Der arme Jack. Фредерик Марриет
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„Ja, das thun sie und sind darauf so versessen, wie mein Knabe Tom auf den Bärendreck. Gut, jener Doktor, mein Freund, kriegte Streit mit seinem Wirt, der sich rühmte, seine Gäuse hätten die grössten Lebern in ganz Montpellier, und sich gewaltig viel darauf zu gute that. Mein Freund wusste, dass er ihn mit nichts mehr ärgern konnte, als wenn er ihm seinen Erfolg vereitelte. Da er nun eine grosse Quantität Cheltenhamer Salz bei sich hatte, so pflegte er jeden Morgen eine ziemliche Portion in das Wasser zu werfen, von welchem die Gänse tranken. Dies übte dieselbe Wirkung wie auf Männer und Weiber, und statt mit jedem Tage kränker zu werden, wurden die Gänse immer gesünder und lebhafter. Der Franzose stopfte und stopfte, machte den Käfig noch heisser, fluchte und zerraufte sich sogar das Haar, weil seine Gänse gesund und wohl blieben; aber je mehr er sie krank zu machen suchte, desto mehr Salz gab der Doktor, der auf diesem Wege seinen Zweck erreichte und sich rächen konnte.“
„Gut, das ist ein possierliches Geschichtlein, Doktor; und da ich nun weiss, wie eine derartige Krankheit zu kurieren ist, so will ich Ihnen die erste, beste, kranke Gans zuschicken.“
„Vielen Dank; es fehlt ohnehin nie an Gänsen, die nach dem Doktor schicken.“
„Das ist freilich wahr; und nun, Master Jack, hast Du genug für Deinen Penny. Ich gebe es nicht zu, dass Du Ben länger warten lässest.“
„Erzählen Sie keine weiteren Märchen mehr, Doktor?“ sagte ich.
„Ha, Du schmutziger Vagabund, meinst Du, ich habe Märchen erzählt? Fort mit Dir! Und hörst Du, da Du um die Ecke kommst, so sage Tom, dass ich augenblicklich zurückkehren werde.“
„Würde dies nicht ein Märchen sein, Doktor?“ versetzte ich, während ich zur Thür hinausging.
Ich hörte noch, wie beide lachten, konnte aber nicht verstehen, was sie sagten.
Zwölftes Kapitel.
Ich wende mich an die alte Nanny und gewinne einen neuen Anzug. — Vorteil einer guten Kleidung — man kann darin mit Damen spazieren gehen.
Der Leser muss mir nicht zu viel zutrauen, wenn ich ihm sage, dass ich seit Peter Andersons Unterricht eine eigentliche Sehnsucht hatte, zur Kirche zu gehen; denn, obgleich seine Lehren mein Verlangen danach steigerten, so muss ich doch einräumen, dass der stärkste Beweggrund darin lag, dass meine Mutter mich nicht mitnehmen wollte, während sie sich doch von Virginia begleiten liess. Ferner wurde meine Neugierde durch meine völlige Unwissenheit hinsichtlich aller Dinge, die zum Gottesdienste gehörten, gesteigert, denn ich hatte bis jetzt bloss das Geläute der Glocken vernommen und vielleicht im Vorbeischlendern Halt gemacht, um eine kleine Weile auf die Orgel und den Gesang zu hören. Bisweilen wartete ich auch, um die Leute herauskommen zu sehen; dann aber konnte ich nicht umhin, meine Lumpen mit ihrem reinlichen, schmucken Anzuge zu vergleichen.
Dieser Wunsch quälte mich unaufhörlich, aber je mehr ich Erwägungen darüber anstellte, desto unmöglicher schien es mir, denselben befriedigen zu können. Wie hätte ich auch in meinen zerfetzten und schmutzigen Kleidern in die Kirche gehen können — und welche Aussicht stand mir bevor, andere zu erhalten? Allerdings brachte ich im Durchschnitt wöchentlich achtzehn Pence zusammen, aber davon blieb nichts übrig. Gab mir vielleicht meine Mutter Kleider? Nein, darauf durfte ich nicht rechnen, denn sie brummte sogar wegen des bischen Essens, um das ich sie ansprach. Wenn ich im Bette lag, erwog ich mir die Sache wieder und wieder. Ben hatte kein Geld, Anderson mochte ich nicht darum bitten, und so dachte ich endlich an Doktor Todpole, obschon ich mich scheute, über mein Bedürfnis mit ihm Rücksprache zu nehmen. Endlich fiel mir ein, mich erst zu erkundigen, wie viel Geld ich brauchen würde, ehe ich weitere Massregeln einschlüge. Ich begab mich daher am nächsten Morgen nach einer Kleiderhandlung und fragte den Jungen, welcher im Laden mithelfen musste, was ich für ein paar blaue Hosen, Weste und Jacke bezahlen müsse. Der Bursche entgegnete mir, ich könne für zweiundzwanzig Shillinge einen ganz netten Anzug erhalten. Zweiundzwanzig Shillinge! — Wie ungeheuer erschien mir damals die Summe. Und dann brauchte ich erst noch einen Strohhut, ein paar Schuhe und Strümpfe. Ich fragte nach dem Preise der letzteren Artikel, und fand, dass mein Anzug unter dreiunddreissig Shillinge nicht vollständig hergestellt werden konnte. Ich geriet recht in Verzweiflung, denn die Summe schien mir ein ganzes Vermögen zu sein. Ich setzte mich nieder, um zu berechnen, wie lange es anstehen dürfte, bis ich mit je sechs Pence wöchentlich (denn mehr konnte ich nicht erschwingen), so viel Geld erspart hätte; da ich aber damals noch nichts von Zahlen verstand, so zeigte sich als Resultat meines Nachdenkens, es sei eine so lange Zeit dazu erforderlich, dass sie ausser dem Bereiche meiner Rechenkunst liege.
