Kaiserkrieger 13: Flammen über Persien. Dirk van den Boom
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Es war die Stille, die es hier draußen so eigentümlich machte. Der ständige Schnee dämpfte alle Geräusche und mit seinem oft sehr dichten Gestöber auch die Wahrnehmung durch die Augen. Es war, als wäre alles in Watte gepackt, und wenn es dann auch noch trübe war, schien es, als würde einem alles entgleiten, da es nichts mehr gab, auf das man seine Aufmerksamkeit heften konnte. Jetzt, ohne Schnee und beim Blitzen der Sonne auf der weißen Pracht, verflog dieser Eindruck, und das Knirschen des Weiß unter seinen Sohlen untermalte seinen Marsch nachdrücklich. Er musste aufpassen, dass er nicht ausrutschte, denn oft genug lag unter den Flocken eine Eisdecke, gerade dort, wo der Weg so uneben war, dass sich Wasser ansammelte, wenn der Schneefall einmal durch Regen ersetzt wurde.
Doch Choi ging hier nicht das erste Mal. Er kannte die Tücken. Die Augen fest auf sein Ziel geheftet, erreichte er das Gelände des Gehöfts in der kalkulierten Zeit. Die Haut auf seinem Gesicht war kalt und fühlte sich taub an, der Rest seines Körpers aber war warm. Die Kleidung isolierte hervorragend und er war mit vollem Bauch gestartet, es gab genug Energie zum Verbrennen. Mit einer Faust hämmerte er gegen die Eingangstür des flachen Gebäudes und Augenblicke später öffnete sie sich. Ein Mann mittleren Alters mit zerknittertem, wettergegerbtem Gesicht und einem sofortigen Erkennen in den Augen. Er schob die Tür ganz auf.
»Ah, der Offizier. Ye-Eun! Hier will jemand sich aufwärmen!«
Die Frau des Hauses, klein, rundlich, mit ähnlich von der Natur gezeichnetem Gesicht und geschäftigen Händen, tauchte auf, als Choi hineingebeten wurde. Ihr Gatte zog sich mit einer höflichen Verbeugung zurück. Geschäftliches überließ er seiner Frau, die mit Geld offenbar besser umgehen und auch hartnäckiger handeln konnte. Es lag wohl an ihrem Lächeln. Man wollte nicht zu rücksichtslos handeln, nicht den Offizier herauskehren, die eigene Autorität zur Geltung bringen, wenn man dieses mütterliche Lächeln sah. Choi ging davon aus, dass Ye-Eun das absolut wusste und diese Gabe mit ihrer eigenen Rücksichtslosigkeit zur Wirkung brachte. Den Offizier weichzulächeln, schien ihm jedoch eine erträgliche Folter, und da die anstehenden Verhandlungen mit einem Platz am Steinofen, einer Tasse Tee und etwas Gebäck begleitet wurden, konnte er ihr beileibe nicht böse sein.
Was bedeutete, dass ihr ein lukrativer Nachmittag bevorstand.
»Wie ergeht es unseren tapferen Kriegern?«, fragte sie, als sie ihm Tee in eine irdene Tasse eingoss, die sie zweifelsohne auch selbst hergestellt hatte.
»Sie langweilen sich tapfer.«
»Lieber Langeweile als der Tod.«
Ye-Eun wusste, wovon sie sprach. Abgesehen von ihren beiden Töchtern hatte sie zwei weitere Kinder, einen Sohn und eine Tochter, beide in den Streitkräften Baekyes tätig. Sie sprach nicht gerne über sie, war vorsichtig in Gegenwart eines Offiziers, aber es bedurfte nicht vieler Worte, um zu verstehen, was sie vom Wehrdienst hielt, der jeden jungen Bürger des Landes an die Waffe rief, und das für mindestens vier Jahre. Choi berührte das Thema nicht. Er wusste nicht einmal, was er selbst davon hielt. Das Buch der Revolution, das er immer noch bei sich trug, stellte auch nur Fragen. War es notwendig, dass ein jeder zum Krieger wurde? War es notwendig, dass die Zukunft Baekyes der permanenten Gefahr des Todes ausgesetzt wurde? Musste man den jungen Menschen so viele Jahre ihres Lebens rauben und manchmal sogar gleich alle? Der Geliebte Marschall schien dieser Ansicht zu sein und im Regelfall widersprach man dieser besser nicht.
»Was kann ich denn heute für Sie tun?«
»Wir würden gerne ein paar Nahrungsmittel erwerben«, sagte Choi lächelnd. Sie tranken beide ihren Tee, wohl wissend, dass die Verhandlungen soeben begonnen hatten.
