Chefarzt Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Chefarzt Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman - Patricia Vandenberg Chefarzt Dr. Norden Staffel

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trat an den Schreibtisch. Sie griff nach einem großen braunen Kuvert.

      »Der Obduktionsbericht von Inga Ruhland.«

      Die Papiere raschelten in Dr. Nordens Händen. Während der Lektüre stutzte er.

      »Frau Ruhland litt an einer Entzündung der Blutgefäße im Gehirn. Sie war für die unstillbare Blutung verantwortlich.«

      »Und was genau bedeutet das?«

      Noch einmal ging Daniel Norden die Unterlagen durch. Es gab keinen Zweifel. Der Bericht aus der Pathologie war eindeutig.

      »Frau Ruhland befand sich auch vor dem Unfall schon in akuter Lebensgefahr«, murmelte er, ohne den Blick von den Papieren zu wenden. »Ohne Vaskulitis hätte sie bei dem Unfall möglicherweise gar keine Hirnblutung erlitten.« Endlich hob er den Kopf. Sein Blick fiel über Andreas Schulter aus dem Fenster. Hinauf in den strahlend blauen Himmel. Er wusste, dass die Welt für Uwe Ruhland alle Farben verloren hatte. Aber vielleicht konnte ihn diese Nachricht wenigstens ein bisschen trösten.

      Ein Rumpeln, gefolgt von einem empörten Ruf vor der Tür riss ihn aus seinen Gedanken.

      »Passen Sie doch auf, wo Sie hinlaufen!«, rief eine Stimme. »Rennt einfach weiter! So eine Unverschämtheit!«

      Daniel war auf dem Weg zur Tür, als sie aufgestoßen wurde. Uwe Ruhland tauchte auf. Sein Gesicht glänzte. Sein Atem ging stoßweise.

      »Hier stecken Sie!«, keuchte er grußlos. »Wo ist diese Petzold?«

      Einem ersten Impuls folgend wollte Dr. Norden den Rasenden um Ruhe bitten. Zum Glück erinnerte er sich rechtzeitig an Fees Ratschläge. Ihre Kenntnisse als Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie hatten ihm auch bei Erwachsenen schon oft weitergeholfen.

      »Ich verstehe Ihren Schmerz, Herr Ruhland.«

      »Gar nichts verstehen Sie! Fassen Sie mich nicht an!«, fauchte Uwe wie von Sinnen. »Meine Frau ist tot. Daran ist Ihre Frau Petzold schuld. Das wird sie mir büßen. So wahr ich hier stehe!«

      »Herr Ruhland …«

      »Wo. Ist. Sie?« Spucketröpfchen flogen durch die Luft. Uwe Ruhlands Blick hatte etwas Wildes, Irres. »Raus mit der Sprache! Sonst durchsuche ich das ganze Krankenhaus. Danach steht kein Stein mehr auf dem anderen. Da können Sie sicher sein.«

      »Und Sie können sicher sein, dass meine Mitarbeiter keinen Fehler gemacht haben.« Daniels Stimme erschütterte den Raum. Andrea Sander ging in Deckung. So hatte sie ihren Chef bisher selten erlebt. Doch was genug war, war genug! Irgendwie musste Daniel den Mann zur Räson bringen. Und wenn er sich hinterher für sein ungebührliches Verhalten entschuldigen musste. Aber das war immer noch besser als ein Amoklauf in der Klinik. »Ihre Frau war schon vor dem Unfall todkrank. Früher oder später wäre sie mit einer Hirnblutung umgefallen. Verstehen Sie das?«

      Wie vom Donner gerührt stand Uwe Ruhland da. Er bebte am ganzen Körper.

      »Was haben Sie da gesagt?«, keuchte er.

      Dr. Norden atmete auf. Seine Strategie schien zu funktionieren.

      »Ihre Frau litt an einer unerkannten Entzündung der Blutgefäße im Gehirn.« Diesmal war seine Stimme ruhig.

      Er machte einen Schritt auf Ruhland zu.