An einem Sonnabende sass ich sehr melancholisch auf den Stufen am Landeplatz, dachte an den morgigen Sonntag und hatte meine Hoffnung, je zur Kirche gehen zu können, bereits ganz aufgegeben, als ein Themsefischer, namens Freeman, der zu Greenwich lebte und ein Bekannter von mir war — ich hatte ihm oft schon in seinen Geschäften geholfen — mir zurief, ich solle kommen und ihm Beistand leisten. Ich leistete seiner Aufforderung Folge, half ihm die Segel beschlagen, holte sein kleines Boot, in welchem er die Fische lebendig aufbewahrte, an Bord, hisste die Netze an den Mast auf und brachte alles in Sicherheit. Dabei machte ich mir meine Gedanken, dass er wahrscheinlich morgen zur Kirche gehen werde, während es mir nicht möglich sei, was ihn veranlasste, mich nach dem Grunde meiner Traurigkeit zu fragen. Ich sprach mich offen gegen ihn aus.
„Da kann ich Dir freilich nicht helfen, Jack“, sagte er, „denn es sind eben jetzt böse Zeiten; ja auch im andern Falle könnte ich nichts für Dich thun, denn ich habe selbst zu viele Kinder. Doch sieh her — da ist ein hübsches langes Stück fünfzölligen Taus, das ich aufgelesen habe, und das wohl einen Shilling wert ist. Nimm es (denn ich stehe doch ein wenig in Deiner Schuld) und bringe es der alten Nanny. Sie ist zwar eine wunderliche Person, aber wenn Du’s probierst, giebt sie Dir doch vielleicht das Geld. Wenn sie will, kann sie’s wohl thun, und da Du schon so lange mit ihr in Verkehr stehst, so willigt sie vielleicht ein, wenn Du ihr versprichst, jede Woche etwas beiseite zu legen und sie dann wieder zu bezahlen.“
Dieser Gedanke war mir nie eingefallen, denn ich wusste, dass die alte Nanny sehr genau und in ihrem Handel mit mir arg knauserig war. Ich dankte jedoch Freeman für sein Tau und seinen Rat, fest entschlossen, gleich nach dem Landen wenigstens einen Versuch zu machen.
Ich habe bereits früher die alte Nanny als eine Frau aufgeführt, welche mit Matrosenbedürfnissen handelte und mir das, was ich am Ufer auflas, abzukaufen pflegte. Sie war eine wunderliche Alte und schien alles zu wissen, was vorging, obschon ich nicht zu sagen vermag, wie sie zu ihren Nachrichten gelangte. Im allgemeinen war sie sehr geizig, obgleich man ihr nachsagte, sie habe sich ein- oder zweimal eine gute Handlung zu schulden kommen lassen. Niemand kannte ihre Geschichte, man wusste weiter nichts von ihr, als dass sie die alte Nanny sei. Sie sprach selten von ihrer Verwandtschaft, und einige Leute sagten, wenn man die Wahrheit wüsste, so würde sich’s herausstellen, dass sie sehr reich sei; aber wie sollte man überhaupt in dieser Welt zur Wahrheit kommen?
Ich befand mich bald in dem Laden der alten Nanny, das Stück Tau über meinen Arm gerollt.
„He, Jack, was bringst Du da — ein Stück guten Taus? Nein, gut kann man’s nicht nennen, denn es ist ganz vermürbt. Warum bringst Du mir denn solche Dinge? Was kann ich damit anfangen?“
„Ei, Mutter“, versetzte ich, „es ist ein nagelneues Seil — noch gar nicht viel gebraucht — das allerbeste Tau, das man nur sehen kann.“
„Junge, Junge, willst Du mich etwa gar belehren? Nun was verlangst Du dafür?“
„Einen Shilling“, entgegnete ich.
„Einen