Die gelbe Mafia. Will Berthold
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»Jedenfalls weniger, als du gehabt hast«, versetzte die Mittdreißigerin. »Ich reise viel und gerne, aber nicht, um dabei Männer aufzureißen. Ich bin keine Sextouristin.«
»Mich hast du aber aufgerissen«, entgegnete Parker grinsend.
»Oder du mich …«
»Einigen wir uns darauf, daß wir uns gegenseitig geangelt haben«, antwortete der Kamikaze, setzte sein Glas ab, legte die Hand um ihre Schulter, drehte sie zu sich um, drückte sie leicht an sich. »Du bist schön«, raunte er Babs zu. »Und ich mag dich, und ich hab’ dich richtig geil …«
»Jeden anderen würde ich jetzt aus dem Apartment werfen«, erwiderte sie.
»Das dürfte dir schwerfallen. Es ist von Mrs. and Mr. Parker gemietet.«
»Damit sitze ich also in der Falle.«
»So kann man auch sagen«, entgegnete er, hob sie auf die Zehenspitzen und preßte sie so an sich. »In der Liebesfalle«, setzte er hinzu.
Babs mochte seine Hände, die zupackend und sensibel waren. Gleich in der ersten Nacht hatten sie ihre Körper erschlossen, und seitdem immer wieder Neuland entdeckt. Sie war zu seinem Modell geworden, zu seinem Medium, zu seinem Widerhall.
Parker merkte, daß sich ihr Atem beschleunigte und sie leicht zitterte. Sicher hatte er manche Mängel; er war auch nicht die Idealvorstellung, die sich eine Frau von ihrem Verführer macht – sofern sie das überhaupt tut –, aber für Babs hatte er etwas an sich, was vielen, eigentlich den meisten Männern fehlte: Sie spürte, daß Parker weit hintergründiger war, als er erkennen lassen wollte, ein Mann mit Mumm, mit einer Ausstrahlung von Selbstsicherheit und Kaltblütigkeit. Hinter seiner bescheidenen Mittelmäßigkeit zeichnete sich so etwas wie Überhöhung ab. Babs konnte einfach nicht glauben, daß es sein Lebenswerk war, in Hongkong Hemden billig einzukaufen und in Deutschland teuer zu verscherbeln. Sie hatte wiederholt bemerkt, daß er seine Intelligenz versteckte, wie eine alte Jungfer ihren Sparstrumpf, um ihn dann doch gelegentlich herzuzeigen.
Er hob Babs auf die Arme und trug sie auf das Rundbett, begann sie mit kundigen Fingern auszuziehen, langsam, Stück um Stück, mit Geduld und Genuß, ihre Erwartung schürend und verzögernd. Er wühlte in ihren Haaren, streichelte ihren Nacken, küßte die Knospen ihrer Rundungen.
Seine Hände glitten abwärts, ein Ziel suchend, das sie nicht zu finden schienen.
Die junge Frau mit dem makellosen Körper stöhnte, biß ihn in den Hals, während seine Zunge kreisend liebkoste und seine Lippen langsam tiefer glitten.
Babs bäumte sich auf. »Komm doch endlich«, flüsterte sie.
Doch Parker verlängerte die Qual ihrer Lust, bis er sie selbst spürte und gewaltsam unterdrücken mußte. Nie hatte er sich den Sex über den Kopf wachsen lassen. Das Liebesspiel war für Parker eine Art Haut-Schach. Er machte Zug um Zug, langsam und überlegend, über schwarze Felder, über weiße, einkreisend und abwartend.
»Bitte«, keuchte Babs, Beherrschung und Distanz verlierend: »Ich halte das nicht länger aus«, stöhnte sie. »Quäl mich doch nicht so!« Ihre letzte Reserve platzte wie ein Ballon. »Stoß endlich zu! Ja – ja, nimm mich – fuck me, fuck me, du Mistkerl!«
Parker zögerte noch immer, er hatte den Eisberg aus Düsseldorf eingeschmolzen, die damenhafte Direktionsassistentin, die nie aus der Rolle fiel, jeder Situation gewachsen war und die Männer abfertigte wie der Butler einen Bettler.
