Mythos Mensch. Frank Lisson
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Totalisierte Menschheit. – Erst von da an, wo wir annehmen müssen und heimlich darum wissen, dass die Gattung kein Ziel hat, sowenig wie irgendwelche anderen Lebens- oder Seins-Formen ein Ziel haben, können wir uns mit dem ganz und gar auf Konsumpragmatismus ausgerichteten Leben abfinden. Der Mensch akzeptiert sein zweckloses Dasein als bloßen Selbstverwaltungsakt und versteht sich selber als höheren Erhaltungsapparat primitiver Genussansprüche, der alle Wirklichkeit seinem einzigen Zweck unterwirft: die Welt zu einem riesigen Versorgungsunternehmen umzugestalten, das alle Menschen mit jenen Gütern beliefert, zu denen sie sich selber animieren. Im 21. Jahrhundert angekommen, besteht das Leben des Menschen so gut wie nur noch aus Einkaufen, Autofahren, Smartphonen; und fast alle Arbeit zielt darauf ab, sich jene Tätigkeiten zu erhalten: wo Menschen gewerblich produktiv sind, dient dies zumeist allein dazu, um weiterhin und idealerweise noch besser einkaufen, autofahren, smartphonen zu können. – In den letzten zwanzig Jahren sind wir sehr weit fortgeschritten auf dem Wege zur totalen Menschheit, deren einziges Ziel und deren einziger Sinn darin bestehen, einander Konsumsicherheiten zu garantieren.
2 Asav Avidan, Reckoning Song, 2008.
3 Walter Burkert, Kulte des Altertums. Biologische Grundlagen der Religion, München 1998, S. 214.
4 Bereits im 17. Jh. haben Philosophen wie Friedrich Wilhelm Stosch erstmals wieder die Existenz von Seele und Geist als etwas Immaterielles angezweifelt: »Die Seele des Menschen besteht in der richtigen Mischung des Blutes und der Säfte, welche gehörig durch unverletzte Canäle strömen und die mannigfachen willkürlichen und unwillkürlichen Handlungen hervorbringen. (…) Es ist klar, dass die Seele oder der Geist durch sich und ihrer Natur nach nicht unsterblich ist und nicht ausserhalb des menschlichen Körpers existiert.« Zit. nach F. A. Lange, Geschichte des Materialismus, Bd. 1, Iserlohn 1876, S. 318.
5 Dt.: Der Mensch ist das Maß aller Dinge.
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