      »Es hätte keine Rettung gegeben.« Daniel sprach laut und deutlich. Jedes einzelne Wort sollte in Uwes Bewusstsein vordringen. Sein Herz erreichen. Die Mauer durchbrechen, damit die Tränen Erlösung bringen konnten.

      Einen Moment lang hatten sowohl Andrea Sander als auch ihr Chef Hoffnung. Ruhland sah von einem zum anderen. Fassungslos.

      »Wie meinen Sie das? Inga war doch gesund. Sie hat nie etwas gesagt.«

      Daniels Herz zog sich vor Mitgefühl zusammen. Er ahnte, wie sich Uwe fühlte. Schließlich hatte er selbst unzählige Male am Bett seiner Lieben gehofft und gebangt. Beim Anblick des schwer verwundeten Mannes hatte er fast ein schlechtes Gewissen, dass ihm das Schicksal gnädig gewesen war.

      »Ihre Frau wäre in absehbarer Zeit gestorben. Oder ein Pflegefall geworden.« Daniel wusste nicht, was schlimmer war. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie leid es mir tut.« Er machte einen weiteren Schritt auf Uwe Ruhland zu. Streckte die Arme aus, um ihm die Hände auf die Schultern zu legen. Trost durch Berührung, durch menschliche Zuwendung zu spenden. Doch ehe er es sich versah, wandte sich Ruhland ab und lief aus dem Zimmer.

      *

      »Rücksichtslos, diese Menschen heutzutage.«

      Im letzten Augenblick war es Bruder Pirmin gelungen, den Infusionsständer vor dem Wahnsinnigen in Sicherheit zu bringen, der ihn um ein Haar über den Haufen gerannt hätte. »Herr, lass Anstand vom Himmel regnen.«

      Doch ein Blick aus dem Fenster verriet, dass es damit an diesem Tag nichts werden würde. Die Sonne strahlte vom makellosen Blau und erinnerte Pirmin an sein Vorhaben.

      »Frische Luft schnuppern. Mir den Wind um die Nase wehen lassen. Das Leben spüren, das Gott mir geschenkt hat. Ihm für seine Gnade danken«, murmelte er auf dem Weg zum Klinikgarten.

      Mit wachen Augen – als sähe er die Welt zum ersten Mal – wanderte er durch die Klinikflure. Betrachtete die großformatigen Landschaftsaufnahmen, die die Wände schmückten und die Patienten an die Schönheit der Welt erinnern, ihnen Mut machen sollten. Nebenbei grüßte er freundlich lächelnd nach links und rechts.

      Schwester Elena war schon fast an ihm vorbei, als sie innehielt.

      »Bruder Pirmin?«

      »Schwester.« Sein Lächeln wurde tiefer. »Gott segne Sie und Ihre Kollegen. Eine wunderbare Arbeit, die Sie hier verrichten.«

      »Danke.« Elena konnte nicht lächeln. »Aber was machen Sie hier? Sollten Sie nicht im Bett sein?«

      »Ihr Kollege Dr. Aydin hat mir gestattet, mir ein wenig die Beine zu vertreten.«

      »Aber Ihre Gesundheit …«

      »Es ist ein Wunder!«

      Pirmin hob die Hände gen Himmel. »Gott hat mich nicht vergessen und mir einen Engel geschickt.«

      Um ein Haar hätte Elena laut herausgeprustet.

      »Sie meinen doch nicht etwa Dr. Aydin?«

      »Und ob«, erwiderte Pirmin todernst. »Dieser Mann ist ein Heilsbringer wie alle Menschen, die hier arbeiten und wirken. Ich stehe tief in Ihrer Schuld und freue mich, mich wenigstens bei Dr. Aydin erkenntlich zeigen zu können. Abt Anselm freut sich schon auf ihn. Sein Zimmer ist vorbereitet.«

      Elena meinte, sich verhört zu haben.

      »Milan geht ins Kloster?«

      »Er wird unser Gast sein, bis seine Wohnung wieder bewohnbar ist.«

      »Hoffentlich haben Sie sich das gut überlegt«, platzte Elena heraus.

      Pirmin musterte sie überrascht.

      »Da

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