Die Zeit der Völkerwanderung: 14 Historische Romane. Felix Dahn
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Читать онлайн книгу Die Zeit der Völkerwanderung: 14 Historische Romane - Felix Dahn страница 210
«Wohl als mit ihrem Schild gegen den Zorn des Herrn bei der Auferstehung der Toten! Die Dirne will den lieben Gott mit den hundert Kirchen entwaffnen und mit den bezahlten Kostenrechnungen bestechen. Welchen Wahnsinn brütet dieser Glaube aus», sprach finster für sich Teja.
«Und so fanden wir keinerlei Spur. Denn keine Spur darf ich es nennen, was nur wie ein Schatten, obendrein vielleicht eines Irrtums Schatten, an mir vorüberhuschte.»
«Was war das?» forschte Teja aufmerksam.
«Als ich spät abends den Palast verließ, Tribonians ungünstigen Bescheid bei mir erwägend, ward eine vergoldete Sänfte der Kaiserin von deren kappadokischen Sklaven rasch von dem Viereck der Gärten her – das ist Theodoras Palast – an mir vorübergetragen. Der vergitterte Laden ward etwas in die Höhe geschoben von dem Getragenen – ich sah hin, und es war mir, als erkenne ich… –»
«Nun?» fragte Teja.
«Meinen unsel’gen väterlichen Freund, den verschollnen Cethegus», schloß Julius traurig.
«Schwerlich», meinte der König. «Er ist gefallen. Es war wohl Täuschung, daß Teja in seinem Hause noch seine Stimme zu vernehmen glaubte.»
«Ich diese Stimme mißkennen! Und sein Schwert, das Adalgoth an der Straßenecke fand?»
«Kann früher, kann bei dem Forteilen des Mannes nach dem Tiber aus seinem Hause verloren sein. Deutlich sah ich ihn dort auf seinem Schiff die Verteidigung leiten. Der Speerwurf gegen meinen Hals war mit des Hasses bester Kunst und Kraft geführt. Ich traf ihn, ich sah’s, mit dem zurückgeschleuderten Speer. Auch sagte mir Gundhamund, der treffliche Schütz, er sei gewiß, ihn getroffen zu haben am Halse. Man fand am Fluß seinen purpurgesäumten Mantel, von vielen Pfeilen durchlöchert und von Blut ganz überströmt.»
«Er ist wohl dort gestorben», sprach Julius tiefernst.
«Seid ihr so gute Christen», fragte Teja, «und wißt nicht, daß der Teufel unsterblich ist?»
«Mag sein», sprach der König, «aber auch das Licht!» Und mit drohenden Brauen fuhr er fort: «Auf, mein tapfrer Teja, jetzt gibt es neue Arbeit für dein Schwert. Hört, Herzog Guntharis, Wisand, Grippa, Markja, Aligern, Thorismut, Adalgoth: bald hab’ ich vollauf zu schaffen für euch alle. Ihr habt’s vernommen: Kaiser Justinian verweigert uns den Frieden und Italiens ruhigen Besitz. Offenbar darum, weil er uns für zu friedlich hält. Er meint, es könne ihm nie schaden, uns zu Feinden zu haben. Schlimmstenfalls säßen wir ruhig, seine Angriffe abwartend, in Italien. Und Byzanz könne jederzeit den Augenblick wählen, uns anzugreifen, sooft den Versuch wiederholend, bis er gelingt. Wohlan: zeigen wir ihm, daß wir als unversöhnliche Feinde gefährlich werden können, daß es wohl geraten sein mag, uns Italien friedlich zu belassen, um uns nicht zum Angriff zu reizen.
Er will uns nicht in Italien leben lassen? Wohlan, er soll die Goten wieder, wie unter Alarich und Theoderich, im eignen Lande sehen. Einstweilen nur dies: denn das Geheimnis ist der Mutterschoß des Siegs: auf linnenen Flügeln, auf hölzernen Brücken dringen wir, wie in Rom, in das Herz des Ostreichs ein. Jetzt, Justinianus, schirm’ den eignen Herd!»
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