Die Zeit der Völkerwanderung: 14 Historische Romane. Felix Dahn

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Die Zeit der Völkerwanderung: 14 Historische Romane - Felix Dahn

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sollte der Tote geborgen werden. Dabei aber vernahm ich die Worte des Trauerliedes, des Totengesangs für den König. Und sie lauteten:

      ‹Gebt Raum, ihr Völker, unserm Schritt!

       Wir sind die letzten Goten:

       Wir tragen keine Krone mit: –

       Wir tragen einen Toten.

       Mit Schild an Schild und Speer an Speer

       Wir ziehn nach Nordlands Winden,

       Bis wir im fernsten grauen Meer

       Die Insel Thule finden.

       Das soll der Treue Insel sein –

       Dort gilt noch Eid und Ehre!› – –

      Soviel vernahm ich von dem Totengesang. – Da weckte mich das Heerhorn der gotischen Wache, die der sorgsame König nachts durch die Straßen ziehen läßt. Du aber merke dir diesen Anfang: vielleicht kommt der Tag, da du’s zu Ende singst. Du hast ja in kurzer Zeit soviel gelernt, daß du bald harfenkund’ger und liedkund’ger bist denn ich.»

      «Wenn du mich nur auch lehren könntest, solche Streiche zu führen wie du.»

      «Das wächst mit den Jahren, ja mit den Wochen. Du hast genug getan für deine siebzehn Jahre. Wäre dem wackern Witichis ein Helfer zur Seite gesprungen, ehe der römische Dichter den Stein auf ihn warf im Grab Hadrians, wie du dem Maienkönig Totila den von dem gleichen Mann drohenden Stoß hast abgewehrt, so hätten wir damals schon Rom gewonnen und den Präfekten verjagt, der uns leider entkam.»

      «Ja, leider! Weißt du: das Abenteuer, das mir in jener Nacht aufgestoßen, in des Präfekten Hause, das schwebt mir schon lang in Gedanken. Das gäbe ein wunderbares Lied – fehlt leider nur der Schluß.»

      «Warte nur. Vielleicht erlebst du ihn. Dann brauchst du ihn nicht zu erdichten. Übrigens zog ich schon am Morgen nach jener Siegesnacht in des Präfekten Haus zur Verfolgung der flüchtigen Legionäre aus. Ich weiß daher gar nicht, wie alles kam. Erzähle mir.»

      Zweites Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      «Nun, so höre. Nachdem ich den Präfekten nicht am Tiber und nicht am Kapitol gefunden, suchte ich ihn mit dir an seinem Herd. Und fand nur seines Blutes Spur und sein Schwert. Als du aber seinen Götzen zertrümmert und sein Haus verbrannt und alles zusammenbrach, bis in die Kellergewölbe, da fand ich, nachspürend, in dem Gebälk unter dem Sockel der Marmorstatue abermals einen hohlen Raum: mit Gold, Gestein und allerlei Geschreibsel angefüllt.

      Ich brachte das Ganze auf einem breiten Schild dem König. Und der ließ seine Buchleser darin forschen und wühlen und las selbst darin. Und rief plötzlich: ‹Also Alarich, der Balte, unschuldig!› Und tags darauf, da ich zu einem Königsherold auserkoren, war mein erst Geschäft, umherzureisen in den Straßen Roms, auf weißem Roß, mit dem goldnen Heroldsstab, und auszurufen unter allen Goten und Römern:

      ‹Adalgoth, des Königs Herold, ruft! Gefunden ward in des Expräfekten Haus, durch Adalgoths, des Hirtenknaben Hand, Beweis und Schrift, daß Herzog Alarich, der Balte, der vor zwanzig Jahren um Hochverrat zum Tode verurteilt ward, unschuldig war.›»

      «Wie ward das entdeckt?»

