Das magische Buch 3 - Voodoo. Anne-Marie Donslund

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Das magische Buch 3 - Voodoo - Anne-Marie Donslund Das magische Buch

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nur jetzt, sondern für immer.

      Die Liebespuppen

      Mama steckt den Kopf zu meiner Zimmertür rein.

      „Du hast Besuch.“

      „Besuch?“

      „Vor der Tür steht ein rothaariges Mädchen und fragt nach dir.“

      „Anna“, sage ich und schwinge mich aus dem Bett.

      „Keine Ahnung, du solltest besser mal hingehen, aber denk dran, in einer halben Stunde musst du los zum Tanzen!“

      Tanzen! Das klang ganz gut, als Mama es vorschlug. Vor allem, weil ich zurzeit niemanden habe, mit dem ich reden und zusammensein kann. Es wirkte beinahe irgendwie vernünftig, etwas Neues anzufangen. Aber schon jetzt ist mir klar, es war eine dämliche Idee. Besonders weil Mama zu den Leuten gehört, bei denen es kein Zurück gibt. Hat man sich einmal angemeldet, muss man auch das ganze Jahr dabeibleiben. Ganz gleich, ob man es mag oder nicht. Deshalb habe ich im letzten Schuljahr auch nichts gemacht. Man traut sich nämlich gar nicht, sich irgendwo anzumelden, wenn man keine Chance hat, es wieder zu lassen. Und wie soll man wissen, ob einem etwas Spaß macht, bevor man es ausprobiert hat?

      Ich nehme einen Kaugummi aus der Packung von der Kommode und sehe mich in meinem Zimmer um. Das Magische Buch ist nirgends zu sehen, also könnte ich Anna reinlassen, falls es soweit kommen sollte. Niemand hat das Buch bis jetzt gesehen. Nicht einmal Malthe, obwohl man vor ihm sonst nichts geheim halten kann.

      Durch das Küchenfenster kann ich sehen, wie Anna mit ihren Kopfhörern in Richtung Tür starrt. Sie hat einen angemalten Rucksack auf, der voll mit Sicherheitsnadeln und merkwürdigen Symbolen ist. Was sie wohl will?

      „Hi“, sage ich und weiß nicht wirklich, ob ich lächeln soll oder besser nicht. Anna sieht selber ja immer so böse aus. Sie nimmt ihre Kopfhörer ab, während die Musik weiter lärmt. Sie ist wirklich laut. So als könne man davon schnell Tinnitus bekommen, würde Mama sicher behaupten.

      „Ich dachte mir, du willst bestimmt deine Puppen zurück haben.“ Anna kramt in ihrem Rucksack und zieht meine Liebespuppen hervor.

      „Vielleicht kannst du damit ja Voodoo machen oder so.“ Sie starrt mir direkt in die Augen und zum ersten Mal sehe ich fast so etwas wie ein Lächeln auf ihren Lippen.

      Ich habe nicht den leisesten Schimmer, was ich sagen soll, also nehme ich einfach die Puppen. Anna dreht sich um und geht weg, ohne Tschüss zu sagen oder noch einmal zurückzublicken.

      Es ist einfach zu sonderbar. Warum hatte sie meine Puppen? Es kann ja nur von dem Tag am Strand sein. Hatte sie sie seitdem bei sich? Warum gibt sie sie mir dann erst jetzt? Und was meint sie eigentlich mit Voodoo?

      „Anna!“, rufe ich.

      Sie dreht sich sofort um und sieht mich fragend an. Dabei sieht sie immer noch nicht wirklich freundlich aus. Sie nannte mich auch kein einziges Mal Ce, obwohl sie mich so getauft hatte. Plötzlich sehne ich mich ganz furchtbar nach jemandem, der mich irgendwie nennt. Jemandem, der mein Freund sein will.

      „Möchtest du nicht mit reinkommen und einen ...“, stammele ich. „Ja, vielleicht einen Tee haben? Trinkst du Tee?“

      Hunger

      Anna könnte genauso gut von einem anderen Planten kommen, wie sie so mit ihrem schwarzen Outfit und den roten Haaren auf meinem Bett sitzt und sich umsieht. Währenddessen kann ich Malthe vor der Tür hören. Ich möchte wetten, dass er durchs Schlüsselloch guckt, weil er sich nicht rein traut. Das wäre ihm nie passiert, wenn Julie und Helena zu Besuch wären. Da käme er einfach reingelaufen und hätte sich in ihre Arme geschmissen. Sie fanden ihn immer so niedlich.

