Nelly - Ein Goldfuchs auf dem Hof. Ursula Isbel-Dotzler
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Katzenmusik
Die Ersten, die kommen, sind die Pflümlis. Sie wollen noch nach ihren Ponys schauen, ehe die übrigen Gäste eintreffen. Als Zusatzfutter kriegen die Pferde im Sommer etwas Heu, jetzt, wo das Gras so üppig wächst. Zu viel frisches Gras ist nicht gesund. Besonders Ponys dürfen keine zu eiweißreiche Nahrung haben, wenn sie gesund bleiben sollen, hat Mick Pflaumer mir erklärt.
Frau Pflaumer bringt noch eine Schüssel voll weißer Schokoladenmousse mit, die ich besonders gern mag. Und einen Früchtekuchen. Dabei hat sie Jenny vormittags schon mit Zwiebelkuchen vorbeigeschickt.
Frau Pflaumer sieht heute richtig elegant aus, ganz anders als sonst. Sie trägt eine schwarze Seidenhose und hat große goldene Ringe in den Ohren, die gut zu ihren dunklen Haaren und ihrer gebräunten Haut passen.
Mick, Jenny und Jonas sind ihre Kinder. Das heißt, Mick ist eigentlich schon erwachsen. Er ist über siebzehn. Jonas ist ungefähr so alt wie Emma, aber viel vernünftiger. Er sieht ein bisschen wie ein Igel aus mit seinen borstigen Haaren und der Stupsnase. Jenny ist etwas jünger als ich und hat ein rundes, lustiges Gesicht.
Ich mag Mick sehr gern. Er ist so ruhig und zuverlässig und kann so gut mit Tieren umgehen. Und er ist überhaupt nicht eingebildet, obwohl er der Älteste von uns allen ist. Bei ihm habe ich nie das Gefühl, dass er sich mit Dani und mir oder mit seinen jüngeren Geschwistern langweilt, oder dass er uns albern findet.
Ich gehe mit den Pflümlis auf die Koppel zu den Pferden. Als wir zurückkommen, ist der Platz vor dem Haus plötzlich voller Leute und Autos. Irgendwie scheinen sie inzwischen alle gleichzeitig gelandet zu sein: Tante Hanna mit ihrem Mann und unserer Cousine und unserem Cousin, Markus und Mia; Sammys Mutter, Emmas Freundinnen, Svenja und Anna aus meiner und Sammys Klasse. Auch unsere Nachbarn vom Mattenhof, der alte Toni mit seiner Frau Liese, sind da. Und Danis Freund Jakob.
Ich bin das nicht gewöhnt, so eine Menge Volk um mich herum. Alle palavern und reden und lachen durcheinander. Noch ist Großvater nicht gekommen. Er musste wohl noch irgendwohin zu einem Bauern und helfen ein Kälbchen auf die Welt zu bringen. Jetzt brettert auch Onkel Jaro mit seinem Motorrad über die Zufahrt.
Ich laufe ihm entgegen, während er absteigt und seinen Helm abnimmt. Seine halblangen roten Haare kleben am Kopf. Onkel Jaro ist schon über vierzig. Alle nennen ihn einen „Alt-Hippie“, weil er die Haare so lang trägt und am liebsten in weiten Hosen, bunten Hemden und ausgefransten Wildlederwesten herumläuft. Ätzend. Heute hat er allerdings seine Motorradkluft an.
„Hast du die Lampions?“, frage ich.
Er nickt. „Ja, Prinzessin. War nicht leicht, noch welche zu kriegen, aber ein paar hab ich ergattert. Ein Mondgesicht, vier längliche und vier runde. Ist das okay?“
„Klar“, sage ich. „Nix wie her damit!“
Jetzt summt es vor dem Haus wie in einem Bienenstock. Onkel Jaro stiefelt hinter mir drein und schwenkt Emma durch die Luft, die wie ein Klammeraffe an ihm hochspringt. Emma und Onkel Jaro mögen sich. Bis vor kurzem hat Emma immer noch behauptet, wenn sie groß ist, würde sie Onkel Jaro heiraten. Inzwischen gefällt ihr Jonas Pflaumer besser, glaube ich.
Mick und Dani helfen Kerzen in die Lampions zu pfriemeln. Die flackernden Lichter sehen in der Abenddämmerung schön und geheimnisvoll aus.
