Der arme Jack. Фредерик Марриет

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Der arme Jack - Фредерик Марриет

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anfangs dafür aufthat, wurde ich oft von älteren und stärkeren zurückgedrängt, die mir zuriefen: „Fort mit Dir! Es ist nicht der arme Jack — ich bin der arme Jack!“ Ich liess mir dies anfangs gefallen und hielt mich an die verirrten Halbpence, die mir gelegentlich zugeworfen wurden, dabei auf meine Behendigkeit bauend. Ich kriegte nie Streit mit andern Knaben, da meine Gutmütigkeit allbekannt war, und erst die Bedrückung weckte in mir die Idee des Widerstandes. Einer der Knaben, der älter und grösser als ich war, versuchte mir ein Sechspencestück zu entreissen, das ich durch meine Hurtigkeit gewonnen hatte.

      Früher hatte ich mir nichts daraus gemacht, wenn ich weggedrängt oder sogar mit Wasser und Schlamm beworfen wurde; aber dies war ein Akt der Gewaltthätigkeit, den ich mir nicht gefallen lassen konnte. Die Folge davon war eine Balgerei, in welcher ich zu meiner eigenen grossen Überraschung (denn ich kannte meine Stärke nicht), wie auch zur Verwunderung aller Umstehenden, Sieger blieb. Ich zerbläute meinen Gegner, bis er ins Wasser taumelte, setzte ihm zu, bis er stürzte und drückte dann seinen Kopf in den Schlamm, bis er fast erstickt war. Dann liess ich ihn los, worauf er heulend zu seiner Mutter nach Hause ging. Für diese Heldenthat wurde ich mit dem Beifall der alten Pensionäre und anderer Zuschauer, wie auch mit einem Schilling, der mir aus dem Fenster des Wirtshauses zuflog, belohnt. Ben, der Walfischjäger, der den Strauss mit angesehen, sagte mir am andern Tage, dass ich meine Fäuste merkwürdig gut gebraucht habe; ich solle nur höhere Parade halten und werde dann einen trefflichen Kämpfer abgeben. Er war selbst ein alter Boxer und gab mir einige Anweisungen, die ich nicht vergass, und bald nachher in praxi auszuführen Gelegenheit hatte. Zwei Tage später stiess mich ein anderer mir an Grösse überlegener Knabe, während ich mich als „armer Jack“ geltend machen wollte, so derb beiseite, dass ich die Treppen hinunter ins tiefe Wasser fiel und daher die Lacher gegen mich hatte. Aus dem Untertauchen machte ich mir nichts, aber das Gelächter konnte ich nicht ertragen. Sobald ich daher die Treppen wieder gewonnen hatte, stürzte ich auf ihn zu und warf ihn hinunter, so dass er in eine Fähre fiel und sich, wie nachher gefunden wurde, den Rücken sehr beschädigte. Demungeachtet kam er wieder heraus, um mich zu zerbläuen, und jetzt gab es eine regelmässige Boxerei, da die Pensionäre und Fährleute sich ins Mittel legten, uns beide nach dem höheren Grunde nahmen und ein ehrliches Spiel überwachten. Ben, der Walfischjäger, übernahm die Rolle meines Sekundauten, und wir griffen an. Ohne die erlittene Verletzung und die Lehren, die mir Ben erteilte, als ich zwischen jedem Gange auf seinem Knie sass, wäre mein Gegner viel zu mächtig für mich gewesen. Dennoch gab es einen sehr harten Strauss, ich wurde furchtbar zerschlagen — aber ich konnte nicht nachgeben, da so viele auf meinen Sieg gewettet hatten, und Ben sagte mir am Ende eines jeden Ganges, wenn ich nur noch ein einziges Mal aushalte, werde ich des Sieges sicher und der arme Jack für immer sein. Diese letztere Andeutung spornte mich zur äussersten Kraftanstrengung. Wir kamen scharf ins Handgemenge; mein Gegner wurde geworfen, ohne wieder aufstehen zu können, da er jetzt die Folgen seiner früher erlittenen Beschädigung aufs empfindlichste verspürte. Der arme Bursche! Er litt grosse Schmerzen, wurde nach Hause getragen und musste ärztlichen Beistand brauchen, da sich ein Abscess in seiner Seite bildete. Es stand lange an, bis er wieder gesund wurde, und als er wieder herauskam, war er so bleich, dass ich herzliches Mitleid mit ihm hatte. Wir waren nachher stets die besten Freunde, ich gab ihm manchen Halbpenny, bis ich endlich Gelegenheit hatte, ihm wirksamer zu dienen.

      Ich erwähnte diese beiden Kämpfe, weil sie mir einen grösseren Ruf verschafften, als ich verdiente. Dieser Ruf ersparte mir ohne Zweifel noch viele weitere Schlachten und sicherte mir die Meisterschaft über die andern Knaben am Ufer. Die Fährleute gewannen mich so lieb, dass sie alle übrigen Jungen wegzuschicken pflegten, und so war ich endlich der anerkannte, echte, gesetzliche und legitimierte „arme Jack von Greenwich“.

      Neuntes Kapitel.

      In welchem ich gegen die angenommene Regel der Seefahrerkunde einen Kreuzzug mache. Bei meiner Rückkehr von einer kalten Expedition treffe ich auf einen kalten Empfang.