      «Cethegus hatte in Geheimschrift, die König Totila entziffern ließ, selbst in seinem Tagebuch verzeichnet, daß er den Verhaßten durch Briefe, die er in des getäuschten Königs Hand spielte, den Balten des Hochverrats verdächtigt. Der Stolze, Hochgemute reizte dann durch Trotz den Amaler und verschwand zuletzt plötzlich aus dem Kerker, niemand wußte, wie und wohin. Und weiter hatt’ ich auszurufen in den Straßen: ‹Unschuldig ist Alarich, der Balte. Sein Eigen, das der Staat eingezogen, wird ihm zurückgestellt. Ihm oder seinem echten Erben. Das Herzogtum, das er geführt, das Herzogtum Apulia, wird ihm zurückgegeben. Ihm oder seinem echten Erben. Es melde sich laut an des Königs Thron Herzog Alarich oder sein echter Erbe. Gold und Gabe, Echt und Eigen, Vieh und Fahrnis, Wagen und Waffen, Geschmuck und Geschmeide, Äcker und Erbe, Rinder und Rosse und das reiche apulische Herzogtum, es werde dem Balten, dem Balten-Erben. Wo ist Alarich? Wo sein Erbe?›

      Und wie ich zogen die Königsherolde durch alle Straßen und Städte Italiens, rufend und forschend nach Herzog Alarich, dem Balten, und seinem echten Erben. Und weißt du: es wäre doch wunderschön, wenn sie den verschollnen, landflüchtigen, alten Mann irgendwo fänden und wir ihn wieder mit Glanz und Ehren einführten in sein schönes Herzogtum.»

      «Und da er dem Hirtenknaben die Rettung seiner Ehre, seines Rechts verdankt, – dürfte er ihm wohl schenken ein schönes Schloß, etwa am blauen Meer, am Berge Carganus, nicht wahr, unter Lorbeer und Myrten?»

      «Nein, daran hab’ ich noch nicht gedacht.»

      «Aber schwerlich lebt er noch, der alte Herzog.»

      «Nun, dann finden wir vielleicht den jungen. Herzog Guntharis sagte mir, er habe den hohen Baltenhelden noch wohl gekannt: der sei mit einem Knäblein in das Elend gegangen. Und obwohl sein Haus, die Wölsungen, mit den Balten erblichen Hader hegte, müsse er doch sagen: er habe nie an die Schuld des stolzen Mannes geglaubt, der ein Hauptfeind der Welschen war und ihnen lang ein Dorn im Auge. Und nie habe er ein schöner Kind gesehen, als jenes vierjährige Knäblein.

      Ich muß nun immer nachdenken: wo der wohl hingekommen sein mag? Und wie der staunende Augen machen wird, wenn er, der vielleicht in irgendeiner kleinen Stadt sich verborgen hält, unter falschem Namen, – denn die Verbannung traf bei Todesstrafe das ganze Geschlecht – wenn der den Königsherold durch die Straßen seine Berufung zum goldnen Reif des Herzogs von Apulien künden hört. Das gäbe gar einen schönen Schluß zu einer ‹Baltensage› oder ‹Landflüchterlied›. Was meinst du? ‹Das Lied vom landverbannten Herzogssohn›: es klingt nicht übel!»

      «Bei dir klingen alle Lieder glücklich aus!»

      «Nun aber sage mir noch den Anfang des andren Gesanges, den du selbst, erwacht von jenem Traumgesicht, gesetzt.»

      «Ja, denn das Totenlied, das hab’ ich nur im Traum gehört, nicht selbst ersonnen. Aber nach dem Erwachen führte ich mir jene wohlbekannte Landschaft vor Augen am Vesuvius, gerade gegenüber dem Mons Lactarius, dem Milchberg: eine wunderbare Felsenschlucht, gebildet von dem Auswurf des Feuerbergs: kaltgewordnes schwarzes Feuer. Steil ragen die Schroffen: nur ein schmaler Zugang, den ein Mann mit einem Schilde leicht versperren und stundenlang verteidigen könnte wider jede Übermacht…»

      «Du denkst bei jedem Berg und Tal gleich, wie man sie stürmen und verteidigen mag.»

      «Und da kamen mir von selbst die Worte:

      ‹Wo die Lavaklippen ragen

       An dem Fuße des Vesuvs,

       Durch die Nachtluft hört man klagen

       Töne tiefen Weherufs.

       Schäfer, Räuber nicht noch Bauer

       Dringet in die Bergschlucht ein:

       Und es schwebt ein banger Schauer

       Brütend ob dem dunklen Stein.

      

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