Borstel, der Frischling vom Eichwald. Lothar Streblow

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Borstel, der Frischling vom Eichwald - Lothar Streblow Tiere in ihrem Lebensraum

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auf, die sich nach der anstrengenden Geburt ein wenig Ruhe gegönnt hatte.

      Die Bache erhob sich, streifte mit einem kurzen Blick ihre beiden vorjährigen Jungen, die am Rande des Dickichts nach Nahrung wühlten, stieß einen kurzen Warnlaut aus und begann dann die Öffnung des Kessels zu schließen. Kaum lag sie grunzend wieder auf der Seite, spürte sie sechs kleine Schnauzen gierig an ihrem Bauch.

      Auch Borstel trank, bis sie satt war. Im Kessel war es jetzt dämmerig. Und in der warmen Geborgenheit der Dämmerung schlief Borstel eng an die anderen gekuschelt wieder ein.

      Nacht und Regen

      Die Sonne ging und kam in stetem Wechsel und mitunter nachts ein fahler Mond. Aber sein Schein war kalt, er wärmte nicht. Und die Dunkelheit währte lange. Dann wartete Borstel auf die wärmende Sonne. Und Borstel schlief und trank und schlief. Und immer spürte sie die Nähe der anderen. Wenn sie ausgeschlafen und satt war, spielte sie mit ihnen. Das gefiel ihr.

      Es brauchte nur eines ihrer Geschwister zu quieken, dann fingen auch die anderen an, wühlten und wuselten umeinander und stupsten sich gegenseitig. Borstel lernte sehr schnell, daß sie sich behaupten mußte. Und sie verteidigte energisch ihre Saugstelle.

      Vor allem ihr Bruder Kurf versuchte immer wieder, auch mal anderswo zu naschen und seine Geschwister wegzustupsen. Dann wurden die anderen rabiat, bis auch Kurf lernte, daß er sich eine freie Stelle zu suchen habe.

      Kurf war überhaupt ein ziemlich wüster Bursche. Der kleine Keiler war der kräftigste von allen. Und das nutzte er aus. Immer war er der erste an der mütterlichen Milchquelle. Und er suchte seinen Platz meist neben Borstel. Dabei bekam sie oft seine festen Läufe zu spüren. Das mochte Borstel gar nicht. Sie quiekte ängstlich und schmiegte sich noch dichter an ihre Mutter.

      Manchmal aber verließ die Bache für kurze Zeit den Kessel. Borstel wußte nicht, was ihre Mutter dort draußen tat. Vielleicht hatte sie auch Hunger und suchte nach Nahrung. Weit aber ging sie nie. Borstel hörte sie außerhalb des Kessels herumrumoren. Und mitunter hörte sie ihr ärgerliches Grunzen, wenn sie die beiden vorjährigen Jungen zurückscheuchte, die sich zu nahe an den Kessel herangewagt hatten. Dann stoben sie erschrocken quiekend davon. Und Borstel wunderte sich, daß dort noch jemand quiekte.

      Doch das vergaß sie schnell, wenn ihre Mutter zurückkehrte. Dann war es gleich viel wärmer im Kessel. Und nur dann gab es Milch. Vorher aber wurde geputzt. Mit ihrem riesigen Rüssel stupste die Mutter die Kleinen in die richtige Lage und putzte sie ab: von oben bis unten und von hinten bis vorn. Das kitzelte. Und Borstel fand das sehr aufregend.

      In der dritten Nacht aber wurde es noch aufregender. Borstel schlief gerade tief und fest zwischen ihren Geschwistern, da wurde sie ziemlich unsanft geweckt. Irgend jemand wuselte unentwegt im Dunkeln herum. Das machte auch die anderen wach. Und Borstels Schwester Suri, die halb über ihr gelegen hatte, begann plötzlich, sich unter sie zu wühlen.

      Borstel grunzte unwirsch und legte sich wieder zurecht. Aber es gab keine Ruhe im Kessel. Und dann hörte Borstel ein sonderbares Geräusch, das sie noch nie gehört hatte. Es klang wie ein Trommeln. Und es wurde lauter. Das Geräusch beunruhigte sie. Vorsichtig hob sie ihren kleinen Rüssel. Da klatschte ihr ein Tropfen auf die Nase. Und es kamen viele Tropfen, immer mehr. Es regnete. Das kannte Borstel noch nicht. Aber jetzt wußte sie, warum Suri sich unter ihr verkrochen hatte.

      Die Tropfen waren kalt und naß. Allmählich spürte Borstel, wie ihr dünnes Fell feucht wurde. Sie fand das unangenehm. Sie wollte es warm haben und trocken. Und sie quiekte mißmutig. Und als das nichts half, versuchte sie, sich zwischen den Hinterläufen ihrer Mutter zu verkriechen.

