Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher
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In Waldeck deckte er sich erst einmal mit allem ein, was er brauchte, um die kommenden Tage versorgt zu sein, und trank im Gasthaus ein Kännchen Kaffee. Er überlegte, wie er es einrichten konnte, sich in der Hütte auch etwas Warmes zu kochen. Aber diese Möglichkeit schied aus. Feuer konnte er darin nicht machen, und einen Gaskocher, wie er beim Camping benutzt wurde, gab es nicht zu kaufen.
Die Nacht verbrachte er mit Schlafen und Wachen. Immer wieder öffnete er die Augen und starrte in die Dunkelheit. Dummerweise hatte er vergessen, neue Batterien zu besorgen, so daß er gezwungen war, die in der Taschenlampe zu schonen. Als dann endlich der Morgen graute, machte er sich auf den Weg zu der Lichtung, wo er sich niederließ und endlich für ein paar Stunden einschlief.
Als er erwachte und auf die Uhr schaute, stellte Gruber fest, daß es Mittag war. Er aß etwas Brot und Dauerwurst und trank eine Flasche Bier dazu. Dann stand er auf, reckte sich und überlegte, was er anfangen sollte.
Der Anschlag mit der roten Farbe sollte nicht die einzige Maßnahme bleiben, die er unternehmen wollte. Aber noch einmal würde er nachts nicht zum Hirschlerhof schleichen. Es mußte etwas geben, das sich auch am Tage machen ließ, um Hubert Hirschler in die Knie zu zwingen.
Nachdem er eine Weile darüber nachgedacht hatte, packte er seine Sachen zusammen und brachte sie in die Hütte zurück. Dann machte er sich auf und verließ den Wald. Schon bald konnte er den Bauernhof sehen. Dort rührte sich nichts. Franz Gruber setzte sich auf einen alten Baumstamm, der am Wegesrand lag und schaute sehr lange hinunter. Niemand war zu sehen, der Hof lag da wie ausgestorben. Schließlich stand er wieder auf und ging weiter. Sein Ziel war aber nicht der Bauernhof, sondern die Weide, die in einiger Entfernung davon lag. Dort weideten die Kühe. Gruber ging an den Zaun heran, der die Tiere daran hindern sollte, von der Weide zu laufen und öffnete das Tor. Mit fuchtelnden Armbewegungen trieb er die Kühe nach draußen, wo die verwirrten Viecher ziellos durcheinanderliefen.
Grinsend schaute der Mann zu.
Da werdet ihr ein schönes Stück Arbeit haben, die wieder einzufangen, dachte er und rieb sich die Hände. Aber wem ihr das zu verdanken habt, wißt ihr ja.
Als er in sein Versteck zurückging, lachte Gruber immer noch vor sich hin. Daß er am Tage zuschlagen würde, damit rechnete auf dem Hof bestimmt niemand. Und was er als nächstes tun würde, wußte er auch schon…
Bei seinem Einkauf in Waldeck hatte er auch eine Flasche Feuerzeugbenzin eingesteckt. Das mußte den Hirschler endgültig überzeugen, daß es ihm ernst mit seiner Forderung war.
Den Rest des Tages verbrachte der Tischler wieder auf der Lichtung und kehrte erst spät in die Hütte zurück. Es war Samstagabend, und die Dörfler vergnügten sich auf dem Tanzabend, wie er wußte. Auch der Sohn vom Hirschler ging mit seiner Frau dorthin. Die Tochter wahrscheinlich ebenfalls. Er würde es also nur mit dem Alten zu tun haben, wenn er in der kommenden Nacht dem Hof wieder einen Besuch abstattete.
Gruber rieb sich die Hände.
*
Sebastian und Thomas hatten ihre Enttäuschung immer noch nicht überwunden. Aber sie mußten sich damit abfinden, daß Franz Gruber eben doch nicht so berechenbar war, wie sie geglaubt hatten. Als dann Vinzent anrief und von den freigelassenen Kühen erzählte, schüttelte Thomas ärgerlich den Kopf.
