Die Soldaten. Jakob Michael Reinhold Lenz

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Soldaten - Jakob Michael Reinhold Lenz страница 4

Die Soldaten - Jakob Michael Reinhold Lenz Reclams Universal-Bibliothek

Скачать книгу

Haudy unwillig). Major!

      EISENHARDT.

      Wenn ich mit Vorurteilen für mein Amt eingenommen wäre, Herr Major, so würde ich böse werden. So aber wollen wir alles das beiseite setzen, weil ich weder Sie noch viele von den Herren für fähig halte, den eigentlichen Nutzen unsers Amts in Ihrem ganzen Leben beurteilen zu können, und wollen nur bei der Komödie bleiben, und den erstaunenden Nutzen betrachten, den sie für die Herren vom Corps haben soll. Ich bitte Sie, beantworten Sie mir eine einzige Frage, was lernen die Herren dort?

      MARY.

      Ei was, muss man denn immer lernen, wir amüsieren uns, ist das nicht genug.

      EISENHARDT.

      Wollte Gott, dass Sie sich bloß amüsierten, dass Sie nicht lernten! So aber ahmen Sie nach, was Ihnen dort vorgestellt wird, und bringen Unglück und Fluch in die Familien.

      OBRISTER.

      Lieber Herr Pastor, Ihr Enthusiasmus ist löblich, aber er schmeckt nach dem schwarzen Rock, nehmen Sie mir’s nicht übel. Welche Familie ist noch je durch einen Officier unglücklich geworden? Dass ein Mädchen einmal ein Kind kriegt, das es nicht besser haben will.

      HAUDY.

      Eine Hure wird immer eine Hure, sie gerate unter welche Hände sie will; wird’s keine Soldatenhure, so wird’s eine Pfaffenhure.

      EISENHARDT.

      Herr Major, es verdrießt mich, dass Sie immer die Pfaffen mit ins Spiel mengen, weil Sie mich dadurch verhindern, Ihnen freimütig zu antworten. Sie könnten denken, es mische sich persönliche Bitterkeit in meine Reden, und wenn ich in Feuer gerate, so schwöre ich Ihnen doch, dass es bloß die Sache ist, von der wir sprechen, nicht Ihre Spöttereien und Anzüglichkeiten über mein Amt. Das kann durch alle dergleichen witzige Einfälle weder verlieren noch gewinnen.

      HAUDY.

      Na, so reden Sie, reden Sie, schwatzen Sie, dafür sind wir ja da, wer verbietet es Ihnen?

      [14]EISENHARDT.

      Was Sie vorhin gesagt haben, war ein Gedanke, der eines Nero oder Oglei Oglu Seele würdig gewesen wäre, und auch da bei seiner ersten Erscheinung vielleicht Grausen würde verursacht haben. Eine Hure wird immer eine Hure. Kennen Sie das andere Geschlecht so genau?

      HAUDY.

      Herr, Sie werden es mich nicht kennen lehren.

      EISENHARDT.

      Sie kennen es von den Meisterstücken Ihrer Kunst vielleicht; aber erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen, eine Hure wird niemals eine Hure, wenn sie nicht dazu gemacht wird. Der Trieb ist in allen Menschen, aber jedes Frauenzimmer weiß, dass sie dem Triebe ihre ganze künftige Glückseligkeit zu danken hat, und wird sie die aufopfern, wenn man sie nicht drum betrügt?

      HAUDY.

      Red ich denn von honetten Mädchen?

      EISENHARDT.

      Eben die honetten Mädchen müssen zittern vor Ihren Komödien, da lernen Sie die Kunst, sie malhonett zu machen.

      MARY.

      Wer wird so schlecht denken.

      HAUDY.

      Der Herr hat auch ein verfluchtes Maul über die Officiers. Element, wenn mir ein anderer das sagte. Meint Er Herr denn, wir hören auf Honettehommes zu sein, sobald wir in Dienste treten.

      EISENHARDT.

      Ich wünsche Ihnen viel Glück zu diesen Gesinnungen. Solang ich aber noch entretenierte Mätressen und unglückliche Bürgerstöchter sehen werde, kann ich meine Meinung nicht zurücknehmen.

      HAUDY.

      Das verdiente einen Nasenstüber.

      EISENHARDT

      (steht auf). Herr, ich trag einen Degen.

      OBRISTER.

      Major, ich bitt Euch – Herr Eisenhardt hat nicht Unrecht, was wollt Ihr von ihm. Und der Erste, der ihm zu nahe kommt – setzen Sie sich, Herr Pastor, er soll Ihnen Genugtuung geben. (Haudy geht hinaus.) Aber Sie gehen auch zu weit, Herr Eisenhardt, mit alledem. Es ist kein Officier, der nicht wissen sollte, was die Ehre von ihm fodert.

      [15]EISENHARDT.

      Wenn er Zeit genug hat, dran zu denken. Aber werden ihm nicht in den neuesten Komödien die gröbsten Verbrechen gegen die heiligsten Rechte der Väter und Familien unter so reizenden Farben vorgestellt, den giftigsten Handlungen so der Stachel genommen, dass ein Bösewicht dasteht, als ob er ganz neulich vom Himmel gefallen wäre. Sollte das nicht aufmuntern, sollte das nicht alles ersticken, was das Gewissen aus der Eltern Hause mitgebracht haben kann. Einen wachsamen Vater zu betrügen, oder ein unschuldig Mädchen in Lastern zu unterrichten, das sind die Preisaufgaben, die dort aufgelöst werden.

      HAUDY

      (im Vorhause mit andern Officiers: da die Tür aufgeht). Der verfluchte Schwarzrock –

      OBRISTER.

      Lasst uns ins Kaffeehaus gehn, Pfarrer, Sie sind mir die Revanche im Schach schuldig – und Adjutant! wollten Sie doch den Major Haudy für heut bitten, nicht aus seiner Stube zu gehen. Sagen Sie ihm, ich werde ihm morgen früh seinen Degen selber wiederbringen.

      Fünfte Szene

      In Lille

      Wesener sitzt und speist zu Nacht mit seiner Frau und ältesten Tochter. Marie tritt ganz geputzt herein.

      MARIE

      (fällt ihn um den Hals). Ach Papa! Papa!

      WESENER

      (mit vollem Munde). Was ist’s, was fehlt dir?

      MARIE.

      Ich kann’s Ihm nicht verhehlen, ich bin in der Komödie gewesen. Was das für Dings ist.

      WESENER

      (rückt seinen Stuhl vom Tisch weg, und kehrt das Gesicht ab).

      MARIE.

      Wenn Er gesehen hätte, was ich gesehen habe, Er würde wahrhaftig nicht böse sein, Papa. (Setzt sich ihm auf den Schoß.) Lieber Papa, was das für Dings alles [16]durcheinander ist, ich werde die Nacht nicht schlafen können für lauter Vergnügen. Der gute Herr Baron!

      WESENER.

      Was, der Baron hat dich in die Komödie geführt?

      MARIE

      (etwas furchtsam). Ja, Papa – lieber Papa!

      WESENER

      (stößt sie von seinem Schoß). Fort von mir, du Luder, – willst die Mätresse vom Baron werden?

Скачать книгу