Während er endlich in sie eindrang, schluchzte Babs: »Ja, Ralf, komm, mach mich fertig …«
Aber er blieb der Dirigent, ließ sich das Tempo nicht vorschreiben. Wiewohl er nun selbst zu zerspringen drohte, trieb er die Selbstbeherrschung auf die Spitze. Nur wenn man eine Partnerin begehrt, aber doch nicht wirklich liebt, kann man mit dem Körper einer Frau so virtuos spielen – wenigstens so lange, bis der Brandstifter selber Feuer fängt.
Ihre Körper peitschten einander in ein furioses Finale hinein. Sie erreichten gemeinsam den Gipfel, hielten sich noch kurze Zeit – und stürzten ab. Sie hatten einander schachmatt gesetzt. Aber sie landeten weich, und auf dem Bodensatz der Erfüllung trieb schon wieder neues Verlangen.
Sie atmeten schwer.
»Wir müssen verrückt sein, Ralf«, flüsterte die junge Frau.
»Vielleicht hast du recht«, antwortete er und sah einen Moment lang ins Leere. Er wollte sich nicht anmerken lassen, daß es mit seinem Haut-Schach nicht mehr weit her war und ihm Babs bereits mehr bedeutete, als sie sollte. »Weißt du«, fragte der Kamikaze mit rauher Stimme, »daß du ganz schön ordinär werden kannst? Du hast mich einen Mistkerl genannt.«
»Entschuldige bitte«, erwiderte Babs. »Ich war nicht mehr ganz bei mir. Ich kann nichts dafür, wenn du mich um die Zurechnungsfähigkeit bringst.«
»Ein Mann, der das nicht tut, ist ein Stümper«, erwiderte Parker großsprecherisch.
»Du hast wohl zuviel Erfahrung«, konterte die nackte Schöne. »Du möchtest wohl allen Frauen verführen, welche Versager deine Vorgänger gewesen waren, stimmt’s?«
»Waren sie denn das bei dir?«
»No comment«, antwortete die Düsseldorferin. »Bist du eigentlich verheiratet?« fragte sie übergangslos.
»Diese Inquisition erfolgt aber reichlich spät«, entgegnete der Begleiter lachend.
»Weil es mir ziemlich egal ist – schließlich sind wir ja nur ein Paar auf Ferienzeit«, repetierte Babs. »Doch warum weichst du mir aus?«
»Deine Frage bringt einen Mann ins Dilemma«, entgegnete Parker. »Sagt er nein, hält ihn die Fragestellerin für einen Lügner …«
»Also, ja oder nein?« unterbrach sie ihn.
»Nein«, antwortete er.
»Also Lügner«, versetzte sie lachend.
»Falsch. Ob du es glaubst oder nicht, ich bin wieder Junggeselle.«
»Ich hab’ nichts dagegen«, erwiderte sie. »Wir machen uns noch ein paar schöne Tage, hier, in Manila und weiß Gott wo überall. Dann«, setzte sie hinzu, »kehrst du wieder in deine Textil-Import-Firma nach München zurück, und ich in mein Stahlkontor in Düsseldorf. Dort esse ich mit Geschäftsfreunden des Hauses, nicht ohne Ermahnung der Direktion, mich nicht mit ihnen einzulassen.« Sie drückte ihre Zigarette aus. »Als ob das nötig wäre bei diesen Typen.« Sprunghaft, wie Frauen manchmal so sind, fragte Babs: »Aber du warst schon einmal verheiratet?«
»Ja«, erwiderte Parker. »Zweimal geschieden.«
»Da hast du mich schon wieder um eine Länge geschlagen«, antwortete sie lachend. Sie sprang aus dem Bett. »Los! Ich nehm’ die Wanne und du die Brause.« Mit federnden Schritten ging sie ins Badezimmer, drehte sich noch einmal um: »Gibst du mir zwanzig Minuten, Ralf?«
»Dreißig«, räumte er ein. »Wenn du willst, kannst du dir auch noch Zeit zum Ausruhen nehmen.«
»Dafür ist sie mir hier viel zu kostbar. Hongkong prickelt mir auf der Haut«, versetzte die Düsseldorferin. »Ich fühle mich