Sophienlust Bestseller Box 1 – Familienroman. Marisa Frank
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»O nein, Sabine, so schnell geht das nun auch wieder nicht. Eine Weile müssen Sie schon noch auf unserer guten Erde bleiben, und ich bin sicher, daß die Zeit kommen wird, wo es Ihnen wieder gefällt.«
»Vielleicht haben Sie recht«, schluchzte Sabine plötzlich auf und preßte die Hände vors Gesicht.
»Sind wir schon da, Tante Isi?« Verschlafen rieb sich die kleine Agnes die Augen. »Meine Mami! Ist meine Mami doch noch mit uns gekommen?« rief das Kind überrascht aus. »Tante Isi, warum weint meine Mami denn?«
Fest umklammerte Denise das Lenkrad. Die Geschehnisse des heutigen Tages drohten über ihre Kraft zu gehen, dabei war sie noch nicht mal am Ziel.
Als sie endlich die Lichter von Sophienlust erblickte, hätte sie am liebsten vor Freude geweint.
*
»Ja, ich komme ja schon.« Hartnäckig schrillte das Telefon weiter, und die junge, gutaussehende Frau in dem weinroten Morgenrock erhob sich aus ihrem bequemen Sessel. Sie hatte kurze, blonde Haare, die sich an den Schläfen leicht kringelten. Ihre Haut war blaß und ihre Gesichtszüge ebenmäßig.
»Eckstein«, meldete sie sich, und ihre Stimme vibrierte vor Erregung.
»Hallo, Marga. Ich bin es, Manfred. Wie sieht es aus? Hast du heute nachmittag Zeit für mich?«
»Dumme Frage«, antwortete die Frau grimmig. »Für dich habe ich immer Zeit. Was glaubst du, weshalb ich meinen Mann verlassen habe.«
»Laß bitte deine makaberen Witze, Marga. Du weißt, daß ich für solche Anzüglichkeiten nichts übrig habe.« Die Stimme des Mannes klang verärgert.
»Tut mir leid, Manfred, ich wollte dich nicht beleidigen. Was hast du vor heute?« Sie versuchte, ihn abzulenken, und es gelang ihr auch.
»Eigentlich nicht viel. Ich dachte, wir gehen ins Lamm zum Mittagessen. Gegen Abend können wir dann in die Stadt fahren, nachdem wir unseren Nachmittagsspaziergang hinter uns haben, und dort gepflegt dinieren gehen. Was hältst du davon? Den Tag können wir ja dann mit einem schönen Kinofilm ausklingen lassen.«
»Einverstanden, Manfred. Wann kommst du?«
»So etwa in zwei Stunden. Ich bin im Büro noch nicht ganz fertig, aber bis dahin kann ich es schon einrichten.«
»Gut, Manfred. Du, ich freue mich.« Atemlos wartete sie auf seine Antwort, aber er sagte nicht das, was sie sich erhofft hatte.
»Also dann, bis nachher. Ich muß mich beeilen, wenn ich es schaffen will. Mach dich ein wenig hübsch für mich.«
Ehe Marga noch antworten konnte, hatte er schon aufgelegt. Wie immer, wenn sie mit Manfred Brecht gesprochen hatte, blieb ein schaler Nachgeschmack zurück, der ihr leichtes Unbehagen verursachte. Aber ich liebe ihn doch, sagte sich die Frau immer wieder, bis sie davon überzeugt war.
Seufzend ließ sie sich in den Sessel fallen und schlürfte genüßlich den Kaffee, der inzwischen bereits kalt geworden war. Sie merkte es nicht einmal.
Gedankenverloren hielt sie ein Bild in ihren Fingern mit den rot lackierten Nägeln, das das Gesicht eines hübschen blonden Jungen zeigte.
»Wie mag es dir wohl gehen, Peterle?« sagte sie etwas wehmütig und hauchte einen Kuß auf den lachenden Mund des Kindes. Wie hatte sie nur so dumm sein und auf ihren Sohn verzichten können, fragte sie sich wohl zum hundertsten Mal. Peter war ihr ganzer Stolz gewesen und ihm hatte auch ihre ganze Liebe gehört.
Ob Volker gut mit dem Jungen zurechtkam? Sicher, denn Peter war ein williges, folgsames Kind. Ob er sie, seine Mutter, wohl vermißte?
