Nach mir komm ich. Will Berthold

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Nach mir komm ich - Will Berthold

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Sie trägt einen knappen Bikini unter einem seidenen Morgenmantel, der den Blick auf ihre mollige, aber noch immer respektable Figur mehr freigibt als verhüllt. In ihren wasserblauen Augen brennt das kalte Feuer einer rachsüchtigen Domina, die statt der Peitsche Schriftstücke in der Hand hält.

      Kronwein stellt mit Erschrecken fest, daß Carlotta während seiner Abwesenheit seinen Schreibtischschlüssel gefunden und in seinen Papieren herumgewühlt haben muß. Er überlegt, worauf sie gestoßen sein könnte, aber das ist schwierig; wenn sie die Fundgrube tatsächlich aufgeschlossen hat, ist es so, als würde ein Klorohr platzen.

      »Diesen Kamossa werd ich diesmal ordentlich aufs Kreuz legen«, sagt er zu Carlotta. »Diesen arroganten Pinkel.«

      »Und wen hast du heute nacht aufs Kreuz gelegt?« fragt sie mit einer Stimme, die tief von unten kommt.

      »Unsinn!« wehrt er ab. »Ich hab ein paar Leute getroffen und bin eben …«

      Carlotta tritt näher an ihn heran. »Du hast wieder getrunken«, stellt sie fest. »Und du stinkst wie ein andalusisches Freudenhaus. Sag dieser Schlampe, daß sie gefälligst ihr Parfüm wechseln soll.«

      »Eifersucht macht duftblind«, versetzt Kronwein.

      Das Hausmädchen rollt den Frühstückswagen auf die Terrasse und unterbricht dadurch den Schlagabtausch, aber gleich wird sich die Szene einer Ehe fortsetzen.

      Carlotta greift das Stichwort auf. »Eifersucht?«, versetzt sie. »Lächerlich! Oder meinst du, daß ich deinen Pimmel überschätze?« Früher hat es ihn besonders amüsiert, daß Carlotta von einem Moment auf den anderen aus der Haut der feinen Dame schlüpfen und hundsordinär werden konnte. »Du weißt doch selbst am besten, was ich alles anstellen muß, um deinen lächerlichen Minimax ab und zu noch mal hochzubringen.« Sie trifft ihren Mann am Punkt.

      »Du vielleicht«, gibt er ihr heraus. »Aber andere Damen haben mehr Mühe damit, meinen lächerlichen Minimax wieder herunterzukriegen.«

      »I am the greatest«, kreischt sie scheppernd. »Cassius Schmäh als Cassius fuck.«

      »Immerhin Weltmeister im Schwergewicht«, versetzt Kronwein.

      »Es war einmal, so beginnen alle Märchen«, höhnt die Mitvierzigerin.

      »Das ist nur natürlich«, fährt Kronwein fort. »Ein bekannter Mann hat einmal gesagt: ›Die Ehe ist eine Gemeinschaft zur Unterdrückung des Geschlechtstriebs‹.«

      »Du Schwein«, erwidert sie, »du widerlicher Sexprotz, senil, doch mobil.«

      »Vielleicht zu Hause«, räumt er ein. »Aber ich bin nun mal ein Verächter der Ehe.« Seine hängende Unterlippe spannt sich, wird gerade. »Ein Mann wie ich hat nur eine Alternative.« Erstaunt bemerkt Carlotta, daß er heute nicht vor ihr zurückweicht. »Jede zu heiraten oder keine.«

      Im ersten Moment ist sie zu verblüfft, um zu reagieren. Dann verwandelt sich La Carota in La Furiosa: »Und was ist das?« fragt sie und schlägt ihm ein Schriftstück ins Gesicht. »Fünfzigtausend Mark für diese Tippse! Warum? Was hast du mit ihr angestellt?«

      Der Verleger zieht den Kopf zurück, weicht einen halben Schritt zurück, aber sie schlägt mit den Schnüffelpapieren weiter auf ihn ein, bis sie auseinanderfallen; beflissen bückt er sich, um sie einzusammeln.