»Ich weiß nicht, was ich so dahabe … der Winter ist diesmal doch sehr streng.«
»Ist es nicht milder als sonst?«
Die Frau sah ihn tadelnd an. »Sehr streng, sage ich. Meine alten Knochen sagen die Wahrheit.«
»Natürlich«, beeilte sich Choi und trank noch etwas Tee. »Reiskuchen vielleicht? Einer meiner Männer brachte sein Bedürfnis nach Jeonggwa ins Spiel. Ich dulde so was natürlich normalerweise nicht.«
»Es macht schwach und verweichlicht!«, bestätigte Ye-Eun ernst. »Wir wollen das auf jeden Fall vermeiden.«
»Andererseits, ich muss die Moral beachten.«
»Moral ist gewiss wichtig.«
»Gibt es irgendwas, was Sie mir anbieten können?«
»Hm, hm.«
Die Bäuerin erhob sich, ging durch eine schmale Tür in einen anderen Raum, ein Ort, den Choi niemals betreten hatte. Er wusste, dass sich dort die Vorratskammer befinden musste. Er würde sie nicht zu Gesicht bekommen, schlug er damit doch Ye-Eun eine wichtige Grundlage ihrer Verhandlungstaktik aus den Händen: das Lamento über schwere Zeiten und strenge Winter.
Er wollte nicht ungerecht sein. Es waren schwere Zeiten. Und es war verdammt kalt da draußen.
Die Frau kam zurück, diesmal mit einer Kiste in den Händen, die sie mit einem betonten Ächzen auf den Tisch stellte. Heraus beförderte sie mit leidvoller Miene einige der Reiskuchen, auf die Choi seine Hoffnung gesetzt hatte, sowie, ebenfalls in eine Art Pergamentpapier eingeschlagen, jene Süßspeisen, auf die er sein besonderes Augenmerk richtete. Sie wirkte dabei sehr kummervoll. Natürlich würde sie diese Vorräte nur sehr widerwillig an Choi weitergeben, da sie damit das Überleben ihrer Familie aufs Spiel setzte, und allein ihre unverbrüchliche Treue zum Geliebten Marschall brachte sie überhaupt dazu, die dafür angebotenen Münzen in aller Demut entgegenzunehmen.
Das alles verstand sich von selbst. Dennoch, es musste immer mal wieder erwähnt werden, damit der Offizier es ja nicht vergaß.
Am Ende der Transaktion hatte Ye-Eun ihn um Münzen erleichtert, mehr, als er vorher auszugeben bereit gewesen war, und er sie um Vorräte, die ausreichen würden, den Männern bei maßvoller Verteilung bis zum Eintreffen des Karrens mit dem Nachschub etwas Abwechslung zu gewährleisten. Choi missbrauchte seine Privilegien als Offizier in schamloser Weise, als er einen kleinen Beutel mit Jeonggwa in seine Jackentasche steckte. Unter den 17 Männern, die er hier befehligte, waren Fressmaschinen, die ohne jede Rücksicht bereit waren, jede Delikatesse in Sekundenschnelle zu vertilgen, soweit sie der Allgemeinheit zur Verfügung stand – und das, ohne den Genuss dieser auch richtig zu würdigen. Es war sein Selbsterhaltungstrieb, der Choi zu dieser beinahe schon verzweifelten Tat trieb.
»Noch etwas Tee?«
»Gerne.«
Ye-Eun lächelte wie eine sehr zufriedene Katze, als sie dem Mann eingoss.
»Der Winter ist bald vorbei«, sagte sie.
»Er neigt sich dem Ende zu«, bestätigte Choi und blies auf das dampfende Getränk. Über das Wetter zu reden, war gerade für Bauern von essenzieller Bedeutung. Für ihn war kalt einfach nur kalt und Schnee einfach nur Schnee. Aber er musste ja auch keine Böden bestellen, Pflanzen pflegen und Vieh füttern, also war das zu entschuldigen.
»Dann ist es an der Zeit weiterzuziehen«, sagte Ye-Eun betont. »Die Zeit des Wartens ist vorbei und es ist jetzt alles gerichtet. Eine große Aufgabe steht Ihnen bevor, junger Mann.«
Choi sah sie verwirrt an. Der Tonfall der Bäuerin hatte eine seltsame, tief greifende Wandlung erfahren. Darin lag nun eine alles andere als beiläufige Bedeutung, deren Sinn sich ihm aber entzog. Wie kam sie dazu, solche Worte zu sprechen?
»Ich