Adams Letzte. Will Berthold

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Adams Letzte - Will Berthold страница 7

Adams Letzte - Will Berthold

Скачать книгу

Bankier überging Lulus Spott.

      »Mein Geldinstitut ist seit vielen Jahren die Hausbank der ›Martin Laimer Companie,‹« berichtete er. »Und aus der Zusammenarbeit hat sich auch ein gewisses freundschaftliches Verhältnis entwickelt. So etwas verpflichtet auch privat, selbst wenn es nicht in den Verträgen steht.«

      »Ich muß Ihnen gleich sagen, Herr Keil«, unterbrach ihn die Frau des Schriftstellers, »daß ich von wirtschaftlichen Dingen kaum etwas verstehe.«

      »Es handelt sich auch — zunächst wenigstens — nicht um eine wirtschaftliche Geschichte. Wissen Sie«, erklärte er, »es gibt im Leben Probleme, die man einfach nicht frontal angehen kann. Man muß versuchen, sie zu umgehen »Sie also von hinten knacken«, versetzte Lulu burschikos.

      »Sissy ist der Meinung, daß Frauen besser geeignet sind, solcherlei Dinge an die Frau zu bringen«, erklärte der Bankier mit einem verunglückten Lächeln. »Außerdem ist es eine alte Gepflogenheit, sich zuerst an den Schutzpatron zu wenden, bevor man gleich zum lieben Gott läuft.«

      »Besten Dank«, entgegnete Lulu Casagrande; sie hatte ein wenig gegen ihren Schwips anzukämpfen, und so wurde sie jetzt neugierig — und besorgt. Sie verstand sich auf Männer und wußte, daß der Bankier Keil weder ein Wichtigtuer noch ein Panikmacher war.

      Als er jetzt zur Sache kam, erfaßte Lulu sofort das Ausmaß des Unheils, das der Freundin, deren Mann, Tochter und Vater drohte; sie wurde auf einen Schlag wieder nüchtern.

      3

      Cecil Casagrande war nach Verlassen der Hotelhalle in sein Apartment hochgefahren und hatte dem unerschöpflichen Fundus seiner Roman-Belegstücke — von der »Lufthansa« war ihm deswegen Überfracht berechnet worden — zwei Exemplare seines Romans »Der Biß der Jahre« entnommen. In eines schrieb er eine Widmung für den Direktor des »Oriental«, Paul Sarrasin, einen urbanen Westschweizer; für das zweite plante er einen besonderen Versuch.

      »Oh, Mr. Casagrande«, sagte der Manager in seinem Office und erhob sich beflissen. »Was kann ich für Sie tun?«

      »Ich stör’ Sie doch nicht?« fragte der Besucher höflich.

      »Aber ich bitte Sie, Mr. Casagrande. Unser Haus pflegt, wie Sie wissen, berühmte Autoren in ganz besonderer Weise.«

      »Ich weiß«, bestätigte der hochgewachsene Schriftsteller mit der vorspringenden Nase und den sich andeutenden Tränensäcken. »Somerset Maugham, Josef Conrad —«

      »— und natürlich Cecil Casagrande«, ergänzte sein erfahrener Gesprächspartner. Ein Hotelmanager, der beim plumpesten Kompliment auch nur mit der Wimper zuckte, war seiner Meinung nach eine Fehlbesetzung: »Ich bedauere sehr, daß Ihre Gattin Sie diesmal nicht begleitet.«

      »Das bedauere ich auch«, behauptete der Autor. »Aber Sie wissen ja, Sarrasin, die Weihnachtsvorbereitungen und so —«

      »Es ist uns jedesmal eine große Freude, Sie wieder bei uns zu haben.« Der Majordomus des »Oriental« dämpfte ein wenig die Stimme und beschleunigte die Sprechweise: »Sie erhalten selbstverständlich wieder den Prominenten-Rabatt, den wir nur ganz wenigen, ausgesuchten Gästen gewähren. Sie wissen, wir haben es nicht nötig und —«

      »Ich hätte es auch nicht nötig, mein Guter«, erwiderte der Mann aus Monaco launig. »Doch ich akzeptiere mit Dank.«

      Der Direktor, ein alerter, wendiger Mann — fünf Sprachen, zwanzig Jahre Erfahrung in den besten Hotels der Welt — kannte viele Autoren so gut, daß er manche von ihnen für Hofnarren der Gesellschaft hielt. Casagrande schnitt dabei nicht schlecht ab. Er fand ihn als Hotelgast wie als Romanschreiber angenehm. Jedenfalls war der Auflagen-Millionär kein Langweiler; er hielt immer Hof, das brachte Gäste, und Gäste brachten Gewinn.

