20.000 Meilen unterm Meer. Jules Verne
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„Hm!“ Ned-Land schien nicht ganz überzeugt.
Im selben Augenblick, wie zum Beweis meiner Folgerung, entstand am hinteren Teil dieses seltsamen Fahrapparates ein Brausen, offenbar von einer Schraube, und los ging es. Wir hatten nur noch Zeit, uns an seinem oberen Teil, der etwa achtzig Zentimeter über das Wasser emporragte, fest anzuklammern. Zum Glück war seine Geschwindigkeit nicht übermäßig.
„So lange als es sich horizontal bewegt“, brummte Ned-Land, „habe ich nichts dagegen zu sagen. Aber wenn es ihm einfällt, unterzutauchen, gebe ich keine zwei Dollars für mein Leben!“
Es wurde also höchste Zeit, sich mit den Lebewesen im Innern dieser Maschine in Verbindung zu setzen. Ich suchte nach einer Öffnung, einer Luke; aber die aneinanderstoßenden Platten waren festgefügt und wie aus einem Stück.
Zu alledem ging der Mond eben unter und ließ uns in tiefem Dunkel. Wir mußten den Tag abwarten, um Mittel, ins Innere des Fahrzeuges zu dringen, ausfindig zu machen.
Also hing unsere Rettung einzig vom Belieben der geheimnisvollen Leiter dieses Fahrzeuges ab, und wir waren, wenn sie untertauchten, verloren! Sonst aber zweifelte ich nicht an der Möglichkeit, mit ihnen in Verbindung zu treten. Wenn sie sich ihre Luft nicht selbst bereiteten, so mußten sie von Zeit zu Zeit an die Oberfläche des Meeres heraufkommen, um ihren Vorrat an Luft zu erneuern. Darum mußte es eine Öffnung geben, die das Innere des Fahrzeuges mit der Atmosphäre verband.
Die Hoffnung auf Rettung durch den Kommandanten Farragut mußte man völlig aufgeben. Wir waren mit geringer Geschwindigkeit westwärts getrieben. Die Schraube schlug die Wellen mit mathematischer Regelmäßigkeit und tauchte von Zeit zu Zeit auf, um ihr phosphoreszierendes Wasser hoch emporzuspritzen.
Gegen vier Uhr morgens nahm die Schnelligkeit des Fahrzeuges zu. Wir konnten uns bei dem vollen Wellenschlag kaum gegen ein Weggespültwerden schützen. Zum Glück fand Ned einen auf dem Rücken der Platte eingelassenen Ring, an den wir uns festklammern konnten.
Aber auch die böse, lange Nacht ging vorüber. Ich kann mich nicht aller einzelnen Eindrücke entsinnen. Nur einEreignis tritt mir klar hervor. Wenn mitunter Meer und Wind ruhig waren, glaubte ich unbestimmte Töne, eine flüchtige Harmonie ferner Akkorde zu hören. Was für Geschöpfe lebten in diesem seltsamen Fahrzeug? Welche mechanische Kraft bewirkte seine wunderbare Schnelligkeit?
Der Tag erschien, und der Morgennebel umhüllte uns! Er zerteilte sich bald. Ich wollte gerade unsere Plattform untersuchen, als ich fühlte, wie diese sich allmählich senkte.
„He! Tausend Teufel!“ schrie Ned-Land und trat mit dem Fuß gegen die hallende Platte, „so öffnet doch, ungastliche Leute!“
Aber wie sollte man sich bei den betäubenden Schlägen der Schraube vernehmbar machen? Zum Glück hielt die Bewegung inne. Man vernahm im Ihneren des Fahrzeuges ein Rasseln heftig gerüttelten Eisenwerkes.
Eine Platte öffnete sich; ein Mann kam zum Vorschein, stieß einen sonderbaren Schrei aus und verschwand sofort wieder.
Einige Augenblicke darauf erschienen schweigend acht starke Burschen mit maskiertem Gesicht und zogen uns in ihre fürchterliche Maschine hinein.
Drittes Kapitel
Mobilis in Mobile
Diese brutale Entführung wurde mit Blitzesschnelle ausgeführt. Ich weiß nicht, welchen Eindruck die Entführung in den schwimmenden Kerker auf meine Genossen machte; ich jedenfalls fühlte einen eiskalten Schauer meinen Körper überrieseln. Mit wem hatten wir es zu tun? Offenbar mit einer neuen Art von Piraten, die auf ihre Weise Beute machten.