Nachdenklich betrachtete Marga ihre gepflegten Hände. Wie lange hatte sie sich die Nägel nicht mehr lackiert, hatte keine Zeit und auch kein besonderes Interesse für ihr Äußeres gehabt.
Und nun? Nun hatte sie nur noch Zeit. Sie wußte schon morgens, wenn sie aufstand, nicht, was sie machen sollte. Vor Langeweile stieg sie dann meistens nach dem Frühstück wieder ins Bett, denn vor elf Uhr rief Manfred niemals an. Und ohne den Mann erfüllte sie gähnende Leere.
Marga konnte sich gar nicht vorstellen, was sie früher ohne ihn angefangen hätte. Zugegeben, Volker war ja ganz nett gewesen, und er hatte sie auch immer, wie man so schön sagt, auf Händen getragen, aber war das wirklich alles, was sie noch vom Leben zu erwarten hatte?
Jetzt endlich konnte sie so leben, wie sie es sich früher manchmal erträumt hatte, wenn die Eintönigkeit des Alltags wie ein reißender Wolf über sie hergefallen war. Sie konnte tun und lassen, was sie wollte.
Und trotzdem. So richtig glücklich war sie auch jetzt nicht, denn sie hatte dafür auf etwas verzichten müssen, das ihr Manfred Brecht nicht ersetzen konnte, nämlich ihre Familie.
Gegen elf Uhr begann Marga, sich für ihre Verabredung herzurichten. Seit sie sich von Volker getrennt hatte, legte sie größten Wert auf ihr Äußeres, denn Manfred war erst achtundzwanzig Jahre alt, sie selbst dagegen schon fast einunddreißig.
Manfred lachte zwar immer, aber sie selbst störten die drei Jahre Altersunterschied doch ganz empfindlich. Deshalb versuchte sie, sich so vorteilhaft und jugendlich wie nur möglich zu kleiden. Zum Glück hatte sie noch das Sparbuch von ihrer Mutter, auf dem sich eine schöne Summe angesammelt hatte. Das andere Vermögen, das die Eltern ihr als einziger Tochter hinterlassen hatten, war fest angelegt. Aber wenn sie Manfred Brecht je heiraten sollte, dann würde sie es schon flüssig machen. Vorläufig jedoch reichte noch das Sparbuch für ihre kleineren und größeren Wünsche.
Nachdenklich stand die Frau vor ihrem Kleiderschrank und überlegte, was sie anziehen sollte. Sonderlich groß war ihre Auswahl nicht, aber alles, was sie besaß, war schick und mit Geschmack ausgewählt. Marga entschied sich für einen roten Strickrock und dem dazu passenden Pullover mit weiten Ärmeln.
Dann bürstete sie ihr kurzes Haar, bis es glänzte, und zog mit einem dezenten Stift ihre vollen Lippen nach. Als es klingelte, war Marga Eckstein gerade fertig.
»Du kommst wie gerufen, Manfred«, sagte sie freudig erregt und bot ihm ihre Wange zum Kuß an, obwohl sie ihm am liebsten um den Hals gefallen wäre. Aber sie sagte sich, daß es bestimmt nicht klug wäre, ihm ihre Liebe zu sehr zu zeigen.
»Gut siehst du aus, Marga. Man sieht dir dein Alter überhaupt nicht an«, zog er sie auf und grinste. Mit seinen schwarzen Haaren und den leuchtend blauen Augen war er mehr ein südländischer Typ, dem die Frauenherzen nur so zuflogen.
Manfred hatte schon etliche Freundinnen gehabt, aber nur von einer trug er das Bild noch in seiner Brieftasche. Diese eine aber war nicht sie, Marga, obwohl sie ein bißchen Ähnlichkeit mit seiner ersten großen Liebe hatte. Vielleicht war das auch der Grund, warum er mit allen Mitteln versucht hatte, sie für sich zu gewinnen.
»Können wir gehen? Ich habe schon einen Bärenhunger«, gestand er und zog die Frau dann ganz sanft an sich.
»Ich bin fertig, Liebling. Oder meinst du, daß noch etwas an mir fehlt?« Kokett drehte sich Marga vor ihm im Kreis, damit er sie von allen Seiten bewundern konnte. Beifallheischend blieb sie dann vor ihm stehen und schaute ihn mit blitzenden Augen an.
»Fabelhaft siehst du aus, Marga. Ich kann es nur immer