urlauber vergnügten sich gerne dort, und Andrea hatte sich rechtzeitig einen Platz reservieren lassen.

      Als Georg sie dann entdeckte und aufforderte, schien es beiden ein Wink des Schicksals zu sein, daß sie sich hier wiedersehen sollten. Sie blieben den ganzen Abend zusammen, und am Sonntag besuchte Andrea ihn auf seinem Hof.

      Der Bauer hatte ihn vor zwei Jahren übernommen, als sein Vater verstarb. Gerade mal zwanzig Jahre alt, war er da gewesen. Dem ersten Besuch folgten noch viele weitere, und es dauerte nicht lange, bis Georg Andrea den ersten Kuß gab. Es war ein lauer Abend, und über dem Wachnertal stand ein sternenübersäter Himmel, als er ihr seine Liebe gestand.

      Drei Jahre waren nun vergangen. Andrea hatte sich oft gefragt, warum die Beziehung so enden mußte. Natürlich, die Verpflichtung, die sie ihrer kranken Mutter gegenüber hatte, tat das ihrige, aber vielleicht hätten weder sie, noch Georg so schnell aufgeben sollen. Bestimmt hätte es einen Weg gegeben, trotz aller Widrigkeiten und der Entfernung, zusammen zu bleiben.

      Aber es war müßig, über Versäumtes nachzudenken. Das Rad der Zeit ließ sich nicht zurückdrehen, und vielleicht bedeutete diese Reise ja einen Neubeginn…

      Andrea setzte sich wieder in ihr Auto und fuhr weiter. Damals hatte sie in einer Pension außerhalb des Ortes gewohnt. Diesmal war für sie ein Zimmer in der Pension Stubler reserviert. Die Wirtin begrüßte sie freundlich und zeigte ihr das Zimmer. Die junge Frau war sehr angetan von der familiären Atmosphäre, die sie empfing und war sicher, daß sie sich hier wohlfühlen würde.

      Aber viel mehr beschäftigte sie die Frage, was aus Georg geworden war.

      Das Zimmer war geräumig und gemütlich eingerichtet. Andrea machte sich zuerst daran, ihre Sachen auszupacken und in den Schrank zu hängen, dann ging sie ins Bad, duschte, bürstete die langen, dunklen Haare durch und zog sich an. Zufrieden betrachtete sie sich in dem großen Spiegel, der an der Innentür des Badezimmers angebracht war. Sie trug einen leichten Pulli, eine helle Jeans und offene Sandalen. Schlank war sie, und die Anmutigkeit ihres Gesichts wurde durch ein braunes Augenpaar unterstrichen. Auf Schminke verzichtete Andrea im Urlaub gerne. Zwar ging sie ohnehin sparsam damit um, aber jetzt war sie der Meinung, weder Rouge, noch Lippenstift zu brauchen.

      »So, jetzt wollen S’ wohl erst mal einen Bummel durchs Dorf machen, was?« erkundigte sich Ria Stubler, als die beiden Frauen sich im Flur begegneten. »Schauen S’ sich vor allem die Kirche an. Die ist wirklich sehenswert.«

      Andrea nickte. Sie mußte an sich halten, um nicht zu schmunzeln. Natürlich kannte sie das Gotteshaus von St. Johann, genauso den

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