Der verlorene Sohn - Der Fürst des Elends (Kriminalroman). Karl May

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Der verlorene Sohn - Der Fürst des Elends (Kriminalroman) - Karl May

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nein! Du bist der Satan, und ich bin Deine Teufelin. Ich freue mich dieses Feuers, denn ich werde nun nicht bloß eine Baronin, sondern sogar eine sehr reiche Baronin sein. Hätten wir nicht Zeugen zu fürchten, so wurde ich Dich küssen!«

      »Das möchte ich mir verbitten! Ich ersuche Dich überhaupt, jetzt noch Niemand wissen zu lassen, was zwischen uns vorgekommen ist. Darf ich übrigens fragen, wie hoch sich Deine Verluste belaufen?«

      »Viel, sehr viel ist mir verbrannt?«

      »Was?«

      »Kleider, Wäsche – –«

      »Weiter nichts? Weiter nichts?« fragte er dringlich.

      Sie stieß ein scharfes Lachen aus und antwortete:

      »O, noch manches Andere. Aber die beiden Documente, welche ich von Dir erhielt, habe ich gerettet. Sie sind es doch ganz allein, welche Dir am Herzen liegen.«

      »Zeige sie her!«

      »Das ist nicht nöthig!«

      »Ich will, ich muß sie aber sehen!«

      Da machte sie eine sehr geringschätzende Bewegung der Achsel und sagte:

      »Deine Dringlichkeit beweist mir deutlich, wie sehr Du mich fürchtest, wie sehr ich Deine Herrin bin. Selbst wenn mir die Papiere verbrannt wären, könnte ich Dich durch die Behauptung, sie noch zu besitzen, in Schach halten. Aber ich habe sie in Wirklichkeit gerettet; denn ich trage sie stets bei mir. Hier, siehe!«

      Sie zog zwei zusammengefaltete Papiere hervor, welche sie emporhielt, ohne sie ihm aber näher zu zeigen.

      »Zeige her! Ich will sie lesen.«

      »Ah, lesen und zerreißen, nicht wahr! Ein jeder Andre soll sie eher in die Hand bekommen als Du, wenigstens bis ich wirklich Baronin von Helfenstein bin. Aber Du hast jetzt mehr zu thun. Bekümmere Dich um Dein brennendes Erbe!«

      Er folgte diesem Rathe, obgleich es zu nichts mehr führen konnte.

      Der Schloßflügel, an welchem das Feuer ausgebrochen war, wurde leidlich erhalten; die anderen Theile brannten vollständig nieder. Dies hatte seinen Grund darin, daß man fast das ganze vorräthige Wasser in der Hoffnung, wenigstens die Ueberreste des Kindes zu erhalten, nach diesem Flügel gerichtet hatte.

      Mlt Anbruch des Tages konnte man die Nachforschung beginnen. Man legte Leitern an die wohlerhaltene Außenmauer und versuchte, in das Zimmer zu gelangen, in welchem der Knabe gelegen hatte. Wunderbar! Es war fast das einzige, in welchem die Diele leidlich erhalten war!

      Das Feuer hatte seinen Heerd geschont, um sich desto schneller verbreiten zu können.

      Ein kühner Feuerwehrmann stieg zur ausgebrannten Fensteröffnung ein, mußte aber sofort wieder umkehren, da er bemerkte, daß die verkohlte Diele ihn nicht tragen werde. Der Baron war bei diesem Versuche gegenwärtig gewesen.

      »Nun, was haben Sie gesehen?« fragte er.

      »Ich glaube, daß die Ueberreste des kleinen Barons noch vorhanden sind. Ich glaube, zwischen anderen Resten, welche zum Bette gehört haben, etwas wie halb verkohlte Knochen liegen gesehen zu haben.«

      »So muß man abwarten, bis das Feuer völlig nieder ist und die Brandruine sich abgekühlt hat. Dann werden wir sehen, ob Sie recht vermuthen!«

      Baronesse Alma von Helfenstein war im königlichen Schlosse beschieden worden, daß die Majestät jetzt Vortrag entgegen nehme und erst in einigen Stunden zu sprechen sei. Sie hatte diese Zeit wie im Fieber zugebracht und war dann wieder vorgefahren. Jetzt wurde ihr der Zutritt nicht verweigert.