      Endlich hatte sie es geschafft; hier lag sie warm und geborgen. In diesem Augenblick rührte sich ihre Mutter. Mit einem ärgerlichen Grunzen schob sie ihre Jungen beiseite und stand auf. Jetzt lag Borstel wieder schutzlos im Regen. Sie quiekte ängstlich. Und auch die anderen quiekten lauthals in die regnerische Nacht.

      Plötzlich begann der ganze Kessel zu beben. Die Bache zerrte ungestüm an dem Gesträuch, sortierte Gräser und Zweige um und versuchte, den Kessel nach oben dichter zu verschließen. Die Tropfen wurden etwas weniger.

      Nach einer Weile war die Bache mit ihrem Werk zufrieden. Vorsichtig wälzte sie sich wieder auf ihr Lager. Doch nun hatten die Kleinen Hunger. Ungestüm suchten sie nach ihren Saugstellen. Und ihre Mutter ließ sie gewähren.

      Borstel hatte Glück gehabt: Sie hatte eine der hinteren Zitzen erwischt, die mehr Milch gaben als die vorderen. Und als sie satt war, blieb sie dicht dabei liegen. Hier war es warm und trocken. Kurf lag mit Suri und Rini auf der einen Seite, und Lim und Lor lagen eng aneinandergekuschelt auf der anderen. So waren sie von allen Seiten geschützt.

      Borstel gähnte schläfrig. Das Trommeln hatte nachgelassen, war in ein kaum vernehmbares Rauschen übergegangen. Nur ab und zu fielen ein paar dicke Tropfen aus den Wipfeln der Bäume. Aber das dicht gefügte Gezweig über dem Kessel hielt sie ab. Kein Tropfen drang durch.

      Einmal noch hörte Borstel von fern den Ruf eines Käuzchens. Dann fiel sie im leisen Raunen des Regens in einen tiefen Schlaf.

      Borstels erster Ausgang

      Am nächsten Morgen schien die Sonne. Die Wiesen dampften. Und als die ersten Strahlen den Kessel erreichten und ihre Wärme bis zum Lager drang, riß die Bache die oberen Zweige auf. Aber sie legte sich nur kurz wieder hin, um ihre Kleinen trinken zu lassen. Dann schob sie sich vorsichtig nach draußen. Und diesmal blieb sie länger fort als sonst.

      Sie witterte aufmerksam schnüffelnd in die Runde und jagte mit ärgerlichem Grunzen die beiden Einjährigen auf gebührenden Abstand. Es sah so aus, als habe sie etwas Besonderes vor.

      Borstel wurde unruhig. Auch ihre Geschwister begannen ungeduldig umeinanderzukrabbeln. Und Kurf knuffte seine kleine Schwester Rini in die Seite. Rini quiekte ängstlich und versuchte, sich hinter Borstel zu verstecken. Jetzt bekam Borstel Kurfs Geknuffe ab, bis es ihr zuviel wurde. Energisch knuffte sie zurück.

      In diesem Augenblick tauchte ihre Mutter am Kessel auf. Mit einem scharfen Grunzlaut beendete sie die Balgerei. Und als Kurf immer noch weiter stupste, bekam er einen Knuff von seiner Mutter, daß er sich überkugelte. Und das wirkte. Jetzt war Ruhe.

      Doch die Bache legte sich nicht wieder nieder. Erst kam die Morgenwäsche dran. Alle sechs wurden der Reihe nach mit ihrem riesigen Rüssel eifrig geputzt und beleckt. Dann stieß die Bache ein tiefes Grunzen aus. Das klang ganz anders als vorhin. Es war ein Lockruf. Und mit diesen lockenden Grunzlauten rief sie ihre Kinder, ihr nach draußen zu folgen.

      Borstel zögerte verdutzt. Sie hatte ja noch nie den Wurfkessel verlassen. Kurf wühlte sich als erster ungestüm zappelnd durch das Gräsergewirr. Und die anderen folgten, als letzte Rini und Borstel.

      Besorgt blickte die Bache über ihre Kinderschar. Erst als alle vollzählig um sie versammelt waren, ging sie langsam weiter. Dabei achtete sie sorgfältig darauf, daß keines zurückblieb. Doch die Kleinen waren noch viel zu ängstlich, um sich aus der Nähe ihrer Mutter zu wagen. Auf ihren winzigen Beinchen trippelten sie eifrig hinter der Bache her.

      Borstel schnüffelte aufgeregt. Hier draußen roch es so ganz anders als im Kessel. Mit tief gesenktem Rüssel schnupperte sie neugierig über den Waldboden. Grashalme kitzelten sie an der Nase. Und mit einemmal entdeckte sie einen blauschimmernden Käfer, der auf flinken Beinen davonkrabbelte.

      Das interessierte Borstel. Mit einem drolligen Satz flitzte sie ihm nach, stupste ihn kurz mit der Schnauze. Fressen wollte sie ihn ja nicht; sie war ja noch

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