      Ja, so war das damals. Aber jetzt ist alles anders.

      Annas Stirn ist ganz runzelig, wie sie sich so kritisch umsieht. Ich folge ihrem Blick und plötzlich sehe ich es auch ganz deutlich: Mein Zimmer ist total kindisch. Rosa-weiß mit vielen Blumen und albernen Postern. Sogar das neue mit dem sich küssenden Paar bei Sonnenuntergang wirkt jetzt lächerlich. Ich hatte es mir bei IKEA ausgesucht, weil der Junge auf dem Bild mich an Kasper erinnerte.

      Anna pustet in die Teetasse und nimmt vorsichtig einen Schluck.

      „Mmm, Kräutertee“, sagt sie. „Hast du auch was zu essen? Ich habe seit gestern nichts mehr gegessen.“

      Ich nicke, halte den Zeigefinger vor meinen Mund und deute zur Tür. Anna setzt sich etwas im Bett auf; sie lächelt beinahe. Ich schleiche mich zur Tür und reiße sie mit einem Schlag auf. Malthe fällt in mein Zimmer.

      „Gefangen! Jetzt wirst du abgekitzelt!“, rufe ich. Aber er windet sich aus meinen Armen und rennt davon. Anna sieht nicht wie jemand aus, der kleine Brüder auch nur im Geringsten süß findet. Ich nicke ihr zu:

      „Na, dann komm, wir gucken mal in der Küche!“

      Mir fällt auf, wie dünn Annas Arme und Finger sind, als sie sich drei Klappstullen mit Tomaten schmiert.

      Sie sagt noch einmal, sie sei Vegetarierin. Keine toten Tiere für sie! Mama hält sich dezent im Hintergrund, aber ihr Blick streift uns ständig und überwacht uns, so als würde Anna gleich etwas klauen wollen. Aber es ist auch wirklich merkwürdig, wenn sie seit gestern nichts gegessen hat. Auch, dass sie ganz selbstverständlich das letzte Stück Brot genommen hat.... Aber wirklich mal, vielleicht hatte sie ja auch nur Angst davor, heute in der neuen Schule anzufangen. Schließlich isst sie keine Tiere und das muss doch bedeuten, sie kann niemandem etwas zu leide tun.

      „Weißt du, wer auch Vegetarier war?“, fragt sie und drückt die Majo-Tube über den Broten leer.

      „Nee... Also Helena isst auch nicht viel Fleisch, weil sie ja Model ist und man so aufgebläht wird, wenn...“

      Anna starrt mich mit leerem Blick an. Ich sollte also offensichtlich besser nicht von Helena und Models reden.

      „Hitler!“, sagt sie dann.

      „Was?“ Sagt sie Hitler zu Helena? Das ist sonderbar, aber auch irgendwie lustig. Ich muss jedenfalls lachen. Helena ist schon eine Art Diktatorin. Eine Modediktatorin. Eine Freundschaftsdiktatorin. Eine Klassendiktatorin. Und sie ist definitiv bereit, hart gegen die vorzugehen, die gegen sie sind. So wie gegen Anna.

      „Hitler war Vegetarier. Krass, was, Ce?“

      Ich nicke, verstehe aber nicht ganz, inwiefern das krass sein soll. Dafür macht mein Herz trotzdem so etwas wie einen Purzelbaum: Sie hat mich Ce genannt.

      „Hast du Geschwister?“, frage ich.

      Anna hat sich eine halbe Stulle in den Mund geschoben. Sie kaut genüsslich und nickt.

      „Kleine?“, ich zeige auf Malthe, der sich sofort wieder versteckt.

      Anna schüttelt den Kopf und wischt sich mit dem Handrücken den Mund ab. „Ich habe eine große Schwester. Bei der wohne ich auch.“

      Tanzen

      „5, 6, 7, 8!“, ruft die Tanzlehrerin, deren Name ich vergessen habe. Alle fangen an, eine Choreographie zu tanzen, die wir schon in den ersten 30 Minuten hätten lernen

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