Lady, Franzi und Sammeli spähen neugierig zu uns herüber. Sicher wundern sie sich über die Musik und die vielen Leute und all den Trubel, wo es doch sonst immer so still und friedlich bei uns ist.
„Mann, ist das ein Geschnatter!“, murmelt Dani, als wir über die Wiese gehen.
„Da kommt euer Großvater“, sagt Mick gleichzeitig. „Ob er sich wohl über den Volksauflauf freut?“
Inzwischen hab ich da auch so meine Zweifel. Ich renne den Gartenpfad entlang und über den Kies, aber ich komme nicht bis zu ihm durch. Er ist von Leuten umringt und alle reden auf ihn ein. Zwischen Onkel Jaros Schulter und Tante Hannas Lockenkopf sehe ich sein Gesicht. Er sieht ein bisschen erschrocken aus.
Emma kommt mit einem übervollen Teller aus dem Haus. Natürlich ist sie die Erste, die sich etwas zu futtern geholt hat. Jetzt tauchen Sammy, Anna und Svenja neben mir auf.
„Du, wer ist der coole Typ, der da bei Jakob steht?“, flüstert Svenja mir zu.
Sie meint Mick. „Das ist Mick Pflaumer“, sage ich. „Dem gehören die Ponys. Er hilft uns auch mit Lady.“
Ich weiß nicht, ob sie mich richtig verstanden hat, denn gerade dreht jemand die Musik lauter auf. Eine Walzermelodie schwingt durch den dämmrigen Garten. Es klingt irgendwie richtig gut, so verträumt und leicht wie Seifenblasen. Unsere Gäste drängen plötzlich alle gleichzeitig ins Haus, wahrscheinlich, um sich etwas Gutes vom Büfett zu holen.
Endlich ist Großvater nicht mehr so eingezwängt. Nur Tante Hanna steht noch bei ihm.
Ich laufe los und umarme ihn. Das heißt, ich schlinge die Arme um seine Brust. Höher hinauf komme ich nicht, denn er ist sehr groß.
„Alles, alles Gute zum Geburtstag, Großvater!“, sage ich und küsse ihn, dass es nur so schmatzt.
Großvater will Walzer mit mir tanzen. Ich tue ihm den Gefallen, obwohl ich eigentlich nicht tanzen kann, schon gar keinen Walzer. Aber er nimmt mich bei den Schultern und wirbelt mich herum.
Jetzt kommen auch andere auf den Einfall zu tanzen. Svenja hat es irgendwie geschafft, sich Mick zu krallen. Sie drehen sich unter meinem Lieblings-Apfelbaum. Svenja lacht sehr laut, wie immer, wenn sie aufgeregt ist. Meine Eltern tanzen um Großvater und mich herum. Gemeinsam halten sie ein Sektglas hoch, aus dem sie abwechselnd trinken.
Es scheint ihnen riesigen Spaß zu machen, durchs Gras zu walzen und gleichzeitig aufzupassen, dass sie den Sekt nicht verschütten.
„Mein lieber Jolli, ihr habt euch meinetwegen aber ins Zeug gelegt!“, sagt Großvater atemlos.
„Ja, du. Hoffentlich freust du dich überhaupt.“
„Es geht so.“ Großvater flunkert eigentlich nie, auch nicht um höflich zu sein. „So ein Volksauflauf wegen mir altem Knochen! Aber ich werd’s überleben.“ Es klingt fast, als müsste er zum Zahnarzt.
„Großvater“, sage ich nach einer Weile, „wenn du jünger wärst, würde ich dir glatt einen Heiratsantrag machen!“
Da lacht er und erwidert: „Ich dir auch, Mariellchen, wenn du nur ein paar Jahre älter wärst.“ Er schwenkt mich noch einmal herum. Mir ist schon ganz schwindlig.
„So“, sagt er, „jetzt brauch ich was zu trinken. Du auch?“
Arm in Arm gehen wir ins Haus. Die Küche ist voller Gäste, die wie die Backenhörnchen mampfen. Kukirol sitzt in seinem Käfig und macht sich ganz dünn. Wahrscheinlich hofft er, dass ihn dann keiner sieht. Ich bringe ihn in Danis Zimmer hinauf, wo er seine Ruhe hat.
Als ich zurückkomme und Großvater und mir etwas von der Früchtebowle in Gläser gieße, taucht Kathi auf. Sie hat rote Backen. In ihrem langen Kleid mit dem Rosenmuster sieht meine Mutter wie ein junges Mädchen aus.
„Kommt