      Kaum hatte ich mir den unbestrittenen Besitz eines Amtes verschafft, als ich auch hinreichend Geld gewann, um mich ganz unabhängig von meiner Mutter zu machen. Gelegentlich verschaffte ich mir aus dem Laden eines alten Weibes, die mit allem nur Erdenklichen handelte, eine alte Jacke, Beinkleider und ein paar Schuhe, und wenn ich Kalfaterwerk oder triftig gewordene Holzstücke auflas, pflegte ich meine Beute an die alte Nanny (denn dies war der einzige Name, unter dem die Hökerin bekannt war) zu verkaufen. Meine Mutter hatte durch ihre schlimme Gemütsart und ihr ewiges Gezänk mit den Nachbarinnen alle ihre Hausleute vertrieben, so dass sie sich jetzt auf das Waschen feiner Leinwand verlegen musste, eine Beschäftigung, auf die sie sich gut verstand und die ihr viel Geld einbrachte. Ich muss ihr die Gerechtigkeit widerfahren lassen, dass sie eine sehr fleissige Frau und in manchen Dingen sehr geschickt war. Sie machte auch Kleider und Hauben für die niedrigere Volksklasse, die sehr mit ihren Leistungen zufrieden war, und arbeitete eifrig für sich und meine Schwester, deren Anzug und Äusseres sie sich mehr als je angelegen sein liess, denn sie erzeigte Virginia eben so viel Liebe, als sie mir Hass bewies. Wer mich in meinen alten, bis an die Kniee aufgeschlagenen Hosen, in meiner zerrissenen Jacke und in meiner vom Wasser gesteiften Kappe neben der reinlich und sogar luxuriös gekleideten Virginia stehen sah, würde nie geglaubt haben, dass wir Geschwister wären. Die Mutter suchte zwar stets Virginia davon abzuhalten, dass sie mir Aufmerksamkeit erwies, wenn wir uns je auf der Strasse begegneten; aber die Schwester liebte mich mit jedem Tage mehr und pflegte, ungeachtet der mütterlichen Vorstellungen, sobald sie mich sah, auf mich zuzueilen und mit ihrem hübschen Händchen meine schmutzige Jacke zu pätscheln, so dass ich eigentlich stolz auf Virginia war. Sie wurde täglich schöner und hatte einen so guten Charakter, dass selbst die Mutter ihn nicht zu verderben vermochte.

      Ich hatte mir den unbestrittenen Posten des armen Jack im Herbste erkämpft, im Winter darauf stiess mir ein Abenteuer zu, das, wie der Leser zugeben wird, durchaus nicht angenehm war und beinahe eine Amtserledigung zum Besten eines andern herbeigeführt hätte.

      Es war im Monat Januar — der Strom schwamm voll Treibeis, denn wir hatten mehrere sehr kalte Tage gehabt; das hatte zur Folge, dass sich nur wenige Leute den Fähren anvertrauen mochten, weshalb ich nur wenig Beschäftigung und noch weniger Verdienst fand. Eines Morgens stand ich auf den Lauertreppen, rieb mir, während der Atem wie der Dampf eines Theekessels aus meinem Munde kam, die von der scharfen Kälte gerötete Nase und blickte nach der Sonne, die eben über einen Wolkenrand auftauchte, als mir ein Fährmann zurief und mich fragte, ob ich mit ihm den Strom hinuntergehen wolle, da er einen Maten nach seinem Schiffe bringen müsse, das mehrere Meilen unterhalb Greenwich läge; wenn ich Lust habe, so wolle er mir sechs Pence und ein Frühstück geben. Ich hatte seit vielen Tagen nur wenig verdient und willigte deshalb ein, da ich meiner Mutter für nichts verbindlich sein mochte.

      Nach einer Stunde brachen wir auf. Wir hatten keinen Wind, das Wasser war glatt und die Sonnenstrahlen blitzten in den schwimmenden Eisschollen, welche sich an den Seiten unserer Fähre rieben, als wir sie mit unserem scharfen Schnabel durchschnitten. Obgleich wir die Ebbe für uns hatten, stand es doch drei Stunden an, bis wir das Schiff erreichten. Der Mate zahlte das Fährgeld und gab uns etwas zu trinken. Wir wärmten uns etwa eine Stunde in der Schiffsküche und plauderten mit den Matrosen. Endlich sprang eine Brise auf, und der Kapitän befahl den Matrosen, die Anker aufzuziehen. Wir ruderten ab und hofften, da die Flut eingetreten war, noch vor Einbruch der Nacht Greenwich wieder zu erreichen.

      Der Himmel umwölkte sich; es trat ein schweres Schneegestöber ein, so dass wir nicht sehen konnten, in welcher Richtung wir ruderten. Der Wind blies sehr steif und schneidend kalt; dennoch arbeiteten wir uns nach Kräften ab, nicht nur, um wieder zurückzukommen, sondern auch, um uns zu erwärmen. Unglücklicherweise hatten wir zu viel Zeit an Bord des Schiffes verloren, und da uns ausserdem das Schneegestöber hinderte, geradeaus zu fahren, so trat die Ebbe wieder ein, ehe wir zwei Dritteile unseres Weges zurückgelegt hatten. Erschöpft von Kälte und Anstrengung arbeiteten wir noch immer nach Kräften und hielten uns so nahe als möglich ans Ufer. An dem Ende einer Krümmung sahen wir uns genötigt, nach der andern Seite des Flusses zu fahren, und während wir dies thaten, wurden wir durch die Strömung gegen

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