      »Hier, das habe ich Ihnen mitgebracht«, sagte der Besucher und überreichte Paul Sarrasin mit großer Geste sein letztes Buch.

      »Oh, verbindlichen Dank, Monsieur Casagrande, ich bin Ihr ständiger Bewunderer. Es gibt kein Werk aus Ihrer Feder, das ich nicht gelesen hätte.« Er lächelte hintergründig. »Ich würde Ihre Romane sogar dann konsumieren, wenn Sie in anderen Hotels von Bangkok wohnten.« Der Manager schlug den Einband um und stellte fest, daß der Autor sein Geschenk bereits mit einer Widmung versehen hatte.

      »Das ist für mich sehr interessant«, erwiderte Casagrande — er ließ den Ausdruck »konsumieren« ungerügt passieren — »Wissen Sie, mein Bester, Leser sind die einzigen Kritiker, die ich anerkenne.«

      Sein anschließendes Schweigen forderte Sarrasin stumm zu weiterer Rezension auf.

      »Ich weiß, wie schwer es ist, ein breites Publikum zu fesseln«, fuhr der Manager fort: »Die Art, wie Sie Ihre Leser in Spannung versetzen, amüsieren, düpieren, verzaubern, verärgern und am Schluß wieder einsammeln — ich beneide Sie um diese geniale Fähigkeit.« Er sah, daß sein VIP-Gast zufrieden war, fürs erste wenigstens — jedenfalls war es leichter gegangen als bei anderen Autoren, die sich am liebsten nächtelang Elogen angehört hätten.

      Ein Dichter aus Nürnberg, der Stadt des Hans Sachs, des Schusters und Poeten zugleich, hatte sich zum Beispiel mündlich und schriftlich zu der Feststellung verstiegen: »Der liebe Gott und ich, wir haben den gleichen Beruf — beide erfinden wir Schicksale.« Ein anderer Autor war im Hochsommer als Weihnachtsmann verkleidet mit einem Fallschirm auf Sylt abgesprungen, ein seltsamer Reklame-Gag, mit dem er den offensichtlich eingesparten Werbeetat seines Verlages ersetzen wollte. Und ein Bestseller-Autor, in einem »Playboy«-Interview auf seine Wirkung auf Frauen angesprochen, hatte begeistert festgestellt: »Deppert vögeln könntest du dich in diesem Beruf.«

      »Er kann überhaupt nicht vögeln«, hatte seine eben verlassene und offensichtlich humorlose Ehefrau anderenorts gekontert.

      Paul Sarrasin glättete den Buchumschlag mit den Händen, verbeugte sich noch einmal dankend. »Ich hoffe nur, daß ich Ihnen auch einmal einen Stein in den Garten werfen kann«, sagte er dann.

      »Ich zeige Ihnen gleich den Gartenzaun«, drohte ihm der Gast aus Monte Carlo lachend. »Es handelt sich um eine Wette, die ich vorhin eingegangen bin.«

      »Ich stehe zur Verfügung.«

      »Sie sind vor ein paar Minuten durch die Hotelhalle gegangen«, begann Casagrande. »An unserem Nebentisch saß eine Dame allein, eine wirkliche Schönheit —«

      Der Manager nickte und lächelte. »Sie sind bereits der dritte, der mich auf sie anspricht«, antwortete er. »Die junge Lady macht Furore.«

      »Mit Recht«, bestätigte der vielgereiste Autor. »Sie ist zum ersten Mal in Ihrem Haus?«

      »In dieser Saison«, erklärte Sarrasin. »In der vorigen hat sie uns an ein paar aufeinanderfolgenden Tagen die Ehre gegeben — aber auch nur als Passantin.«

      Er sah, daß Casagrande weitere Aufschlüsse wünschte und fuhr fort: »Sie ist immer um die gleiche Zeit gekommen, gegen siebzehn Uhr, saß in der Halle, trank Tee, las Zeitungen, immer an demselben Platz — sofern er frei war — und immer allein. Sie wartete auf niemanden; sie ließ sich nicht ansprechen, weder von Herren noch von Damen. Nach etwa einer Stunde verlangte sie jedesmal ein Taxi und verschwand wie Aschenbrödel im Märchen.«

      »Aus dem Königsschloß«, hofierte Casagrande den Mann, den er brauchte. »Sie hat auch nicht telefoniert?«

      »Nein.«

Скачать книгу