      Sie fand den König im Audienzsaale. Er stand am Fenster und schaute ernst, sehr ernst durch dasselbe hinaus. Sie blieb an der Thür stehen und wagte kaum, zu athmen. Was war es, was ihr das Herz heute so zusammenpreßte? Sie hatte doch früher vor dem Monarchen keine solche Angst gehabt!

      Da wendete er sich zu ihr herum. Augenblicklich sank sie in die Kniee und erhob flehend die Hände. Er trat langsam näher. Er gebot ihr nicht, sich zu erheben. Er blickte ihr fast streng in das Angesicht und sagte dann:

      »Ich weiß, um was Sie bitten wollen, Baronesse!«

      »O Gnade, Gnade! Majestät!« schluchzte sie.

      »Sie wollen, ich solle Gnade für ihn haben, für den Sie selbst keine gehabt haben! Ich soll ein Urtheil mildern, welches nur Ihretwegen so hart ausgefallen ist. Man hat mir den ganzen Verlauf der Untersuchung, auch den Verlauf der heutigen Verhandlung berichtet. Ich weiß, daß es vor allen Dingen Ihre Aussage ist, welche am Schwersten in die Wagschaale fiel – und doch war er Ihr Bruder! Liebe und Milde ist die Pflicht eines Weibes, auch der Schwester!«

      Jedes dieser Worte traf wie ein Pfeil, welcher sich in das Leben bohrt. Aus einem solchen Munde war seine Spitze doppelt scharf.

      »O, Majestät« schluchzte sie. »Konnte ich anders?«

      »Ich will das nicht untersuchen. Auch will ich ihn weder für schuldig, noch für unschuldig halten. Ich bemitleide Sie und ihn.«

      »Dank, Dank für dieses Wort! Darum aber auch Gnade für ihn, Gnade, Majestät!«

      »Glauben Sie, daß er um Gnade nachsuchen werde? Haben Sie die Worte seines Vaters vernommen, dieses braven, biedern Mannes, welcher seinen Sohn lieber unter dem Schwerte sehen, als unter dem Joche der Gnade sich beugen lassen will?«

      »Kann er den Tod erzwingen? Steht die Milde Eurer Majestät nicht über der Strenge des Gesetzes?«

      Der Monarch schüttelte langsam den Kopf und antwortete:

      »Ein Ehrenmann wird tausendmal lieber sterben, als Züchtling sein wollen. Aber gehen Sie, Ihre Bitte soll und darf keine vergebliche sein. Sie sind es nicht allein, welche Sympathie für den Verurtheilten hegt. Sein Blut wird nicht vergossen werden!«

      Er wendete sich ab und verließ den Saal. Sie erhob sich und wankte fort nach ihrem Wagen. Das Verhalten des Königs hatte sie hart getroffen, vielleicht ebenso hart wie die Ereignisse der letzten Zeit. Er, der sonst so Gnädige, hatte sie knieen lassen und, wenn auch ihr Verhalten nicht geradezu getadelt, so doch sich über dasselbe verstimmt gezeigt. Und dann war er ohne Abschied von ihr gegangen! Hatte sie das wirklich verdient? War nicht gerade der Umstand, daß sie, von der Verhandlung weg, um die Gnade des Königs nachgesucht hate, der beste und sicherste Beweis, welche Sympathie sie trotz Allem für den Milchbruder fühlte? Hätte sie wirklich gegen ihr Gewissen sprechen können?

      Solche Fragen legte sie sich vor, als sie in ihrem Hotel angekommen war. Sie mußte die Nacht über hier bleiben, da sie mit dem Abendzuge nicht bis zur Heimath gelangen konnte. Die anderen Zeugen hatten einen Zug benutzen können, welchen sie infolge ihrer Audienz beim Könige versäumen mußte.

      Sie verbrachte eine außerordentlich unruhige Nacht. Der Schlaf floh ihre Augen, und Vorwürfe tauchten gespensterhaft vor ihr auf. Wie gut, wie edel war Gustav stets gewesen! Wie muthig hatte er noch am letzten Tage vor dem Doppelmorde gehandelt, und mit welcher Nachsicht und Selbstbeherrschung war er ihrem Vater entgegengetreten. Konnte er wirklich so rachsüchtig, so gottlos sein? Tausend Stimmen in ihrem Innern antworteten mit Nein. Diese Stimmen hatten bisher geschwiegen, weil sie nicht gefragt worden waren. Ja, sie war schuld an Allem!

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