»Mein Vater benimmt sich wie ein kleiner Junge!« schimpfte er. »Himmel, was fällt ihm wohl noch alles ein?«
»Ärgere dich net«, sagte der Geistliche. »Früher oder später werden wir ihn finden.«
Er schaute Claudia und Max an, die mit am Abendbrotstisch saßen. Normalerweise wurde an den Samstagabenden im Pfarrhaus immer schön gegessen, und anschließend gingen sie zum Tanzen auf den Saal des Hotels. Manchmal begleitete Sebastian seinen Bruder und die Schwägerin auch. Heute hatten der Bergpfarrer und Max sich allerdings darauf eingerichtet, wieder auf dem Hirschlerhof Wache zu halten. Da Franz Gruber in der Nacht zuvor unsichtbar geblieben war, rechnete der Bergpfarrer damit, daß der Norddeutsche in der kommenden wieder etwas unternehmen würde. Doch dann war der Anruf gekommen.
»Ich denk’, wir können es uns schenken«, sagte er zu seinem Bruder. »Franz Gruber hat sich ja schon wieder was einfallen lassen. Ich glaub’ net, daß er in dieser Nacht noch mal was unternimmt. Geht also ruhig auf den Tanzabend und nehmt den Thomas mit.«
Der zuckte die Schultern.
»Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt Lust dazu habe«, erwiderte er.
Aber dann dachte er plötzlich, daß das vielleicht eine Chance wäre, diese Franzi wiederzusehen. Er vermutete ganz stark, daß sie sich dieses Vergnügen, von dem Hochwürden ihm erzählt hatte, nicht entgehen lassen würde, und nickte schließlich.
»Warum nicht? Ein wenig Abwechslung kann ja nicht schaden.«
Eine halbe Stunde später reihten sie sich in die Schlange vor dem Eingang zum Saal ein. Thomas war erstaunt, welch ein Andrang hier herrschte. Es mußten an die dreihundert Gäste sein, die sich auf dem Saal drängten. Indes gab es für sie keine Platzprobleme, denn der Bruder des Bergpfarrers und dessen Frau saßen am Tisch der Honoratioren des Dorfes. Sie stellten ihren Begleiter als Besucher Hochwürdens vor, und die Anwesenden nickten dem jungen Mann freundlich zu.
Claudia hielt es nicht lange auf ihrem Stuhl. Die attraktive Journalistin hatte schon nicht mehr damit gerechnet, an diesem Abend noch tanzen zu können. Nur ungern wäre sie ohne Max ausgegangen. Jetzt freute sie sich, daß sie doch noch ihrer Leidenschaft frönen konnte, und zog ihren Mann zur Tanzfläche.
Thomas hatte sich ein Glas Wein bestellt. Er trank in kleinen Schlucken, unterhielt sich mit dem Dorfarzt, der ebenfalls mit seiner Frau an dem Tanzabend teilnahm, und schaute sich immer wieder um, ob er Franzi irgendwo entdecken konnte. Aber die Menge war zu groß. Alles wuselte durcheinander, und wenn er glaubte, sie gesehen zu haben, dann war das Gesicht auch schon wieder verschwunden.
Dann sah er plötzlich Carola. Sie tanzte mit einem jungen Burschen am Tisch vorbei. Ihre Blicke begegneten sich, und das Madl lächelte ihm zu.
Thomas Gruber schöpfte neue Hoffnung. Wenn die Freundin hier war, dann war es nicht unwahrscheinlich, daß Franzi sich ebenfalls hier aufhielt.
Dr. Wiesinger und Elena waren auf die Tanzfläche gegangen. Der Gast des Pfarrhauses stand auf und schlenderte zur Theke hinüber, an der sich die Tanzunlustigen drängten. Er bestellte sich ein Glas Mineralwasser und hatte gerade davon getrunken, als Franzi an ihm vorüberging.
»Guten Abend«, rief er ihr zu.
Überrascht blieb sie stehen und sah ihn an.
»Thomas!« sagte sie. »Na, willst’ mal erleben, wie wir Wachnertaler feiern?«
Der junge Gruber nickte.
»Ganz schön was los hier«, meinte er.
Erleichtert hatte er festgestellt, daß sie ohne männliche Begleitung war. Das mußte zwar nicht unbedingt etwas heißen, aber es ließ ihm doch eine gewisse Hoffnung…
Franzi stellte sich zu ihm.
»Möchtest du etwas trinken?« fragte Thomas.
»Gern’«, nickte sie.