Sowie sich die enge Platte über mir wieder geschlossen hatte, war ich von tiefstem Dunkel umgeben. Meine an das Licht gewöhnten Augen konnten gar nichts wahrnehmen. Ich fühlte mit meinen nackten Füßen die Sprossen einer eisernen Leiter, woran ich mich klammerte. Ned-Land und Conseil wurden hinter mir hergeschleppt. Unten an der Leiter öffnete sich eine Tür und schloß sich rasselnd sogleich wieder.
Wir befanden uns allein. Tiefstes Dunkel umgab uns.
Ned-Land, wütend über diese Behandlung, machte nun seiner Entrüstung Luft.
„Tausend Teufel! Das sind gastliche Leute! Es fehlt nur noch, daß sie uns auffressen. Das würde mich nicht wundern, aber ich erkläre, sie würden mich nicht fressen, ohne daß ich protestiere!“
„Beruhigen Sie sich, Freund Ned“, meinte Conseil gelassen. „Wir sind noch nicht am Bratspieß!“
„Am Bratspieß zwar nicht“, versetzte der Kanadier, „aber im Bratofen sicherlich! Es ist stockfinster hier. Zum Glück habe ich mein Bowie-Messer bei mir. Der erste dieser Banditen, der Hand an mich legt . . .“
„Bringen Sie uns nicht durch unnütze Gewaltsamkeit in Gefahr. Wer weiß, ob man uns nicht Gehör gibt! Versuchen wir lieber erst festzustellen, wo wir sind!“
Ich ging umher und tastete. Fünf Schritte weit stieß ich auf eine eiserne Wand. Darauf wendete ich mich um und stieß gegen einen hölzernen Tisch, neben dem einige Schemel standen. Der Fußboden war mit einer dichten Matte aus neuseeländischem Flachs belegt, so daß man die Tritte nicht hörte. Conseil, der in die entgegengesetzte Richtung gegangen war, stieß in der Mitte der Kabine, die zwanzig Fuß lang und zehn breit war, mit mir zusammen. Die Höhe konnte Ned-Land, trotz seiner Größe, nicht messen.
Eine halbe Stunde verlief so, ohne daß unsere Lage sich änderte. Da plötzlich verwandelte sich das dichteste Dunkel in grellstes Licht. Der Glanz war anfangs unerträglich. Ich schloß unwillkürlich die Augen; als ich sie wieder öffnete, sah ich, daß die leuchtende Kraft aus einer geglätteten Halbkugel oben an der Decke der Kabine kam.
„Endlich! Nun ist’s hell!“ rief Ned-Land und setzte sich mit dem Messer in der Hand in Verteidigungsstellung.
„Aber unsere Lage ist ebenso dunkel geblieben wie vorher“, meinte ich.
Da rasselten die Riegel, die Tür öffnete sich, zwei Männer traten ein.
Der eine war klein, kräftig, breitschultrig, hatte einen dicken Kopf mit reichlichem schwarzen Haar, dichtem Schnurrbart, lebhaftem durchdringenden Blick, und seine ganze Persönlichkeit war von der südlichen Lebhaftigkeit eines Provencalen. Er sprach in meiner Gegenwart stets einen sonderbaren, durchaus unverständlichen Dialekt.
Der zweite hatte ungemein markante Züge, so daß ein Physiognom darin wie in einem offenen Buche lesen konnte. Selbstvertrauen und kalte Sicherheit strahlten aus den schwarzen Augen! Gelassenheit, ruhiges Blut, Energie und Mut. Der Mann war stolz, sein fester und ruhiger Blick schien hohe Gedanken zu bergen, und aus allem sprach unbestreitbar eine offene Seele.
Unwillkürlich fühlte ich mich in seiner Gegenwart beruhigt.
Freilich, ob dieser Mann fünfundreißig oder fünfzig Jahre alt war, hätte ich nicht angeben können. Er war von hoher Statur, hatte eine weite Stirn und gerade Nase, einen klar gezeichneten Mund, prachtvolle Zähne und feine Hände. Dieser Mann stellte unstreitig einen bewundernswerten Typus dar, wie ich ihn sonst nirgends getroffen habe. Seine Augen faszinierten! Welcher Blick! Wie drang er tief in die Seele.
Die beiden Unbekannten