      »Was hast du mit ihr getrieben?« bohrt sie weiter. »Warum kann sie dich erpressen?«

      »Unsinn«, antwortet der Mißhandelte. »Frau Melber ist eine dreisprachige Chefsekretäin. Solche Leute kosten heutzutage sehr viel Geld. Sie hat ein paar Dinge herumgequatscht – deshalb mußte ich sie feuern.«

      »Mit fünfzigtausend Mark Abfindung?«

      »Es ist ein außergerichtlicher Vergleich. Ich wollte nicht, daß vor dem Arbeitsgericht Dinge zur Sprache kommen, die ich großenteils auch deinen Auftritten im Betrieb und deiner Unbeherrschtheit verdanke.« Kronwein atmet schwer. »Und vor allem deiner krankhaften Eifersucht«, setzt er hinzu.

      »Lächerliche Ausflüchte!« Carlotta mustert ihn verächtlich. »Ich krieg das raus. Es ist wieder eine deiner miesen Weibergeschichten im Büro.«

      »Schluß!« erwidert Kronwein. »Aus. Die Schmerzgrenze ist überschritten.« Er atmet schwer. »Wir werden uns trennen«, setzt er hinzu. »Ich werde unverzüglich die Scheidung einreichen, koste es, was es wolle.«

      Carlotta lacht ihm ins Gesicht.

      »Ich werde auch Mittel und Wege finden, dich aus meiner Verlagsgruppe zu entfernen, selbst wenn ich unsere Häuser bis unters Dach belasten und den letzten Stuhl verpfänden muß.«

      »Besser würdest du wohl einen Irrenarzt in Mendrisio aufsuchen«, entgegnet sie kalt und tippt sich mit dem Finger an die Stirn. »Das ist billiger und nützlicher. Du willst dich von mir trennen? Du bleibst an mich gebunden, solange du lebst, du Schlappschwanz!«

      »Ich werde dir ein faires Angebot machen«, antwortet Kronwein, mühsam beherrscht. »Ich möchte die Sache so lautlos wie möglich regeln. In deinem wie in meinem Interesse.«

      »Du bist ja wirklich verrückt«, versetzt Carlotta.

      »Wenn du im Gerichtssaal mit Dreck um dich werfen willst – na bitte, ich halt’s aus.«

      »Über Leichen vorwärts!« spottet sie. »Gerichtssaal? Du bist wirklich ein Dummkopf. Meinst du, ich habe deine krummen Touren vergessen? Das gefälschte Testament? Den Steuerbeschiß? Die fingierten Anweisungen? Die manipulierten Abrechnungen?«

      »Du willst mich also erpressen«, erwidert der Verleger.

      »Nenn es, wie du willst. Zunächst möchte ich nur dein Gedächtnis auffrischen. Und dann wirst du bei mir zu Kreuz kriechen, und zwar auf dem Bauch.« In der Tür bleibt Carlotta stehen, dreht sich noch einmal um. »Mich loswerden?« höhnt sie. »Da müßtest du mich schon umbringen. Aber dazu bist du ja wohl zu feige.« Sie wirft die Tür zu.

      Der Geschmähte droht k.o. zu gehen durch den Schlag unter die Gürtellinie. In Gedanken hat er Carlotta schon hundertmal ermordet, was nichts daran ändert, daß sie noch lebt. Er muß ihr alles zutrauen. Sie ist tatsächlich in der Lage, ihn ins Gefängnis zu bringen. Kronwein faßt sich mit der Hand in den Kragenausschnitt, als spüre er das Dressurband um den Hals.

      Er geht an sein Versteck in der Schreibtischschublade, holt die Flasche Cognac heraus, gießt sich einen ordentlichen Schluck ein, kippt ihn in einem Zug. Der Alkohol wattiert seinen Zorn, aber er weiß nur zu gut, daß er sein Problem weder durch Alkohol noch durch Streit oder Haßausbrüche lösen kann. Es macht wenig Sinn, der Schlangengrube für Stunden oder Tage zu entgehen.

      Er muß sie sprengen. Das ist ihm bisher immer mißlungen, weil er es nie ernsthaft gewagt hat.

      Viel zu früh fährt Kronwein ins Dorf, versucht sich auf Kamossa einzustellen, aber seine Gedanken taumeln immer wieder zu Carlotta zurück. Er ist ein schlechter Fahrer und zudem zerstreut. Er bremst im letzten Moment, Beinahe hätte er eine Fußgängerin überfahren. Das hätte ihm an diesem Tag gerade noch gefehlt – es sei denn, die Frau hieße Carlotta.

      Er findet eine Parklücke, zwängt mit großer Mühe seinen Jaguar hinein, steigt aus und durchschreitet die hübsche Parkanlage zwischen dem › Ascolago‹ und dem Schloßhotel, dem alten ›Castello dei Grilioni‹, dem

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